regen solte. Da nun im Stande der Un-8) schuld keine Unmäßigkeit, mithin auch keine unreine Lust und unordentliche Zucht war; sondern beydes erst durch den Fall eingeführet ist: so kan es un- möglich anders seyn, als daß nun eine iede Ausübung solcher Lust und Geil- heit, auch so gar im Ehestande, die nur der blossen Wollust wegen geschiehet, sündlich und verdammlich sey. Wie die Ursach, so die Wirkung. Sind die Quellen giftig, so können die Bäche nicht rein und gesund seyn: Es ist ein gantzer Leib der Sünden, und hengt durch Glieder zusammen. Die Sündenlust zum Tode bringt Früchte zum Tode; und durch die unzehlichen Arten der Wollust wird ia eben die inwohnende Sünde, die durch den Fall in die Seele gedrungen, ins Werck gesetzet.
Nun möchten Sie weiter sagen: warum3. Ein- wurf. Ant- wort. hat denn aber GOtt dem Menschen einen so heftigen Trieb nach dem Fall gelassen? ich ant- worte: 1) Er war mit all nicht schuldig ihn[a]) wegzunehmen: denn er hatte uns ihn nicht ge- geben. Wer hätte es von ihm fordern können, daß er ihm die Schmach und die Ketten vom Halse nähme, in die er sich doch selbst frevent- lich, und mit Beschimpfung und Verwerfung seiner göttlichen Majestät hinein gestürtzet? was wäre ihm an seiner Herrlichkeit abgegan- gen, oder was hätte er an uns verloren, wenn
er
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(I. Th.) Betracht. der Unreinigkeit.
regen ſolte. Da nun im Stande der Un-8) ſchuld keine Unmaͤßigkeit, mithin auch keine unreine Luſt und unordentliche Zucht war; ſondern beydes erſt durch den Fall eingefuͤhret iſt: ſo kan es un- moͤglich anders ſeyn, als daß nun eine iede Ausuͤbung ſolcher Luſt und Geil- heit, auch ſo gar im Eheſtande, die nur der bloſſen Wolluſt wegen geſchiehet, ſuͤndlich und verdammlich ſey. Wie die Urſach, ſo die Wirkung. Sind die Quellen giftig, ſo koͤnnen die Baͤche nicht rein und geſund ſeyn: Es iſt ein gantzer Leib der Suͤnden, und hengt durch Glieder zuſammen. Die Suͤndenluſt zum Tode bringt Fruͤchte zum Tode; und durch die unzehlichen Arten der Wolluſt wird ia eben die inwohnende Suͤnde, die durch den Fall in die Seele gedrungen, ins Werck geſetzet.
Nun moͤchten Sie weiter ſagen: warum3. Ein- wurf. Ant- wort. hat denn aber GOtt dem Menſchen einen ſo heftigen Trieb nach dem Fall gelaſſen? ich ant- worte: 1) Er war mit all nicht ſchuldig ihn[α]) wegzunehmen: denn er hatte uns ihn nicht ge- geben. Wer haͤtte es von ihm fordern koͤnnen, daß er ihm die Schmach und die Ketten vom Halſe naͤhme, in die er ſich doch ſelbſt frevent- lich, und mit Beſchimpfung und Verwerfung ſeiner goͤttlichen Majeſtaͤt hinein geſtuͤrtzet? was waͤre ihm an ſeiner Herrlichkeit abgegan- gen, oder was haͤtte er an uns verloren, wenn
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(I. Th.) Betracht. der Unreinigkeit.
regen ſolte. Da nun im Stande der Un-
ſchuld keine Unmaͤßigkeit, mithin auch
keine unreine Luſt und unordentliche
Zucht war; ſondern beydes erſt durch
den Fall eingefuͤhret iſt: ſo kan es un-
moͤglich anders ſeyn, als daß nun eine
iede Ausuͤbung ſolcher Luſt und Geil-
heit, auch ſo gar im Eheſtande, die nur
der bloſſen Wolluſt wegen geſchiehet,
ſuͤndlich und verdammlich ſey. Wie die
Urſach, ſo die Wirkung. Sind die
Quellen giftig, ſo koͤnnen die Baͤche nicht
rein und geſund ſeyn: Es iſt ein gantzer
Leib der Suͤnden, und hengt durch Glieder
zuſammen. Die Suͤndenluſt zum Tode
bringt Fruͤchte zum Tode; und durch
die unzehlichen Arten der Wolluſt wird
ia eben die inwohnende Suͤnde, die
durch den Fall in die Seele gedrungen,
ins Werck geſetzet.
8)
Nun moͤchten Sie weiter ſagen: warum
hat denn aber GOtt dem Menſchen einen ſo
heftigen Trieb nach dem Fall gelaſſen? ich ant-
worte: 1) Er war mit all nicht ſchuldig ihn
wegzunehmen: denn er hatte uns ihn nicht ge-
geben. Wer haͤtte es von ihm fordern koͤnnen,
daß er ihm die Schmach und die Ketten vom
Halſe naͤhme, in die er ſich doch ſelbſt frevent-
lich, und mit Beſchimpfung und Verwerfung
ſeiner goͤttlichen Majeſtaͤt hinein geſtuͤrtzet?
was waͤre ihm an ſeiner Herrlichkeit abgegan-
gen, oder was haͤtte er an uns verloren, wenn
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/39>, abgerufen am 21.11.2024.
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