Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

wieder die Unreinigkeit.
daß die Eltern einem solchen Kinde den ersten
Fehler wieder aufs neue anrechneten, und auf
den Schuldzettel zur künftigen Abthuung schrie-
ben? Könten sie ihm auch wol gar anzeigen,
nun sey wieder ein oder mehrere Striche aufs
neue da, da werde es wieder Ruthen setzen?
Wissen denn diese Eltern nicht, daß das Kind
nicht vorsetzlich und nicht boshaft unrecht gethan,
sondern nur eine kindliche Schwachheit oder Ue-
bereilung, und vielleicht zu seinem eignen grö-
sten Kummer und Wiederwillen begangen |ha-
be? Glauben sie denn nicht, daß ihnen das Kind
solches unmöglich habe zu leide thun können,
und daß vielleicht kein Mensch so viel Gram,
Hertzeleid, Furcht und Reue, ja allerley Unruhe
unter einander deßhalb in der Seele auszuste-
hen habe, als das arme gefallene Kind selber?
Ehe sie gantz gewiß überzeugt worden, daß das
Kind boßhaftig handele und darinnen fortfah-
ren wolle, werden sie gewiß keinen neuen Schuld-
zettel anfangen. Ehe es aber dazu kommt:
Mein! was für eine treue Pflege, was für eine
Bewahrung, was für Warnen, Lehren, Erin-
nern, Vorstellen, Bitten und Drohen, Gedult
und Mitleiden werden die Eltern erst anwen-
den, dis alles zu verhüten! Sollen wir denn
von dem unendlichen Vater-Hertzen GOttes ge-
ringere Begriffe haben, als von dem nur natür-
lich mitleidigen Hertzen eines leiblichen Vaters?
Luc. 11, 13. 18, 6. sqq. Kann das dem Unglau-
ben frey stehen, oder so hingehen, den allerselig-
sten GOtt, dessen höchste Ehre und weitberühm-

ter

wieder die Unreinigkeit.
daß die Eltern einem ſolchen Kinde den erſten
Fehler wieder aufs neue anrechneten, und auf
den Schuldzettel zur kuͤnftigen Abthuung ſchrie-
ben? Koͤnten ſie ihm auch wol gar anzeigen,
nun ſey wieder ein oder mehrere Striche aufs
neue da, da werde es wieder Ruthen ſetzen?
Wiſſen denn dieſe Eltern nicht, daß das Kind
nicht vorſetzlich und nicht boshaft unrecht gethan,
ſondern nur eine kindliche Schwachheit oder Ue-
bereilung, und vielleicht zu ſeinem eignen groͤ-
ſten Kummer und Wiederwillen begangen |ha-
be? Glauben ſie denn nicht, daß ihnen das Kind
ſolches unmoͤglich habe zu leide thun koͤnnen,
und daß vielleicht kein Menſch ſo viel Gram,
Hertzeleid, Furcht und Reue, ja allerley Unruhe
unter einander deßhalb in der Seele auszuſte-
hen habe, als das arme gefallene Kind ſelber?
Ehe ſie gantz gewiß uͤberzeugt worden, daß das
Kind boßhaftig handele und darinnen fortfah-
ren wolle, werden ſie gewiß keinen neuen Schuld-
zettel anfangen. Ehe es aber dazu kommt:
Mein! was fuͤr eine treue Pflege, was fuͤr eine
Bewahrung, was fuͤr Warnen, Lehren, Erin-
nern, Vorſtellen, Bitten und Drohen, Gedult
und Mitleiden werden die Eltern erſt anwen-
den, dis alles zu verhuͤten! Sollen wir denn
von dem unendlichen Vater-Hertzen GOttes ge-
ringere Begriffe haben, als von dem nur natuͤr-
lich mitleidigen Hertzen eines leiblichen Vaters?
Luc. 11, 13. 18, 6. ſqq. Kann das dem Unglau-
ben frey ſtehen, oder ſo hingehen, den allerſelig-
ſten GOtt, deſſen hoͤchſte Ehre und weitberuͤhm-

ter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0465" n="445"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wieder die Unreinigkeit.</hi></fw><lb/>
daß die Eltern einem &#x017F;olchen Kinde den er&#x017F;ten<lb/>
Fehler wieder aufs neue anrechneten, und auf<lb/>
den Schuldzettel zur ku&#x0364;nftigen Abthuung &#x017F;chrie-<lb/>
ben? Ko&#x0364;nten &#x017F;ie ihm auch wol gar anzeigen,<lb/>
nun &#x017F;ey wieder ein oder mehrere Striche aufs<lb/>
neue da, da werde es wieder Ruthen &#x017F;etzen?<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en denn die&#x017F;e Eltern nicht, daß das Kind<lb/>
nicht vor&#x017F;etzlich und nicht boshaft unrecht gethan,<lb/>
&#x017F;ondern nur eine kindliche Schwachheit oder Ue-<lb/>
bereilung, und vielleicht zu &#x017F;einem eignen gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Kummer und Wiederwillen begangen |ha-<lb/>
be? Glauben &#x017F;ie denn nicht, daß ihnen das Kind<lb/>
&#x017F;olches unmo&#x0364;glich habe zu leide thun ko&#x0364;nnen,<lb/>
und daß vielleicht kein Men&#x017F;ch &#x017F;o viel Gram,<lb/>
Hertzeleid, Furcht und Reue, ja allerley Unruhe<lb/>
unter einander deßhalb in der Seele auszu&#x017F;te-<lb/>
hen habe, als das arme gefallene Kind &#x017F;elber?<lb/>
Ehe &#x017F;ie gantz gewiß u&#x0364;berzeugt worden, daß das<lb/>
Kind boßhaftig handele und darinnen fortfah-<lb/>
ren wolle, werden &#x017F;ie gewiß keinen neuen Schuld-<lb/>
zettel anfangen. Ehe es aber dazu kommt:<lb/>
Mein! was fu&#x0364;r eine treue Pflege, was fu&#x0364;r eine<lb/>
Bewahrung, was fu&#x0364;r Warnen, Lehren, Erin-<lb/>
nern, Vor&#x017F;tellen, Bitten und Drohen, Gedult<lb/>
und Mitleiden werden die Eltern er&#x017F;t anwen-<lb/>
den, dis alles zu verhu&#x0364;ten! Sollen wir denn<lb/>
von dem unendlichen Vater-Hertzen GOttes ge-<lb/>
ringere Begriffe haben, als von dem nur natu&#x0364;r-<lb/>
lich mitleidigen Hertzen eines leiblichen Vaters?<lb/>
Luc. 11, 13. 18, 6. &#x017F;qq. Kann das dem Unglau-<lb/>
ben frey &#x017F;tehen, oder &#x017F;o hingehen, den aller&#x017F;elig-<lb/>
&#x017F;ten GOtt, de&#x017F;&#x017F;en ho&#x0364;ch&#x017F;te Ehre und weitberu&#x0364;hm-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ter</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0465] wieder die Unreinigkeit. daß die Eltern einem ſolchen Kinde den erſten Fehler wieder aufs neue anrechneten, und auf den Schuldzettel zur kuͤnftigen Abthuung ſchrie- ben? Koͤnten ſie ihm auch wol gar anzeigen, nun ſey wieder ein oder mehrere Striche aufs neue da, da werde es wieder Ruthen ſetzen? Wiſſen denn dieſe Eltern nicht, daß das Kind nicht vorſetzlich und nicht boshaft unrecht gethan, ſondern nur eine kindliche Schwachheit oder Ue- bereilung, und vielleicht zu ſeinem eignen groͤ- ſten Kummer und Wiederwillen begangen |ha- be? Glauben ſie denn nicht, daß ihnen das Kind ſolches unmoͤglich habe zu leide thun koͤnnen, und daß vielleicht kein Menſch ſo viel Gram, Hertzeleid, Furcht und Reue, ja allerley Unruhe unter einander deßhalb in der Seele auszuſte- hen habe, als das arme gefallene Kind ſelber? Ehe ſie gantz gewiß uͤberzeugt worden, daß das Kind boßhaftig handele und darinnen fortfah- ren wolle, werden ſie gewiß keinen neuen Schuld- zettel anfangen. Ehe es aber dazu kommt: Mein! was fuͤr eine treue Pflege, was fuͤr eine Bewahrung, was fuͤr Warnen, Lehren, Erin- nern, Vorſtellen, Bitten und Drohen, Gedult und Mitleiden werden die Eltern erſt anwen- den, dis alles zu verhuͤten! Sollen wir denn von dem unendlichen Vater-Hertzen GOttes ge- ringere Begriffe haben, als von dem nur natuͤr- lich mitleidigen Hertzen eines leiblichen Vaters? Luc. 11, 13. 18, 6. ſqq. Kann das dem Unglau- ben frey ſtehen, oder ſo hingehen, den allerſelig- ſten GOtt, deſſen hoͤchſte Ehre und weitberuͤhm- ter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/465
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/465>, abgerufen am 22.11.2024.