Fortschritt sey, hat sie dennoch mit edler Scheu sich enthalten, der fest gewurzelten wissenschaftlichen Ge- wohnheit zu gebieten, die durch das Bedürfniß und die Einsicht der Zeiten allmählich entstanden und ent- wickelt war. Rühmliche Erwähnung verdient auch der gründliche Sinn des Kammergerichts, auf dessen Veranlassung im Jahr 1801. den juristischen Fakul- täten der Gebrauch lateinischer Lehrbücher empfohlen wurde, weil seit Einführung der Deutschen Lehrbü- cher die juristische Kunstsprache den Juristen weniger geläufig war 1); noch sicherer und vollständiger als durch Lehrbücher dürfte freylich dieser Zweck durch die Quellen selbst erreicht werden. -- Was insbesondere die Vorlesungen über das Landrecht betrifft, so glaube ich allerdings, daß diese in der gegenwärtigen Lage besser nicht gehalten werden, indem zum praktischen Bedürfniß die spätere Einübung hinreicht, eine wissen- schaftliche Seite aber dem Gegenstande abzugewin- nen, aus Mangel an speciellen geschichtlichen Quellen, schwer seyn dürfte. Anders würde es vielleicht seyn, wenn der oben (S. 94) ausgesprochene Wunsch öffentlicher Mittheilung von Materialien des Land- rechts in Erfüllung gehen sollte.
Betrachten wir nun nochmals die drey genann- ten Gesetzbücher im Zusammenhang, und in besonde- rer Beziehung auf das Studium des Rechts, so ist
1)Stengels Beyträge B. 13. S. 214. 218.
Fortſchritt ſey, hat ſie dennoch mit edler Scheu ſich enthalten, der feſt gewurzelten wiſſenſchaftlichen Ge- wohnheit zu gebieten, die durch das Bedürfniß und die Einſicht der Zeiten allmählich entſtanden und ent- wickelt war. Rühmliche Erwähnung verdient auch der gründliche Sinn des Kammergerichts, auf deſſen Veranlaſſung im Jahr 1801. den juriſtiſchen Fakul- täten der Gebrauch lateiniſcher Lehrbücher empfohlen wurde, weil ſeit Einführung der Deutſchen Lehrbü- cher die juriſtiſche Kunſtſprache den Juriſten weniger geläufig war 1); noch ſicherer und vollſtändiger als durch Lehrbücher dürfte freylich dieſer Zweck durch die Quellen ſelbſt erreicht werden. — Was insbeſondere die Vorleſungen über das Landrecht betrifft, ſo glaube ich allerdings, daß dieſe in der gegenwärtigen Lage beſſer nicht gehalten werden, indem zum praktiſchen Bedürfniß die ſpätere Einübung hinreicht, eine wiſſen- ſchaftliche Seite aber dem Gegenſtande abzugewin- nen, aus Mangel an ſpeciellen geſchichtlichen Quellen, ſchwer ſeyn dürfte. Anders würde es vielleicht ſeyn, wenn der oben (S. 94) ausgeſprochene Wunſch öffentlicher Mittheilung von Materialien des Land- rechts in Erfüllung gehen ſollte.
Betrachten wir nun nochmals die drey genann- ten Geſetzbücher im Zuſammenhang, und in beſonde- rer Beziehung auf das Studium des Rechts, ſo iſt
1)Stengels Beyträge B. 13. S. 214. 218.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="146"/>
Fortſchritt ſey, hat ſie dennoch mit edler Scheu ſich<lb/>
enthalten, der feſt gewurzelten wiſſenſchaftlichen Ge-<lb/>
wohnheit zu gebieten, die durch das Bedürfniß und<lb/>
die Einſicht der Zeiten allmählich entſtanden und ent-<lb/>
wickelt war. Rühmliche Erwähnung verdient auch<lb/>
der gründliche Sinn des Kammergerichts, auf deſſen<lb/>
Veranlaſſung im Jahr 1801. den juriſtiſchen Fakul-<lb/>
täten der Gebrauch lateiniſcher Lehrbücher empfohlen<lb/>
wurde, weil ſeit Einführung der Deutſchen Lehrbü-<lb/>
cher die juriſtiſche Kunſtſprache den Juriſten weniger<lb/>
geläufig war <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Stengels</hi> Beyträge B. 13. S. 214. 218.</note>; noch ſicherer und vollſtändiger als<lb/>
durch Lehrbücher dürfte freylich dieſer Zweck durch die<lb/>
Quellen ſelbſt erreicht werden. — Was insbeſondere<lb/>
die Vorleſungen über das Landrecht betrifft, ſo glaube<lb/>
ich allerdings, daß dieſe in der gegenwärtigen Lage<lb/>
beſſer nicht gehalten werden, indem zum praktiſchen<lb/>
Bedürfniß die ſpätere Einübung hinreicht, eine wiſſen-<lb/>ſchaftliche Seite aber dem Gegenſtande abzugewin-<lb/>
nen, aus Mangel an ſpeciellen geſchichtlichen Quellen,<lb/>ſchwer ſeyn dürfte. Anders würde es vielleicht ſeyn,<lb/>
wenn der oben (S. 94) ausgeſprochene Wunſch<lb/>
öffentlicher Mittheilung von Materialien des Land-<lb/>
rechts in Erfüllung gehen ſollte.</p><lb/><p>Betrachten wir nun nochmals die drey genann-<lb/>
ten Geſetzbücher im Zuſammenhang, und in beſonde-<lb/>
rer Beziehung auf das Studium des Rechts, ſo iſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[146/0156]
Fortſchritt ſey, hat ſie dennoch mit edler Scheu ſich
enthalten, der feſt gewurzelten wiſſenſchaftlichen Ge-
wohnheit zu gebieten, die durch das Bedürfniß und
die Einſicht der Zeiten allmählich entſtanden und ent-
wickelt war. Rühmliche Erwähnung verdient auch
der gründliche Sinn des Kammergerichts, auf deſſen
Veranlaſſung im Jahr 1801. den juriſtiſchen Fakul-
täten der Gebrauch lateiniſcher Lehrbücher empfohlen
wurde, weil ſeit Einführung der Deutſchen Lehrbü-
cher die juriſtiſche Kunſtſprache den Juriſten weniger
geläufig war 1); noch ſicherer und vollſtändiger als
durch Lehrbücher dürfte freylich dieſer Zweck durch die
Quellen ſelbſt erreicht werden. — Was insbeſondere
die Vorleſungen über das Landrecht betrifft, ſo glaube
ich allerdings, daß dieſe in der gegenwärtigen Lage
beſſer nicht gehalten werden, indem zum praktiſchen
Bedürfniß die ſpätere Einübung hinreicht, eine wiſſen-
ſchaftliche Seite aber dem Gegenſtande abzugewin-
nen, aus Mangel an ſpeciellen geſchichtlichen Quellen,
ſchwer ſeyn dürfte. Anders würde es vielleicht ſeyn,
wenn der oben (S. 94) ausgeſprochene Wunſch
öffentlicher Mittheilung von Materialien des Land-
rechts in Erfüllung gehen ſollte.
Betrachten wir nun nochmals die drey genann-
ten Geſetzbücher im Zuſammenhang, und in beſonde-
rer Beziehung auf das Studium des Rechts, ſo iſt
1) Stengels Beyträge B. 13. S. 214. 218.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/156>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.