Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
lungen behaupten: von Gratians Decret, den Decretalen
Gregors IX., dem Sextus, und den Clementinen (o).

Faßt man endlich das heutige Römische Recht in der
besondern Gestalt auf, die es als gemeines Recht des
Deutschen Reichs angenommen hat, so gehören unter die
darin anwendbaren Gesetze auch die Reichsgesetze, inso-
weit darin Institute des Römischen Privatrechts modifi-
cirt worden sind. Diese Modificationen aber sind in ihrem
Umfang noch um Vieles unbedeutender, als die im cano-
nifchen Recht begründeten.

§. 18.
B. Gewohnheitsrecht.

Es ist ferner zu zeigen, welche Stelle das oben im
Allgemeinen dargestellte Volksrecht oder Gewohnheitsrecht
(§ 7. 12) unter den Quellen des heutigen Römischen Rechts
einnimmt.

Als Justinian zur Regierung kam, war das ursprüng-
liche Römische Volksrecht in dieser Form schon längst
nicht mehr sichtbar. Der wichtigste Theil desselben war
schon zur Zeit der Republik in Volksschlüsse oder Edicte
übergegangen, und was daneben noch als freies Gewohn-
heitsrecht übrig blieb, nahm die juristische Literatur in sich

(o) Eichhorn Kirchenrecht I
S. 349--360. Bestritten ist da-
neben die Reception der beiden
Extravagantensammlungen; al-
lein gerade für die hier allein in
Frage stehenden Modificationen
des Römischen Privatrechts sind
diese nicht von Wichtigkeit, so
daß für unsern Zweck die Streit-
frage gleichgültig ist.

Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
lungen behaupten: von Gratians Decret, den Decretalen
Gregors IX., dem Sextus, und den Clementinen (o).

Faßt man endlich das heutige Römiſche Recht in der
beſondern Geſtalt auf, die es als gemeines Recht des
Deutſchen Reichs angenommen hat, ſo gehören unter die
darin anwendbaren Geſetze auch die Reichsgeſetze, inſo-
weit darin Inſtitute des Römiſchen Privatrechts modifi-
cirt worden ſind. Dieſe Modificationen aber ſind in ihrem
Umfang noch um Vieles unbedeutender, als die im cano-
nifchen Recht begründeten.

§. 18.
B. Gewohnheitsrecht.

Es iſt ferner zu zeigen, welche Stelle das oben im
Allgemeinen dargeſtellte Volksrecht oder Gewohnheitsrecht
(§ 7. 12) unter den Quellen des heutigen Römiſchen Rechts
einnimmt.

Als Juſtinian zur Regierung kam, war das urſprüng-
liche Römiſche Volksrecht in dieſer Form ſchon längſt
nicht mehr ſichtbar. Der wichtigſte Theil deſſelben war
ſchon zur Zeit der Republik in Volksſchlüſſe oder Edicte
übergegangen, und was daneben noch als freies Gewohn-
heitsrecht übrig blieb, nahm die juriſtiſche Literatur in ſich

(o) Eichhorn Kirchenrecht I
S. 349—360. Beſtritten iſt da-
neben die Reception der beiden
Extravagantenſammlungen; al-
lein gerade für die hier allein in
Frage ſtehenden Modificationen
des Römiſchen Privatrechts ſind
dieſe nicht von Wichtigkeit, ſo
daß für unſern Zweck die Streit-
frage gleichgültig iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0132" n="76"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/>
lungen behaupten: von Gratians Decret, den Decretalen<lb/>
Gregors <hi rendition="#aq">IX.</hi>, dem Sextus, und den Clementinen <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#g">Eichhorn</hi> Kirchenrecht <hi rendition="#aq">I</hi><lb/>
S. 349&#x2014;360. Be&#x017F;tritten i&#x017F;t da-<lb/>
neben die Reception der beiden<lb/>
Extravaganten&#x017F;ammlungen; al-<lb/>
lein gerade für die hier allein in<lb/>
Frage &#x017F;tehenden Modificationen<lb/>
des Römi&#x017F;chen Privatrechts &#x017F;ind<lb/>
die&#x017F;e nicht von Wichtigkeit, &#x017F;o<lb/>
daß für un&#x017F;ern Zweck die Streit-<lb/>
frage gleichgültig i&#x017F;t.</note>.</p><lb/>
            <p>Faßt man endlich das heutige Römi&#x017F;che Recht in der<lb/>
be&#x017F;ondern Ge&#x017F;talt auf, die es als gemeines Recht des<lb/>
Deut&#x017F;chen Reichs angenommen hat, &#x017F;o gehören unter die<lb/>
darin anwendbaren Ge&#x017F;etze auch die <hi rendition="#g">Reichsge&#x017F;etze</hi>, in&#x017F;o-<lb/>
weit darin In&#x017F;titute des Römi&#x017F;chen Privatrechts modifi-<lb/>
cirt worden &#x017F;ind. Die&#x017F;e Modificationen aber &#x017F;ind in ihrem<lb/>
Umfang noch um Vieles unbedeutender, als die im cano-<lb/>
nifchen Recht begründeten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 18.<lb/><hi rendition="#aq">B.</hi> <hi rendition="#g">Gewohnheitsrecht</hi>.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t ferner zu zeigen, welche Stelle das oben im<lb/>
Allgemeinen darge&#x017F;tellte Volksrecht oder Gewohnheitsrecht<lb/>
(§ 7. 12) unter den Quellen des heutigen Römi&#x017F;chen Rechts<lb/>
einnimmt.</p><lb/>
            <p>Als Ju&#x017F;tinian zur Regierung kam, war das ur&#x017F;prüng-<lb/>
liche Römi&#x017F;che Volksrecht in die&#x017F;er Form &#x017F;chon läng&#x017F;t<lb/>
nicht mehr &#x017F;ichtbar. Der wichtig&#x017F;te Theil de&#x017F;&#x017F;elben war<lb/>
&#x017F;chon zur Zeit der Republik in Volks&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e oder Edicte<lb/>
übergegangen, und was daneben noch als freies Gewohn-<lb/>
heitsrecht übrig blieb, nahm die juri&#x017F;ti&#x017F;che Literatur in &#x017F;ich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0132] Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. lungen behaupten: von Gratians Decret, den Decretalen Gregors IX., dem Sextus, und den Clementinen (o). Faßt man endlich das heutige Römiſche Recht in der beſondern Geſtalt auf, die es als gemeines Recht des Deutſchen Reichs angenommen hat, ſo gehören unter die darin anwendbaren Geſetze auch die Reichsgeſetze, inſo- weit darin Inſtitute des Römiſchen Privatrechts modifi- cirt worden ſind. Dieſe Modificationen aber ſind in ihrem Umfang noch um Vieles unbedeutender, als die im cano- nifchen Recht begründeten. §. 18. B. Gewohnheitsrecht. Es iſt ferner zu zeigen, welche Stelle das oben im Allgemeinen dargeſtellte Volksrecht oder Gewohnheitsrecht (§ 7. 12) unter den Quellen des heutigen Römiſchen Rechts einnimmt. Als Juſtinian zur Regierung kam, war das urſprüng- liche Römiſche Volksrecht in dieſer Form ſchon längſt nicht mehr ſichtbar. Der wichtigſte Theil deſſelben war ſchon zur Zeit der Republik in Volksſchlüſſe oder Edicte übergegangen, und was daneben noch als freies Gewohn- heitsrecht übrig blieb, nahm die juriſtiſche Literatur in ſich (o) Eichhorn Kirchenrecht I S. 349—360. Beſtritten iſt da- neben die Reception der beiden Extravagantenſammlungen; al- lein gerade für die hier allein in Frage ſtehenden Modificationen des Römiſchen Privatrechts ſind dieſe nicht von Wichtigkeit, ſo daß für unſern Zweck die Streit- frage gleichgültig iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/132
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/132>, abgerufen am 04.12.2024.