Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. und in ihrer ausschließenden Natur. Sie enthalten näm-lich erschöpfende, abgeschlossene Rechtssysteme. Obgleich nun z. B. im Preußischen Landrecht die Absicht gar nicht auf eine Abänderung des vorhandenen materiellen Rechts, sondern auf eine verbesserte Form desselben gerichtet war, so lag es doch in der organisch bildenden Kraft einer jeden Rechtstheorie (§ 14), daß man bald unwillkührlich über das vorgesteckte Ziel fortgerissen wurde, und so zu Resultaten kam, die gar nicht in der ursprünglichen Ab- sicht lagen, und die, wenn man sie gleich Anfangs hätte übersehen können, über die ganze Unternehmung Bedenken erregt haben möchten. -- Durch ihre ausschließende Na- tur gaben diese Gesetzbücher dem positiven Recht ihrer Länder eine ganz neue Basis: neu der Form nach, indem nun in ihrem Gebiet von einer unmittelbaren Anwendung des Römischen Rechts nicht mehr die Rede seyn kann: nicht neu dem Gehalt nach, indem die in den früheren Rechtsquellen wurzelnden Begriffe und Rechtsregeln auch in den neuern Gesetzbüchern fortleben. Daher ist denn auch eine gründliche Einsicht in diese Gesetzbücher nur dadurch möglich, daß ihr Inhalt auf seinen ersten Ur- sprung zurückgeführt wird, so daß durch dieselben ein erschöpfendes Studium der früheren Rechtsquellen um gar Nichts entbehrlicher geworden ist, wie sehr sich auch Viele mit einer solchen Erleichterung der juristischen Arbeit ge- schmeichelt haben mögen. Hierin liegt denn zugleich der Grund, warum das Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. und in ihrer ausſchließenden Natur. Sie enthalten näm-lich erſchöpfende, abgeſchloſſene Rechtsſyſteme. Obgleich nun z. B. im Preußiſchen Landrecht die Abſicht gar nicht auf eine Abänderung des vorhandenen materiellen Rechts, ſondern auf eine verbeſſerte Form deſſelben gerichtet war, ſo lag es doch in der organiſch bildenden Kraft einer jeden Rechtstheorie (§ 14), daß man bald unwillkührlich über das vorgeſteckte Ziel fortgeriſſen wurde, und ſo zu Reſultaten kam, die gar nicht in der urſprünglichen Ab- ſicht lagen, und die, wenn man ſie gleich Anfangs hätte überſehen können, über die ganze Unternehmung Bedenken erregt haben möchten. — Durch ihre ausſchließende Na- tur gaben dieſe Geſetzbücher dem poſitiven Recht ihrer Länder eine ganz neue Baſis: neu der Form nach, indem nun in ihrem Gebiet von einer unmittelbaren Anwendung des Römiſchen Rechts nicht mehr die Rede ſeyn kann: nicht neu dem Gehalt nach, indem die in den früheren Rechtsquellen wurzelnden Begriffe und Rechtsregeln auch in den neuern Geſetzbüchern fortleben. Daher iſt denn auch eine gründliche Einſicht in dieſe Geſetzbücher nur dadurch möglich, daß ihr Inhalt auf ſeinen erſten Ur- ſprung zurückgeführt wird, ſo daß durch dieſelben ein erſchöpfendes Studium der früheren Rechtsquellen um gar Nichts entbehrlicher geworden iſt, wie ſehr ſich auch Viele mit einer ſolchen Erleichterung der juriſtiſchen Arbeit ge- ſchmeichelt haben mögen. Hierin liegt denn zugleich der Grund, warum das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0160" n="104"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> und in ihrer ausſchließenden Natur. Sie enthalten näm-<lb/> lich erſchöpfende, abgeſchloſſene Rechtsſyſteme. Obgleich<lb/> nun z. 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Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
und in ihrer ausſchließenden Natur. Sie enthalten näm-
lich erſchöpfende, abgeſchloſſene Rechtsſyſteme. Obgleich
nun z. B. im Preußiſchen Landrecht die Abſicht gar nicht
auf eine Abänderung des vorhandenen materiellen Rechts,
ſondern auf eine verbeſſerte Form deſſelben gerichtet war,
ſo lag es doch in der organiſch bildenden Kraft einer
jeden Rechtstheorie (§ 14), daß man bald unwillkührlich
über das vorgeſteckte Ziel fortgeriſſen wurde, und ſo zu
Reſultaten kam, die gar nicht in der urſprünglichen Ab-
ſicht lagen, und die, wenn man ſie gleich Anfangs hätte
überſehen können, über die ganze Unternehmung Bedenken
erregt haben möchten. — Durch ihre ausſchließende Na-
tur gaben dieſe Geſetzbücher dem poſitiven Recht ihrer
Länder eine ganz neue Baſis: neu der Form nach, indem
nun in ihrem Gebiet von einer unmittelbaren Anwendung
des Römiſchen Rechts nicht mehr die Rede ſeyn kann:
nicht neu dem Gehalt nach, indem die in den früheren
Rechtsquellen wurzelnden Begriffe und Rechtsregeln auch
in den neuern Geſetzbüchern fortleben. Daher iſt denn
auch eine gründliche Einſicht in dieſe Geſetzbücher nur
dadurch möglich, daß ihr Inhalt auf ſeinen erſten Ur-
ſprung zurückgeführt wird, ſo daß durch dieſelben ein
erſchöpfendes Studium der früheren Rechtsquellen um gar
Nichts entbehrlicher geworden iſt, wie ſehr ſich auch Viele
mit einer ſolchen Erleichterung der juriſtiſchen Arbeit ge-
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Hierin liegt denn zugleich der Grund, warum das
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