Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 31. Aussprüche der neueren Gesetzbücher über die Rechtsq. inneren Wesen nach ähnlich derjenigen Fortbildung, dieim Römischen Recht durch das jährlich revidirte präto- rische Edict bewirkt wurde. -- Jedoch ist diese Bemerkung nur zu beziehen auf diejenige Fortbildung des Rechts, welche durch die demselben inwohnende organische Kraft, also durch innere Entwicklung, bewirkt wird (§ 7). Dann kann in dieser Form Vieles von demjenigen zweckmäßig und befriedigend geleistet werden, was außerdem der Ge- setzgebung anheim fallen müßte (§ 13). Daß dieser Ge- gensatz nicht hier willkührlich ersonnen, sondern durch Er- fahrung bewährt, und im Großen (wenngleich vielleicht nicht mit klarem Bewußtseyn) anerkannt ist, zeigt beson- ders das Beyspiel solcher Staaten, worin das Recht der Gesetzgebung durch künstliches Zusammenwirken verschie- dener Gewalten ausgeübt wird, wie in England und Frankreich. Denn wie sehr auch diese einzelnen Gewalten sich gegen jede Beschränkung ihrer Theilnahme an jenem wichtigen Recht eifersüchtig zeigen, so liegt ihnen doch jene innere, stille Rechtsbildung so sehr außer dem Ge- biet eines möglichen Streites, daß sie dieselbe ungestört sich selbst überlassen. Nur wo zuweilen eine neue Rechts- bestimmung besondere politische Beziehungen darbietet, fällt sie nothwendig der strengen Form der Gesetzgebung an- heim: noch mehr aber, wo das Recht auf eine so um- fassende und durchgreifende Weise umgebildet wird, wie es in dem Gesetzbuch Napoleons geschehen ist. §. 31. Ausſprüche der neueren Geſetzbücher über die Rechtsq. inneren Weſen nach ähnlich derjenigen Fortbildung, dieim Römiſchen Recht durch das jährlich revidirte präto- riſche Edict bewirkt wurde. — Jedoch iſt dieſe Bemerkung nur zu beziehen auf diejenige Fortbildung des Rechts, welche durch die demſelben inwohnende organiſche Kraft, alſo durch innere Entwicklung, bewirkt wird (§ 7). Dann kann in dieſer Form Vieles von demjenigen zweckmäßig und befriedigend geleiſtet werden, was außerdem der Ge- ſetzgebung anheim fallen müßte (§ 13). Daß dieſer Ge- genſatz nicht hier willkührlich erſonnen, ſondern durch Er- fahrung bewährt, und im Großen (wenngleich vielleicht nicht mit klarem Bewußtſeyn) anerkannt iſt, zeigt beſon- ders das Beyſpiel ſolcher Staaten, worin das Recht der Geſetzgebung durch künſtliches Zuſammenwirken verſchie- dener Gewalten ausgeübt wird, wie in England und Frankreich. Denn wie ſehr auch dieſe einzelnen Gewalten ſich gegen jede Beſchränkung ihrer Theilnahme an jenem wichtigen Recht eiferſüchtig zeigen, ſo liegt ihnen doch jene innere, ſtille Rechtsbildung ſo ſehr außer dem Ge- biet eines möglichen Streites, daß ſie dieſelbe ungeſtört ſich ſelbſt überlaſſen. Nur wo zuweilen eine neue Rechts- beſtimmung beſondere politiſche Beziehungen darbietet, fällt ſie nothwendig der ſtrengen Form der Geſetzgebung an- heim: noch mehr aber, wo das Recht auf eine ſo um- faſſende und durchgreifende Weiſe umgebildet wird, wie es in dem Geſetzbuch Napoleons geſchehen iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0261" n="205"/><fw place="top" type="header">§. 31. Ausſprüche der neueren Geſetzbücher über die Rechtsq.</fw><lb/> inneren Weſen nach ähnlich derjenigen Fortbildung, die<lb/> im Römiſchen Recht durch das jährlich revidirte präto-<lb/> riſche Edict bewirkt wurde. — Jedoch iſt dieſe Bemerkung<lb/> nur zu beziehen auf diejenige Fortbildung des Rechts,<lb/> welche durch die demſelben inwohnende organiſche Kraft,<lb/> alſo durch innere Entwicklung, bewirkt wird (§ 7). Dann<lb/> kann in dieſer Form Vieles von demjenigen zweckmäßig<lb/> und befriedigend geleiſtet werden, was außerdem der Ge-<lb/> ſetzgebung anheim fallen müßte (§ 13). Daß dieſer Ge-<lb/> genſatz nicht hier willkührlich erſonnen, ſondern durch Er-<lb/> fahrung bewährt, und im Großen (wenngleich vielleicht<lb/> nicht mit klarem Bewußtſeyn) anerkannt iſt, zeigt beſon-<lb/> ders das Beyſpiel ſolcher Staaten, worin das Recht der<lb/> Geſetzgebung durch künſtliches Zuſammenwirken verſchie-<lb/> dener Gewalten ausgeübt wird, wie in England und<lb/> Frankreich. Denn wie ſehr auch dieſe einzelnen Gewalten<lb/> ſich gegen jede Beſchränkung ihrer Theilnahme an jenem<lb/> wichtigen Recht eiferſüchtig zeigen, ſo liegt ihnen doch<lb/> jene innere, ſtille Rechtsbildung ſo ſehr außer dem Ge-<lb/> biet eines möglichen Streites, daß ſie dieſelbe ungeſtört<lb/> ſich ſelbſt überlaſſen. Nur wo zuweilen eine neue Rechts-<lb/> beſtimmung beſondere politiſche Beziehungen darbietet, fällt<lb/> ſie nothwendig der ſtrengen Form der Geſetzgebung an-<lb/> heim: noch mehr aber, wo das Recht auf eine ſo um-<lb/> faſſende und durchgreifende Weiſe umgebildet wird, wie<lb/> es in dem Geſetzbuch Napoleons geſchehen iſt.</p> </div> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [205/0261]
§. 31. Ausſprüche der neueren Geſetzbücher über die Rechtsq.
inneren Weſen nach ähnlich derjenigen Fortbildung, die
im Römiſchen Recht durch das jährlich revidirte präto-
riſche Edict bewirkt wurde. — Jedoch iſt dieſe Bemerkung
nur zu beziehen auf diejenige Fortbildung des Rechts,
welche durch die demſelben inwohnende organiſche Kraft,
alſo durch innere Entwicklung, bewirkt wird (§ 7). Dann
kann in dieſer Form Vieles von demjenigen zweckmäßig
und befriedigend geleiſtet werden, was außerdem der Ge-
ſetzgebung anheim fallen müßte (§ 13). Daß dieſer Ge-
genſatz nicht hier willkührlich erſonnen, ſondern durch Er-
fahrung bewährt, und im Großen (wenngleich vielleicht
nicht mit klarem Bewußtſeyn) anerkannt iſt, zeigt beſon-
ders das Beyſpiel ſolcher Staaten, worin das Recht der
Geſetzgebung durch künſtliches Zuſammenwirken verſchie-
dener Gewalten ausgeübt wird, wie in England und
Frankreich. Denn wie ſehr auch dieſe einzelnen Gewalten
ſich gegen jede Beſchränkung ihrer Theilnahme an jenem
wichtigen Recht eiferſüchtig zeigen, ſo liegt ihnen doch
jene innere, ſtille Rechtsbildung ſo ſehr außer dem Ge-
biet eines möglichen Streites, daß ſie dieſelbe ungeſtört
ſich ſelbſt überlaſſen. Nur wo zuweilen eine neue Rechts-
beſtimmung beſondere politiſche Beziehungen darbietet, fällt
ſie nothwendig der ſtrengen Form der Geſetzgebung an-
heim: noch mehr aber, wo das Recht auf eine ſo um-
faſſende und durchgreifende Weiſe umgebildet wird, wie
es in dem Geſetzbuch Napoleons geſchehen iſt.
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