Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 37. Mangelhafte Gesetze. Unrichtiger Ausdruck. diesem sollte der redliche Besitzer, welcher Erbschaftssachenverkauft hatte, den erlangten Kaufpreis herausgeben (pretia quae pervenissent). Unter diesem Ausdruck war auch der Fall begriffen, da er denselben Kaufpreis wieder verloren hatte, denn er war doch einmal erlangt gewesen. Allein aus den nachfolgenden Worten desselben Senatus- consults wurde gefolgert, daß dieser Fall ausgenommen sey. Es wurde also der gebrauchte Ausdruck in der Art einschränkend erklärt, als wenn nicht von jedem erlang- ten, sondern nur von dem erlangten und nicht wieder ver- lorenen Kaufpreis die Rede gewesen wäre (c). -- Ein anderes Beyspiel findet sich bey Strafgesetzen. Wenn ein solches am Schluß eine allgemeine Strafe für ein gewisses Verbrechen ausspricht, nachdem es vorher für einen ein- zelnen Fall desselben Verbrechens eine andere Strafe be- stimmt hatte, so ist der allgemeine Schluß durch die Aus- nahme dieses besonderen Falles einschränkend zu erklären (d). Wichtiger, aber auch bedenklicher, ist die Anwendung Ein specieller Grund kann in der That zu dem ange- (c) L. 20 § 6. L. 23 de her. pet. (5. 3.). (d) L. 41 de poenis (48. 19.).
§. 37. Mangelhafte Geſetze. Unrichtiger Ausdruck. dieſem ſollte der redliche Beſitzer, welcher Erbſchaftsſachenverkauft hatte, den erlangten Kaufpreis herausgeben (pretia quae pervenissent). Unter dieſem Ausdruck war auch der Fall begriffen, da er denſelben Kaufpreis wieder verloren hatte, denn er war doch einmal erlangt geweſen. Allein aus den nachfolgenden Worten deſſelben Senatus- conſults wurde gefolgert, daß dieſer Fall ausgenommen ſey. Es wurde alſo der gebrauchte Ausdruck in der Art einſchränkend erklärt, als wenn nicht von jedem erlang- ten, ſondern nur von dem erlangten und nicht wieder ver- lorenen Kaufpreis die Rede geweſen wäre (c). — Ein anderes Beyſpiel findet ſich bey Strafgeſetzen. Wenn ein ſolches am Schluß eine allgemeine Strafe für ein gewiſſes Verbrechen ausſpricht, nachdem es vorher für einen ein- zelnen Fall deſſelben Verbrechens eine andere Strafe be- ſtimmt hatte, ſo iſt der allgemeine Schluß durch die Aus- nahme dieſes beſonderen Falles einſchränkend zu erklären (d). Wichtiger, aber auch bedenklicher, iſt die Anwendung Ein ſpecieller Grund kann in der That zu dem ange- (c) L. 20 § 6. L. 23 de her. pet. (5. 3.). (d) L. 41 de poenis (48. 19.).
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§. 37. Mangelhafte Geſetze. Unrichtiger Ausdruck.
dieſem ſollte der redliche Beſitzer, welcher Erbſchaftsſachen
verkauft hatte, den erlangten Kaufpreis herausgeben
(pretia quae pervenissent). Unter dieſem Ausdruck war
auch der Fall begriffen, da er denſelben Kaufpreis wieder
verloren hatte, denn er war doch einmal erlangt geweſen.
Allein aus den nachfolgenden Worten deſſelben Senatus-
conſults wurde gefolgert, daß dieſer Fall ausgenommen
ſey. Es wurde alſo der gebrauchte Ausdruck in der Art
einſchränkend erklärt, als wenn nicht von jedem erlang-
ten, ſondern nur von dem erlangten und nicht wieder ver-
lorenen Kaufpreis die Rede geweſen wäre (c). — Ein
anderes Beyſpiel findet ſich bey Strafgeſetzen. Wenn ein
ſolches am Schluß eine allgemeine Strafe für ein gewiſſes
Verbrechen ausſpricht, nachdem es vorher für einen ein-
zelnen Fall deſſelben Verbrechens eine andere Strafe be-
ſtimmt hatte, ſo iſt der allgemeine Schluß durch die Aus-
nahme dieſes beſonderen Falles einſchränkend zu erklären (d).
Wichtiger, aber auch bedenklicher, iſt die Anwendung
des zweyten Hülfsmittels, welches darin beſteht, daß der
wirkliche Gedanke des Geſetzes aus ſeinem Grunde er-
kannt, und darnach der Ausdruck berichtigt wird. In
dieſer Beziehung nun iſt vorzüglich wichtig die Unterſchei-
dung der ſpeciellen und generellen Gründe (§ 34).
Ein ſpecieller Grund kann in der That zu dem ange-
gebenen Zweck angewendet werden. Am unbedenklichſten
(c) L. 20 § 6. L. 23 de her. pet. (5. 3.).
(d) L. 41 de poenis (48. 19.).
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