Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Gesetze. geschieht dieses, wenn die buchstäbliche Auslegung desAusdrucks auf einen Widerspruch mit dem anerkannten Grunde führen würde. Ist also z. B. ein Rechtssatz ein- geführt zur Begünstigung gewisser Personen, so würde jede einzelne Anwendung zu ihrem Schaden mit dem Grunde im Widerspruch stehen, und dieses muß verhütet werden durch eine einschränkende Auslegung des zu allge- meinen Ausdrucks (e). Wenn daher ein durch Betrug veranlaßter Vertrag zufällig dem Betrogenen vortheilhaft ist, so bleibt er gültig, obgleich der Ausdruck des Edicts alle solche Verträge für ungültig erklärt (f). Wenn der Minderjährige ohne Curator Prozeß führt und gewinnt, so bleibt das Verfahren gültig (g). Eben so ist ein Ver- gleich über Alimente auch ohne Prätor gültig, wenn da- durch die Lage des Berechtigten unbedingt verbessert wird (h). -- Häufiger aber, und zugleich schwieriger sind die Fälle, da wir den Ausdruck berichtigen, nicht gerade um einen Widerspruch mit dem Grunde zu verhüten, sondern nur um die wahre Gränze der Anwendung zu finden, also damit nicht die Anwendung auf eine unvollständige oder überflüssige Weise geschehe. Für diese Art der Be- richtigung müssen wir besonders darin die Bestätigung suchen, daß wir die Veranlassung des ungenauen Aus- (e) L. 25 de leg. (1. 3.). L. 6 C. eod. (1. 14.). (f) L. 7 § 7 de pactis (2. 14.). L. 30 C. de transact. (2. 4.). (g) L. 2 C. qui legit. pers. (3. 6.). L. 14 C. de proc. (2. 13.). (h) L. 8 § 6 de transact. (2.
15.). Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze. geſchieht dieſes, wenn die buchſtäbliche Auslegung desAusdrucks auf einen Widerſpruch mit dem anerkannten Grunde führen würde. Iſt alſo z. B. ein Rechtsſatz ein- geführt zur Begünſtigung gewiſſer Perſonen, ſo würde jede einzelne Anwendung zu ihrem Schaden mit dem Grunde im Widerſpruch ſtehen, und dieſes muß verhütet werden durch eine einſchränkende Auslegung des zu allge- meinen Ausdrucks (e). Wenn daher ein durch Betrug veranlaßter Vertrag zufällig dem Betrogenen vortheilhaft iſt, ſo bleibt er gültig, obgleich der Ausdruck des Edicts alle ſolche Verträge für ungültig erklärt (f). Wenn der Minderjährige ohne Curator Prozeß führt und gewinnt, ſo bleibt das Verfahren gültig (g). Eben ſo iſt ein Ver- gleich über Alimente auch ohne Prätor gültig, wenn da- durch die Lage des Berechtigten unbedingt verbeſſert wird (h). — Häufiger aber, und zugleich ſchwieriger ſind die Fälle, da wir den Ausdruck berichtigen, nicht gerade um einen Widerſpruch mit dem Grunde zu verhüten, ſondern nur um die wahre Gränze der Anwendung zu finden, alſo damit nicht die Anwendung auf eine unvollſtändige oder überflüſſige Weiſe geſchehe. Für dieſe Art der Be- richtigung müſſen wir beſonders darin die Beſtätigung ſuchen, daß wir die Veranlaſſung des ungenauen Aus- (e) L. 25 de leg. (1. 3.). L. 6 C. eod. (1. 14.). (f) L. 7 § 7 de pactis (2. 14.). L. 30 C. de transact. (2. 4.). (g) L. 2 C. qui legit. pers. (3. 6.). L. 14 C. de proc. (2. 13.). (h) L. 8 § 6 de transact. (2.
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Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze.
geſchieht dieſes, wenn die buchſtäbliche Auslegung des
Ausdrucks auf einen Widerſpruch mit dem anerkannten
Grunde führen würde. Iſt alſo z. B. ein Rechtsſatz ein-
geführt zur Begünſtigung gewiſſer Perſonen, ſo würde
jede einzelne Anwendung zu ihrem Schaden mit dem
Grunde im Widerſpruch ſtehen, und dieſes muß verhütet
werden durch eine einſchränkende Auslegung des zu allge-
meinen Ausdrucks (e). Wenn daher ein durch Betrug
veranlaßter Vertrag zufällig dem Betrogenen vortheilhaft
iſt, ſo bleibt er gültig, obgleich der Ausdruck des Edicts
alle ſolche Verträge für ungültig erklärt (f). Wenn der
Minderjährige ohne Curator Prozeß führt und gewinnt,
ſo bleibt das Verfahren gültig (g). Eben ſo iſt ein Ver-
gleich über Alimente auch ohne Prätor gültig, wenn da-
durch die Lage des Berechtigten unbedingt verbeſſert
wird (h). — Häufiger aber, und zugleich ſchwieriger ſind
die Fälle, da wir den Ausdruck berichtigen, nicht gerade
um einen Widerſpruch mit dem Grunde zu verhüten, ſondern
nur um die wahre Gränze der Anwendung zu finden,
alſo damit nicht die Anwendung auf eine unvollſtändige
oder überflüſſige Weiſe geſchehe. Für dieſe Art der Be-
richtigung müſſen wir beſonders darin die Beſtätigung
ſuchen, daß wir die Veranlaſſung des ungenauen Aus-
(e) L. 25 de leg. (1. 3.). L.
6 C. eod. (1. 14.).
(f) L. 7 § 7 de pactis (2. 14.).
L. 30 C. de transact. (2. 4.).
(g) L. 2 C. qui legit. pers.
(3. 6.). L. 14 C. de proc. (2.
13.).
(h) L. 8 § 6 de transact. (2.
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