findet darin ihre allgemeine Erziehung, und jede ein- zelne Wahrheit, die wir durch diesen Kampf mit dem Irrthum gewinnen, wird in höherem Sinn unser Ei- genthum, und erweist sich uns fruchtbarer, als wenn wir sie leidend und mühelos von Anderen empfangen.
Der erwähnte kritische Character des Werks wird sich nun vorzüglich in folgenden einzelnen Anwendungen zeigen. Zunächst, und recht ausschließend, in den nicht seltenen blos negativen Resultaten einer angestellten Un- tersuchung; mögen diese darin bestehen, daß ein Römi- sches Rechtsinstitut als erstorben, und also unsrem Rechts- zustand fremd, nachgewiesen wird, oder in der Darle- gung der von neueren Juristen in unser Rechtssystem aus Misverstand eingeschobenen grundlosen Begriffe und Lehrmeynungen. Gerade solche Untersuchungen sind es, womit Viele am Wenigsten behelligt und aufgehalten werden möchten. Wer aber Steine aus dem Wege räumt, oder gegen Abwege warnt durch aufgestellte Weg- weiser, der verbessert doch wesentlich den Zustand seiner Nachfolger; mag es auch, wenn solche erlangte Vor- theile durch Gewohnheit befestigt sind, bald vergessen werden, daß es jemals eine Zeit gab, worin hier Schwie- rigkeiten zu bestehen waren.
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Vorrede.
findet darin ihre allgemeine Erziehung, und jede ein- zelne Wahrheit, die wir durch dieſen Kampf mit dem Irrthum gewinnen, wird in höherem Sinn unſer Ei- genthum, und erweiſt ſich uns fruchtbarer, als wenn wir ſie leidend und mühelos von Anderen empfangen.
Der erwähnte kritiſche Character des Werks wird ſich nun vorzüglich in folgenden einzelnen Anwendungen zeigen. Zunächſt, und recht ausſchließend, in den nicht ſeltenen blos negativen Reſultaten einer angeſtellten Un- terſuchung; mögen dieſe darin beſtehen, daß ein Römi- ſches Rechtsinſtitut als erſtorben, und alſo unſrem Rechts- zuſtand fremd, nachgewieſen wird, oder in der Darle- gung der von neueren Juriſten in unſer Rechtsſyſtem aus Misverſtand eingeſchobenen grundloſen Begriffe und Lehrmeynungen. Gerade ſolche Unterſuchungen ſind es, womit Viele am Wenigſten behelligt und aufgehalten werden möchten. Wer aber Steine aus dem Wege räumt, oder gegen Abwege warnt durch aufgeſtellte Weg- weiſer, der verbeſſert doch weſentlich den Zuſtand ſeiner Nachfolger; mag es auch, wenn ſolche erlangte Vor- theile durch Gewohnheit befeſtigt ſind, bald vergeſſen werden, daß es jemals eine Zeit gab, worin hier Schwie- rigkeiten zu beſtehen waren.
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[XXXIII/0039]
Vorrede.
findet darin ihre allgemeine Erziehung, und jede ein-
zelne Wahrheit, die wir durch dieſen Kampf mit dem
Irrthum gewinnen, wird in höherem Sinn unſer Ei-
genthum, und erweiſt ſich uns fruchtbarer, als wenn
wir ſie leidend und mühelos von Anderen empfangen.
Der erwähnte kritiſche Character des Werks wird
ſich nun vorzüglich in folgenden einzelnen Anwendungen
zeigen. Zunächſt, und recht ausſchließend, in den nicht
ſeltenen blos negativen Reſultaten einer angeſtellten Un-
terſuchung; mögen dieſe darin beſtehen, daß ein Römi-
ſches Rechtsinſtitut als erſtorben, und alſo unſrem Rechts-
zuſtand fremd, nachgewieſen wird, oder in der Darle-
gung der von neueren Juriſten in unſer Rechtsſyſtem
aus Misverſtand eingeſchobenen grundloſen Begriffe und
Lehrmeynungen. Gerade ſolche Unterſuchungen ſind es,
womit Viele am Wenigſten behelligt und aufgehalten
werden möchten. Wer aber Steine aus dem Wege
räumt, oder gegen Abwege warnt durch aufgeſtellte Weg-
weiſer, der verbeſſert doch weſentlich den Zuſtand ſeiner
Nachfolger; mag es auch, wenn ſolche erlangte Vor-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. XXXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/39>, abgerufen am 03.12.2024.
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