In früheren Zeiten pflegte man wohl bey der Dar- stellung der einzelnen Rechtsinstitute eine ganz gleichför- mige Weise anzuwenden, wozu vorzugsweise gehörte, daß der Darstellung des Begriffs eine vollständige Angabe aller möglichen Eintheilungen desselben folgen mußte. Manche neuere Schriftsteller haben diese Ein- richtung als unbehülflich und unnütz verworfen, und sich darauf beschränkt, Eintheilungen da bemerklich zu ma- chen, wo sie durch die Aufstellung einzelner Rechtsregeln herbeygeführt werden. Als allgemeine Maxime kann ich weder das eine noch das andere Verfahren billigen, indem ich hierin jede mechanische Gleichförmigkeit ver- werflich finde, sie mag in Thun oder Lassen bestehen. Jede Form ist gut und räthlich, deren Anwendung die klare, gründliche Einsicht in ein Rechtsinstitut fördert, und man soll daher in jedem einzelnen Falle dasjenige thun, was die eigenthümliche Natur desselben erfordert. Wo also der Begriff eines Rechtsinstituts Gegensätze in sich schließt, die in das Wesen desselben tief eingreifen, da kann es wohl zur freyen, vollständigen Handhabung des Begriffs nöthig werden, der allgemeinen Angabe desselben sogleich die Eintheilungen beyzufügen, worin jene Gegensätze ihren Ausdruck finden.
Besondere Sorgfalt wird in dem vorliegenden Werk
Vorrede.
In früheren Zeiten pflegte man wohl bey der Dar- ſtellung der einzelnen Rechtsinſtitute eine ganz gleichför- mige Weiſe anzuwenden, wozu vorzugsweiſe gehörte, daß der Darſtellung des Begriffs eine vollſtändige Angabe aller möglichen Eintheilungen deſſelben folgen mußte. Manche neuere Schriftſteller haben dieſe Ein- richtung als unbehülflich und unnütz verworfen, und ſich darauf beſchränkt, Eintheilungen da bemerklich zu ma- chen, wo ſie durch die Aufſtellung einzelner Rechtsregeln herbeygeführt werden. Als allgemeine Maxime kann ich weder das eine noch das andere Verfahren billigen, indem ich hierin jede mechaniſche Gleichförmigkeit ver- werflich finde, ſie mag in Thun oder Laſſen beſtehen. Jede Form iſt gut und räthlich, deren Anwendung die klare, gründliche Einſicht in ein Rechtsinſtitut fördert, und man ſoll daher in jedem einzelnen Falle dasjenige thun, was die eigenthümliche Natur deſſelben erfordert. Wo alſo der Begriff eines Rechtsinſtituts Gegenſätze in ſich ſchließt, die in das Weſen deſſelben tief eingreifen, da kann es wohl zur freyen, vollſtändigen Handhabung des Begriffs nöthig werden, der allgemeinen Angabe deſſelben ſogleich die Eintheilungen beyzufügen, worin jene Gegenſätze ihren Ausdruck finden.
Beſondere Sorgfalt wird in dem vorliegenden Werk
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[XLII/0048]
Vorrede.
In früheren Zeiten pflegte man wohl bey der Dar-
ſtellung der einzelnen Rechtsinſtitute eine ganz gleichför-
mige Weiſe anzuwenden, wozu vorzugsweiſe gehörte,
daß der Darſtellung des Begriffs eine vollſtändige
Angabe aller möglichen Eintheilungen deſſelben folgen
mußte. Manche neuere Schriftſteller haben dieſe Ein-
richtung als unbehülflich und unnütz verworfen, und ſich
darauf beſchränkt, Eintheilungen da bemerklich zu ma-
chen, wo ſie durch die Aufſtellung einzelner Rechtsregeln
herbeygeführt werden. Als allgemeine Maxime kann
ich weder das eine noch das andere Verfahren billigen,
indem ich hierin jede mechaniſche Gleichförmigkeit ver-
werflich finde, ſie mag in Thun oder Laſſen beſtehen.
Jede Form iſt gut und räthlich, deren Anwendung die
klare, gründliche Einſicht in ein Rechtsinſtitut fördert,
und man ſoll daher in jedem einzelnen Falle dasjenige
thun, was die eigenthümliche Natur deſſelben erfordert.
Wo alſo der Begriff eines Rechtsinſtituts Gegenſätze in
ſich ſchließt, die in das Weſen deſſelben tief eingreifen,
da kann es wohl zur freyen, vollſtändigen Handhabung
des Begriffs nöthig werden, der allgemeinen Angabe
deſſelben ſogleich die Eintheilungen beyzufügen, worin
jene Gegenſätze ihren Ausdruck finden.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. XLII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/48>, abgerufen am 23.11.2024.
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