Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Vorrede. der auf andere Schriftsteller zu weiterer Nachforschungverweisen; keinesweges also habe ich nach einer mate- riellen Vollständigkeit in der Angabe aller einen Ge- genstand behandelnden Schriften gestrebt, auch wenn sie uns keinen namhaften Gewinn darbieten, in welchem Fall es uns ja der Leser wenig Dank weiß, wenn wir ihn durch Anführung solcher Schriften verleiten, seine Zeit an eine unfruchtbare Bekanntschaft zu verschwen- den. Wäre ich in jüngeren Jahren zu dieser Unterneh- mung, gekommen, so würde ich eine erschöpfende Be- nutzung der juristischen Literatur in ganz anderem Sinn versucht haben. Wir finden in derselben zwey große, schwer zu bewältigende, Massen, aus welchen allerdings noch mancher Gewinn zu ziehen seyn möchte; die eine besteht in den Exegeten, von den Glossatoren an, und dann besonders durch die Französische Schule hindurch: die andere in den Praktikern, den Verfassern der zahl- losen Consilien, Responsen u. s. w., gleichfalls von den Glossatoren an gerechnet. Eine erschöpfende Benutzung derselben bey Abfassung eines Rechtssystems, so wie ich sie meyne, würde darin bestehen, daß diese Schriftsteller vollständig durchgelesen würden mit besonderer Rücksicht auf dieses System, das heißt um dasselbe durch sie zu prüfen, zu berichtigen, zu ergänzen, wodurch unzweifel- Vorrede. der auf andere Schriftſteller zu weiterer Nachforſchungverweiſen; keinesweges alſo habe ich nach einer mate- riellen Vollſtändigkeit in der Angabe aller einen Ge- genſtand behandelnden Schriften geſtrebt, auch wenn ſie uns keinen namhaften Gewinn darbieten, in welchem Fall es uns ja der Leſer wenig Dank weiß, wenn wir ihn durch Anführung ſolcher Schriften verleiten, ſeine Zeit an eine unfruchtbare Bekanntſchaft zu verſchwen- den. Wäre ich in jüngeren Jahren zu dieſer Unterneh- mung, gekommen, ſo würde ich eine erſchöpfende Be- nutzung der juriſtiſchen Literatur in ganz anderem Sinn verſucht haben. Wir finden in derſelben zwey große, ſchwer zu bewältigende, Maſſen, aus welchen allerdings noch mancher Gewinn zu ziehen ſeyn möchte; die eine beſteht in den Exegeten, von den Gloſſatoren an, und dann beſonders durch die Franzöſiſche Schule hindurch: die andere in den Praktikern, den Verfaſſern der zahl- loſen Conſilien, Reſponſen u. ſ. w., gleichfalls von den Gloſſatoren an gerechnet. Eine erſchöpfende Benutzung derſelben bey Abfaſſung eines Rechtsſyſtems, ſo wie ich ſie meyne, würde darin beſtehen, daß dieſe Schriftſteller vollſtändig durchgeleſen würden mit beſonderer Rückſicht auf dieſes Syſtem, das heißt um daſſelbe durch ſie zu prüfen, zu berichtigen, zu ergänzen, wodurch unzweifel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="XLVI"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> der auf andere Schriftſteller zu weiterer Nachforſchung<lb/> verweiſen; keinesweges alſo habe ich nach einer mate-<lb/> riellen Vollſtändigkeit in der Angabe aller einen Ge-<lb/> genſtand behandelnden Schriften geſtrebt, auch wenn ſie<lb/> uns keinen namhaften Gewinn darbieten, in welchem<lb/> Fall es uns ja der Leſer wenig Dank weiß, wenn wir<lb/> ihn durch Anführung ſolcher Schriften verleiten, ſeine<lb/> Zeit an eine unfruchtbare Bekanntſchaft zu verſchwen-<lb/> den. Wäre ich in jüngeren Jahren zu dieſer Unterneh-<lb/> mung, gekommen, ſo würde ich eine erſchöpfende Be-<lb/> nutzung der juriſtiſchen Literatur in ganz anderem Sinn<lb/> verſucht haben. Wir finden in derſelben zwey große,<lb/> ſchwer zu bewältigende, Maſſen, aus welchen allerdings<lb/> noch mancher Gewinn zu ziehen ſeyn möchte; die eine<lb/> beſteht in den Exegeten, von den Gloſſatoren an, und<lb/> dann beſonders durch die Franzöſiſche Schule hindurch:<lb/> die andere in den Praktikern, den Verfaſſern der zahl-<lb/> loſen Conſilien, Reſponſen u. ſ. w., gleichfalls von den<lb/> Gloſſatoren an gerechnet. Eine erſchöpfende Benutzung<lb/> derſelben bey Abfaſſung eines Rechtsſyſtems, ſo wie ich<lb/> ſie meyne, würde darin beſtehen, daß dieſe Schriftſteller<lb/> vollſtändig durchgeleſen würden mit beſonderer Rückſicht<lb/> auf dieſes Syſtem, das heißt um daſſelbe durch ſie zu<lb/> prüfen, zu berichtigen, zu ergänzen, wodurch unzweifel-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [XLVI/0052]
Vorrede.
der auf andere Schriftſteller zu weiterer Nachforſchung
verweiſen; keinesweges alſo habe ich nach einer mate-
riellen Vollſtändigkeit in der Angabe aller einen Ge-
genſtand behandelnden Schriften geſtrebt, auch wenn ſie
uns keinen namhaften Gewinn darbieten, in welchem
Fall es uns ja der Leſer wenig Dank weiß, wenn wir
ihn durch Anführung ſolcher Schriften verleiten, ſeine
Zeit an eine unfruchtbare Bekanntſchaft zu verſchwen-
den. Wäre ich in jüngeren Jahren zu dieſer Unterneh-
mung, gekommen, ſo würde ich eine erſchöpfende Be-
nutzung der juriſtiſchen Literatur in ganz anderem Sinn
verſucht haben. Wir finden in derſelben zwey große,
ſchwer zu bewältigende, Maſſen, aus welchen allerdings
noch mancher Gewinn zu ziehen ſeyn möchte; die eine
beſteht in den Exegeten, von den Gloſſatoren an, und
dann beſonders durch die Franzöſiſche Schule hindurch:
die andere in den Praktikern, den Verfaſſern der zahl-
loſen Conſilien, Reſponſen u. ſ. w., gleichfalls von den
Gloſſatoren an gerechnet. Eine erſchöpfende Benutzung
derſelben bey Abfaſſung eines Rechtsſyſtems, ſo wie ich
ſie meyne, würde darin beſtehen, daß dieſe Schriftſteller
vollſtändig durchgeleſen würden mit beſonderer Rückſicht
auf dieſes Syſtem, das heißt um daſſelbe durch ſie zu
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