Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.§. 72. Anomalische Rechte. Lebensversorgung. capitis deminutio sie nicht zerstört haben kann (ff). Ebenso ist kein Zweifel, daß auch der Vater gegen seinen filius- familias diese Klage hat, wenn dieser ein castrense pecu- lium, oder ein sogenanntes adventitium extraordinarium besitzt. -- Es wird nicht ausdrücklich gesagt, daß die Klage in bonum et aequum concepta sey, in der That aber ist sie es, weil der Richter unvermeidlich mit viel freyerem Ermessen, als bey den meisten anderen Klagen, den Um- fang des Bedürfnisses und der Zahlungsfähigkeit festzustel- len hat (gg). -- Übrigens ist noch zu bemerken, daß der Begriff der Alimente hier eine weit freyere Ausdehnung erhält, als bey dem Legat von Alimenten (Note b), und namentlich auch die geistige Ausbildung in sich schließt (hh). Dafür ist aber auch hier die Anomalie selbst weit be- schränkter, indem hier nur die väterliche Gewalt und die minima capitis deminutio, bey dem Alimentenlegat aber sogar der Sklavenstand und die maxima capitis deminutio kein Hinderniß des Rechts seyn soll. E. Die Klage der Tochter gegen den Vater auf Dotation(ii). Auch hier ist die Abhängigkeit von väterlicher Gewalt (ff) L. 5 § 1 de agnoscendis (25. 3.). (gg) L. 5 § 2. 7. 10 de agnosc. (25. 3.). Es heißt hier, mit wenig abweichendem Ausdruck, ex ae- quitate haec res descendit. Das freye Ermessen ist hier sehr ähnlich dem in der funeraria actio, welche jedoch nicht in bonum et ae- quum concepta war. Vgl. § 71 Note i. -- Wahrscheinlich war je- doch die Alimentenklage überhaupt kein ordinarium judicium, son- dern eine extraordinaria cogni- tio vor dem magistratus. Zeit- schrift für geschichtl. Rechtswiss. B. 6. S. 238. (hh) L. 5 § 12 de agnosc. (25. 3.). (ii) L. 19 de ritu nupt. (23. 2.).
§. 72. Anomaliſche Rechte. Lebensverſorgung. capitis deminutio ſie nicht zerſtoͤrt haben kann (ff). Ebenſo iſt kein Zweifel, daß auch der Vater gegen ſeinen filius- familias dieſe Klage hat, wenn dieſer ein castrense pecu- lium, oder ein ſogenanntes adventitium extraordinarium beſitzt. — Es wird nicht ausdrücklich geſagt, daß die Klage in bonum et aequum concepta ſey, in der That aber iſt ſie es, weil der Richter unvermeidlich mit viel freyerem Ermeſſen, als bey den meiſten anderen Klagen, den Um- fang des Bedürfniſſes und der Zahlungsfähigkeit feſtzuſtel- len hat (gg). — Übrigens iſt noch zu bemerken, daß der Begriff der Alimente hier eine weit freyere Ausdehnung erhält, als bey dem Legat von Alimenten (Note b), und namentlich auch die geiſtige Ausbildung in ſich ſchließt (hh). Dafür iſt aber auch hier die Anomalie ſelbſt weit be- ſchränkter, indem hier nur die väterliche Gewalt und die minima capitis deminutio, bey dem Alimentenlegat aber ſogar der Sklavenſtand und die maxima capitis deminutio kein Hinderniß des Rechts ſeyn ſoll. E. Die Klage der Tochter gegen den Vater auf Dotation(ii). Auch hier iſt die Abhängigkeit von väterlicher Gewalt (ff) L. 5 § 1 de agnoscendis (25. 3.). (gg) L. 5 § 2. 7. 10 de agnosc. (25. 3.). Es heißt hier, mit wenig abweichendem Ausdruck, ex ae- quitate haec res descendit. Das freye Ermeſſen iſt hier ſehr ähnlich dem in der funeraria actio, welche jedoch nicht in bonum et ae- quum concepta war. Vgl. § 71 Note i. — Wahrſcheinlich war je- doch die Alimentenklage überhaupt kein ordinarium judicium, ſon- dern eine extraordinaria cogni- tio vor dem magistratus. Zeit- ſchrift für geſchichtl. Rechtswiſſ. B. 6. S. 238. (hh) L. 5 § 12 de agnosc. (25. 3.). (ii) L. 19 de ritu nupt. (23. 2.).
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ſo iſt kein Zweifel, daß auch der Vater gegen ſeinen filius-
familias dieſe Klage hat, wenn dieſer ein castrense pecu-
lium, oder ein ſogenanntes adventitium extraordinarium
beſitzt. — Es wird nicht ausdrücklich geſagt, daß die Klage
in bonum et aequum concepta ſey, in der That aber iſt
ſie es, weil der Richter unvermeidlich mit viel freyerem
Ermeſſen, als bey den meiſten anderen Klagen, den Um-
fang des Bedürfniſſes und der Zahlungsfähigkeit feſtzuſtel-
len hat (gg). — Übrigens iſt noch zu bemerken, daß der
Begriff der Alimente hier eine weit freyere Ausdehnung
erhält, als bey dem Legat von Alimenten (Note b), und
namentlich auch die geiſtige Ausbildung in ſich ſchließt (hh).
Dafür iſt aber auch hier die Anomalie ſelbſt weit be-
ſchränkter, indem hier nur die väterliche Gewalt und die
minima capitis deminutio, bey dem Alimentenlegat aber
ſogar der Sklavenſtand und die maxima capitis deminutio
kein Hinderniß des Rechts ſeyn ſoll.
E. Die Klage der Tochter gegen den Vater
auf Dotation (ii).
Auch hier iſt die Abhängigkeit von väterlicher Gewalt
(ff) L. 5 § 1 de agnoscendis
(25. 3.).
(gg) L. 5 § 2. 7. 10 de agnosc.
(25. 3.). Es heißt hier, mit wenig
abweichendem Ausdruck, ex ae-
quitate haec res descendit. Das
freye Ermeſſen iſt hier ſehr ähnlich
dem in der funeraria actio, welche
jedoch nicht in bonum et ae-
quum concepta war. Vgl. § 71
Note i. — Wahrſcheinlich war je-
doch die Alimentenklage überhaupt
kein ordinarium judicium, ſon-
dern eine extraordinaria cogni-
tio vor dem magistratus. Zeit-
ſchrift für geſchichtl. Rechtswiſſ.
B. 6. S. 238.
(hh) L. 5 § 12 de agnosc.
(25. 3.).
(ii) L. 19 de ritu nupt. (23. 2.).
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/133>, abgerufen am 16.02.2025. |