Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. That ein Gewohnheitsrecht gebildet, welches man seit meh-reren Jahrhunderten als allgemein anerkannt betrachten darf. Es wird nämlich der Tod des Verschollenen ver- muthet, wenn seit der erweislichen Geburt desselben Sie- benzig Jahre verflossen sind, zu welcher Vermuthung die Stelle der Psalmen (XC. 10): Unser Leben währet Siebenzig Jahr, Veranlassung gegeben hat (a). War der Verschollene schon Siebenzig Jahre alt zur Zeit sei- ner Entfernung, so pflegt man Fünf Jahre nach der Ent- fernung den Tod anzunehmen (b). Dieses ist die natür- liche und consequente Anwendung jener Regel, indem nun die Entstehung einer Vermuthung überhaupt, und der Zeit- punkt auf den diese Vermuthung hinweist, ganz zusammen fallen. Manche haben ohne Grund Beides dergestalt tren- nen wollen, daß der Tod zwar erst zu vermuthen sey nach Ablauf des Siebenzigsten Lebensjahres, daß aber bey dem Eintritt dieser Bedingung angenommen werde, der Ver- schollene sey nicht erst jetzt verstorben, sondern schon im Augenblick seiner Entfernung, oder (wie Andere wollen) zu der Zeit, als für sein Vermögen ein Curator ernannt wurde (c). Umgekehrt wollen Andere den Tod annehmen, (a) Lauterbach V. 3 § 24. Leyser Spec. 96. Glück B. 7 § 562. B. 33 § 1397 c. Hof- acker T. 2 § 1682. Heise und Cropp juristische Abhandlungen B. 2 Num. IV. (S. 118). -- Bey diesen Schriftstellern finden sich viele Andere aus verschiedenen Zeiten angeführt. (b) Glück a. a. O. (c) Glück a. a. O., Heise
und Cropp a. a. O. -- Die Frage kommt hauptsächlich vor bey der Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. That ein Gewohnheitsrecht gebildet, welches man ſeit meh-reren Jahrhunderten als allgemein anerkannt betrachten darf. Es wird nämlich der Tod des Verſchollenen ver- muthet, wenn ſeit der erweislichen Geburt deſſelben Sie- benzig Jahre verfloſſen ſind, zu welcher Vermuthung die Stelle der Pſalmen (XC. 10): Unſer Leben währet Siebenzig Jahr, Veranlaſſung gegeben hat (a). War der Verſchollene ſchon Siebenzig Jahre alt zur Zeit ſei- ner Entfernung, ſo pflegt man Fünf Jahre nach der Ent- fernung den Tod anzunehmen (b). Dieſes iſt die natür- liche und conſequente Anwendung jener Regel, indem nun die Entſtehung einer Vermuthung überhaupt, und der Zeit- punkt auf den dieſe Vermuthung hinweiſt, ganz zuſammen fallen. Manche haben ohne Grund Beides dergeſtalt tren- nen wollen, daß der Tod zwar erſt zu vermuthen ſey nach Ablauf des Siebenzigſten Lebensjahres, daß aber bey dem Eintritt dieſer Bedingung angenommen werde, der Ver- ſchollene ſey nicht erſt jetzt verſtorben, ſondern ſchon im Augenblick ſeiner Entfernung, oder (wie Andere wollen) zu der Zeit, als für ſein Vermögen ein Curator ernannt wurde (c). Umgekehrt wollen Andere den Tod annehmen, (a) Lauterbach V. 3 § 24. Leyser Spec. 96. Glück B. 7 § 562. B. 33 § 1397 c. Hof- acker T. 2 § 1682. Heiſe und Cropp juriſtiſche Abhandlungen B. 2 Num. IV. (S. 118). — Bey dieſen Schriftſtellern finden ſich viele Andere aus verſchiedenen Zeiten angeführt. (b) Glück a. a. O. (c) Glück a. a. O., Heiſe
und Cropp a. a. O. — Die Frage kommt hauptſächlich vor bey der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0032" n="18"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/> That ein Gewohnheitsrecht gebildet, welches man ſeit meh-<lb/> reren Jahrhunderten als allgemein anerkannt betrachten<lb/> darf. Es wird nämlich der Tod des Verſchollenen ver-<lb/> muthet, wenn ſeit der erweislichen Geburt deſſelben Sie-<lb/> benzig Jahre verfloſſen ſind, zu welcher Vermuthung die<lb/> Stelle der Pſalmen (<hi rendition="#aq">XC.</hi> 10): <hi rendition="#g">Unſer Leben währet<lb/> Siebenzig Jahr</hi>, Veranlaſſung gegeben hat <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Lauterbach</hi> V. 3 § 24.<lb/><hi rendition="#k">Leyser</hi> Spec.</hi> 96. <hi rendition="#g">Glück</hi> B. 7<lb/> § 562. B. 33 § 1397 <hi rendition="#aq">c. <hi rendition="#k">Hof-<lb/> acker</hi> T.</hi> 2 § 1682. <hi rendition="#g">Heiſe</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Cropp</hi> juriſtiſche Abhandlungen<lb/> B. 2 Num. <hi rendition="#aq">IV.</hi> (S. 118). — Bey<lb/> dieſen Schriftſtellern finden ſich<lb/> viele Andere aus verſchiedenen<lb/> Zeiten angeführt.</note>. War<lb/> der Verſchollene ſchon Siebenzig Jahre alt zur Zeit ſei-<lb/> ner Entfernung, ſo pflegt man Fünf Jahre nach der Ent-<lb/> fernung den Tod anzunehmen <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#g">Glück</hi> a. a. O.</note>. Dieſes iſt die natür-<lb/> liche und conſequente Anwendung jener Regel, indem nun<lb/> die Entſtehung einer Vermuthung überhaupt, und der Zeit-<lb/> punkt auf den dieſe Vermuthung hinweiſt, ganz zuſammen<lb/> fallen. Manche haben ohne Grund Beides dergeſtalt tren-<lb/> nen wollen, daß der Tod zwar erſt zu vermuthen ſey nach<lb/> Ablauf des Siebenzigſten Lebensjahres, daß aber bey dem<lb/> Eintritt dieſer Bedingung angenommen werde, der Ver-<lb/> ſchollene ſey nicht erſt jetzt verſtorben, ſondern ſchon im<lb/> Augenblick ſeiner Entfernung, oder (wie Andere wollen)<lb/> zu der Zeit, als für ſein Vermögen ein Curator ernannt<lb/> wurde <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="(c)"><hi rendition="#g">Glück</hi> a. a. O., <hi rendition="#g">Heiſe</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Cropp</hi> a. a. O. — Die Frage<lb/> kommt hauptſächlich vor bey der</note>. Umgekehrt wollen Andere den Tod annehmen,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0032]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
That ein Gewohnheitsrecht gebildet, welches man ſeit meh-
reren Jahrhunderten als allgemein anerkannt betrachten
darf. Es wird nämlich der Tod des Verſchollenen ver-
muthet, wenn ſeit der erweislichen Geburt deſſelben Sie-
benzig Jahre verfloſſen ſind, zu welcher Vermuthung die
Stelle der Pſalmen (XC. 10): Unſer Leben währet
Siebenzig Jahr, Veranlaſſung gegeben hat (a). War
der Verſchollene ſchon Siebenzig Jahre alt zur Zeit ſei-
ner Entfernung, ſo pflegt man Fünf Jahre nach der Ent-
fernung den Tod anzunehmen (b). Dieſes iſt die natür-
liche und conſequente Anwendung jener Regel, indem nun
die Entſtehung einer Vermuthung überhaupt, und der Zeit-
punkt auf den dieſe Vermuthung hinweiſt, ganz zuſammen
fallen. Manche haben ohne Grund Beides dergeſtalt tren-
nen wollen, daß der Tod zwar erſt zu vermuthen ſey nach
Ablauf des Siebenzigſten Lebensjahres, daß aber bey dem
Eintritt dieſer Bedingung angenommen werde, der Ver-
ſchollene ſey nicht erſt jetzt verſtorben, ſondern ſchon im
Augenblick ſeiner Entfernung, oder (wie Andere wollen)
zu der Zeit, als für ſein Vermögen ein Curator ernannt
wurde (c). Umgekehrt wollen Andere den Tod annehmen,
(a) Lauterbach V. 3 § 24.
Leyser Spec. 96. Glück B. 7
§ 562. B. 33 § 1397 c. Hof-
acker T. 2 § 1682. Heiſe und
Cropp juriſtiſche Abhandlungen
B. 2 Num. IV. (S. 118). — Bey
dieſen Schriftſtellern finden ſich
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Zeiten angeführt.
(b) Glück a. a. O.
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