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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage VI.

Mit dieser Worterklärung von caput stimmt völlig
überein die oben (Num. XII.) angeführte Stelle der In-
stitutionen, worin von dem Freygelassenen, in Beziehung
auf seinen früheren Sklavenstand, gesagt wird: nullum
caput habuit.
Sehr natürlich, weil in den censorischen
Listen die Sklaven als Personen gewiß nicht aufgeführt
seyn konnten. Nur scheinbar damit ähnlich, im Wesen
verschieden, ist der Ausdruck, welcher für denselben Fall
von Paulus und Modestin gebraucht wird:

L. 3 § 1 de cap. min. (4. 5.). Aliter atque cum ser-
vus manumittitur: quia servile caput nullum jus ha-
het
, ideo nec minui potest.
L. 4 eod. Hodie enim incipit statum habere.

Bey Paulus bezeichnet nun offenbar caput den Men-
schen, und servile caput heißt ihm ein Mensch, welcher
Sklave ist. Diesem bestreitet er die Möglichkeit einer Ca-
pitis deminutio
nicht deswegen, weil er kein caput habe
(denn so nennt er ihn ja geradezu), sondern weil er recht-
los sey, also Nichts verlieren, nicht heruntergesetzt wer-
den könne. In demselben Sinn spricht dem Sklaven in
der zweyten Stelle Modestin den Status ab (Num. VIII. a).

Man könnte hinzusetzen einen sol-
chen Vermögensverlust, wodurch
Einer in eine geringere Klasse
kam. Ganz besonders aber ge-
hört dahin die Infamie, bey wel-
cher der unter den Kaisern ver-
änderte Sprachgebrauch unmittel-
bar erweislich ist (§ 81). -- Die
im Text behauptete Beschränkung
der capitis deminutio auf die
Verminderung privatrechtli-
cher
Rechtsfähigkeit steht im con-
sequentesten Zusammenhang mit
der ganz ähnlichen Beschränkung
des Ausdrucks Status (s. oben
Num. V.).
Beylage VI.

Mit dieſer Worterklärung von caput ſtimmt völlig
überein die oben (Num. XII.) angeführte Stelle der In-
ſtitutionen, worin von dem Freygelaſſenen, in Beziehung
auf ſeinen früheren Sklavenſtand, geſagt wird: nullum
caput habuit.
Sehr natürlich, weil in den cenſoriſchen
Liſten die Sklaven als Perſonen gewiß nicht aufgeführt
ſeyn konnten. Nur ſcheinbar damit ähnlich, im Weſen
verſchieden, iſt der Ausdruck, welcher für denſelben Fall
von Paulus und Modeſtin gebraucht wird:

L. 3 § 1 de cap. min. (4. 5.). Aliter atque cum ser-
vus manumittitur: quia servile caput nullum jus ha-
het
, ideo nec minui potest.
L. 4 eod. Hodie enim incipit statum habere.

Bey Paulus bezeichnet nun offenbar caput den Men-
ſchen, und servile caput heißt ihm ein Menſch, welcher
Sklave iſt. Dieſem beſtreitet er die Möglichkeit einer Ca-
pitis deminutio
nicht deswegen, weil er kein caput habe
(denn ſo nennt er ihn ja geradezu), ſondern weil er recht-
los ſey, alſo Nichts verlieren, nicht heruntergeſetzt wer-
den könne. In demſelben Sinn ſpricht dem Sklaven in
der zweyten Stelle Modeſtin den Status ab (Num. VIII. a).

Man könnte hinzuſetzen einen ſol-
chen Vermögensverluſt, wodurch
Einer in eine geringere Klaſſe
kam. Ganz beſonders aber ge-
hört dahin die Infamie, bey wel-
cher der unter den Kaiſern ver-
änderte Sprachgebrauch unmittel-
bar erweislich iſt (§ 81). — Die
im Text behauptete Beſchränkung
der capitis deminutio auf die
Verminderung privatrechtli-
cher
Rechtsfähigkeit ſteht im con-
ſequenteſten Zuſammenhang mit
der ganz ähnlichen Beſchränkung
des Ausdrucks Status (ſ. oben
Num. V.).
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[486/0500] Beylage VI. Mit dieſer Worterklärung von caput ſtimmt völlig überein die oben (Num. XII.) angeführte Stelle der In- ſtitutionen, worin von dem Freygelaſſenen, in Beziehung auf ſeinen früheren Sklavenſtand, geſagt wird: nullum caput habuit. Sehr natürlich, weil in den cenſoriſchen Liſten die Sklaven als Perſonen gewiß nicht aufgeführt ſeyn konnten. Nur ſcheinbar damit ähnlich, im Weſen verſchieden, iſt der Ausdruck, welcher für denſelben Fall von Paulus und Modeſtin gebraucht wird: L. 3 § 1 de cap. min. (4. 5.). Aliter atque cum ser- vus manumittitur: quia servile caput nullum jus ha- het, ideo nec minui potest. L. 4 eod. Hodie enim incipit statum habere. Bey Paulus bezeichnet nun offenbar caput den Men- ſchen, und servile caput heißt ihm ein Menſch, welcher Sklave iſt. Dieſem beſtreitet er die Möglichkeit einer Ca- pitis deminutio nicht deswegen, weil er kein caput habe (denn ſo nennt er ihn ja geradezu), ſondern weil er recht- los ſey, alſo Nichts verlieren, nicht heruntergeſetzt wer- den könne. In demſelben Sinn ſpricht dem Sklaven in der zweyten Stelle Modeſtin den Status ab (Num. VIII. a). (d) (d) Man könnte hinzuſetzen einen ſol- chen Vermögensverluſt, wodurch Einer in eine geringere Klaſſe kam. Ganz beſonders aber ge- hört dahin die Infamie, bey wel- cher der unter den Kaiſern ver- änderte Sprachgebrauch unmittel- bar erweislich iſt (§ 81). — Die im Text behauptete Beſchränkung der capitis deminutio auf die Verminderung privatrechtli- cher Rechtsfähigkeit ſteht im con- ſequenteſten Zuſammenhang mit der ganz ähnlichen Beſchränkung des Ausdrucks Status (ſ. oben Num. V.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/500>, abgerufen am 22.11.2024.