Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Status und Capitis deminutio. späterer Zeit eingetretene Umbildung vollkommen bestä-tigt (c). Wurde nun in jener Liste bey dem Namen eines Römers eine solche Veränderung eingetragen, weil das Individuum juris deterioris geworden, so war das eine deminutio capitis. Dahin gehörten also namentlich die Fälle, wenn der bisherige Bürger wegen verlorner Frey- heit oder Civität ganz ausgestrichen wurde; eben so, wenn der paterfamilias arrogirt war, und nun als Sohn eines Andern eingetragen werden mußte. -- Diese Erklärung halte ich an sich für befriedigend, und ich muß nur noch auch hier wieder ergänzend hinzusetzen: vorausgesetzt, daß jene vermerkte nachtheilige Veränderung mit einer Vermin- derung der Rechtsfähigkeit verknüpft war. Wenigstens vom Standpunkt der Römischen Juristen aus, in einer Zeit worin das Privatrecht so sehr überwiegend gewor- den, das öffentliche so sehr zurückgetreten war, muß ich dieses behaupten: womit sehr wohl die Annahme bestehen könnte, daß zur Zeit der Republik auch manche blos po- litische Herabsetzung, selbst wenn dieselbe keinen Einfluß auf die privatrechtliche Fähigkeit hatte, den Namen der Capitis deminutio geführt haben möchte (d). (c) In der Steuerverfässung der Kaiserzeit hieß caput eine Steuerhufe, d. h. jedes in die Kataster eingetragene Ganze von Grundstücken, wovon ein Sim- plum entrichtet werden mußte: also auch wieder, wie in jener frühesten Zeit, ein einzelner Ab- schnitt der Steuerrolle, denn die alte Römische Bürgerliste war ja zugleich Steuerrolle. Vgl. Zeit- schrift für geschichtliche Rechtswis- senschaft B. 6 S. 323. 377. (d) Als Beyspiele nennt Nie-
buhr die Verwandlung eines Ple- bejers in einen Ärarius (Verlust der Tribus), und die Versetzung in eine tribus minus honesta. Status und Capitis deminutio. ſpäterer Zeit eingetretene Umbildung vollkommen beſtä-tigt (c). Wurde nun in jener Liſte bey dem Namen eines Roͤmers eine ſolche Veränderung eingetragen, weil das Individuum juris deterioris geworden, ſo war das eine deminutio capitis. Dahin gehörten alſo namentlich die Fälle, wenn der bisherige Bürger wegen verlorner Frey- heit oder Civität ganz ausgeſtrichen wurde; eben ſo, wenn der paterfamilias arrogirt war, und nun als Sohn eines Andern eingetragen werden mußte. — Dieſe Erklärung halte ich an ſich für befriedigend, und ich muß nur noch auch hier wieder ergänzend hinzuſetzen: vorausgeſetzt, daß jene vermerkte nachtheilige Veränderung mit einer Vermin- derung der Rechtsfähigkeit verknüpft war. Wenigſtens vom Standpunkt der Römiſchen Juriſten aus, in einer Zeit worin das Privatrecht ſo ſehr überwiegend gewor- den, das öffentliche ſo ſehr zurückgetreten war, muß ich dieſes behaupten: womit ſehr wohl die Annahme beſtehen könnte, daß zur Zeit der Republik auch manche blos po- litiſche Herabſetzung, ſelbſt wenn dieſelbe keinen Einfluß auf die privatrechtliche Fähigkeit hatte, den Namen der Capitis deminutio geführt haben möchte (d). (c) In der Steuerverfäſſung der Kaiſerzeit hieß caput eine Steuerhufe, d. h. jedes in die Kataſter eingetragene Ganze von Grundſtücken, wovon ein Sim- plum entrichtet werden mußte: alſo auch wieder, wie in jener früheſten Zeit, ein einzelner Ab- ſchnitt der Steuerrolle, denn die alte Römiſche Bürgerliſte war ja zugleich Steuerrolle. Vgl. Zeit- ſchrift für geſchichtliche Rechtswiſ- ſenſchaft B. 6 S. 323. 377. (d) Als Beyſpiele nennt Nie-
buhr die Verwandlung eines Ple- bejers in einen Ärarius (Verluſt der Tribus), und die Verſetzung in eine tribus minus honesta. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0499" n="485"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Status</hi> und <hi rendition="#aq">Capitis deminutio.</hi></fw><lb/> ſpäterer Zeit eingetretene Umbildung vollkommen beſtä-<lb/> tigt <note place="foot" n="(c)">In der Steuerverfäſſung<lb/> der Kaiſerzeit hieß <hi rendition="#aq">caput</hi> eine<lb/> Steuerhufe, d. h. jedes in die<lb/> Kataſter eingetragene Ganze von<lb/> Grundſtücken, wovon ein Sim-<lb/> plum entrichtet werden mußte:<lb/> alſo auch wieder, wie in jener<lb/> früheſten Zeit, ein einzelner Ab-<lb/> ſchnitt der Steuerrolle, denn die<lb/> alte Römiſche Bürgerliſte war ja<lb/> zugleich Steuerrolle. Vgl. Zeit-<lb/> ſchrift für geſchichtliche Rechtswiſ-<lb/> ſenſchaft B. 6 S. 323. 377.</note>. Wurde nun in jener Liſte bey dem Namen eines<lb/> Roͤmers eine ſolche Veränderung eingetragen, weil das<lb/> Individuum <hi rendition="#aq">juris deterioris</hi> geworden, ſo war das eine<lb/><hi rendition="#aq">deminutio capitis.</hi> Dahin gehörten alſo namentlich die<lb/> Fälle, wenn der bisherige Bürger wegen verlorner Frey-<lb/> heit oder Civität ganz ausgeſtrichen wurde; eben ſo, wenn<lb/> der <hi rendition="#aq">paterfamilias</hi> arrogirt war, und nun als Sohn eines<lb/> Andern eingetragen werden mußte. — Dieſe Erklärung<lb/> halte ich an ſich für befriedigend, und ich muß nur noch<lb/> auch hier wieder ergänzend hinzuſetzen: vorausgeſetzt, daß<lb/> jene vermerkte nachtheilige Veränderung mit einer Vermin-<lb/> derung der Rechtsfähigkeit verknüpft war. Wenigſtens<lb/> vom Standpunkt der Römiſchen Juriſten aus, in einer<lb/> Zeit worin das Privatrecht ſo ſehr überwiegend gewor-<lb/> den, das öffentliche ſo ſehr zurückgetreten war, muß ich<lb/> dieſes behaupten: womit ſehr wohl die Annahme beſtehen<lb/> könnte, daß zur Zeit der Republik auch manche blos po-<lb/> litiſche Herabſetzung, ſelbſt wenn dieſelbe keinen Einfluß<lb/> auf die privatrechtliche Fähigkeit hatte, den Namen der<lb/><hi rendition="#aq">Capitis deminutio</hi> geführt haben möchte <note xml:id="seg2pn_83_1" next="#seg2pn_83_2" place="foot" n="(d)">Als Beyſpiele nennt Nie-<lb/> buhr die Verwandlung eines Ple-<lb/> bejers in einen Ärarius (Verluſt<lb/> der Tribus), und die Verſetzung<lb/> in eine <hi rendition="#aq">tribus minus honesta.</hi></note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [485/0499]
Status und Capitis deminutio.
ſpäterer Zeit eingetretene Umbildung vollkommen beſtä-
tigt (c). Wurde nun in jener Liſte bey dem Namen eines
Roͤmers eine ſolche Veränderung eingetragen, weil das
Individuum juris deterioris geworden, ſo war das eine
deminutio capitis. Dahin gehörten alſo namentlich die
Fälle, wenn der bisherige Bürger wegen verlorner Frey-
heit oder Civität ganz ausgeſtrichen wurde; eben ſo, wenn
der paterfamilias arrogirt war, und nun als Sohn eines
Andern eingetragen werden mußte. — Dieſe Erklärung
halte ich an ſich für befriedigend, und ich muß nur noch
auch hier wieder ergänzend hinzuſetzen: vorausgeſetzt, daß
jene vermerkte nachtheilige Veränderung mit einer Vermin-
derung der Rechtsfähigkeit verknüpft war. Wenigſtens
vom Standpunkt der Römiſchen Juriſten aus, in einer
Zeit worin das Privatrecht ſo ſehr überwiegend gewor-
den, das öffentliche ſo ſehr zurückgetreten war, muß ich
dieſes behaupten: womit ſehr wohl die Annahme beſtehen
könnte, daß zur Zeit der Republik auch manche blos po-
litiſche Herabſetzung, ſelbſt wenn dieſelbe keinen Einfluß
auf die privatrechtliche Fähigkeit hatte, den Namen der
Capitis deminutio geführt haben möchte (d).
(c) In der Steuerverfäſſung
der Kaiſerzeit hieß caput eine
Steuerhufe, d. h. jedes in die
Kataſter eingetragene Ganze von
Grundſtücken, wovon ein Sim-
plum entrichtet werden mußte:
alſo auch wieder, wie in jener
früheſten Zeit, ein einzelner Ab-
ſchnitt der Steuerrolle, denn die
alte Römiſche Bürgerliſte war ja
zugleich Steuerrolle. Vgl. Zeit-
ſchrift für geſchichtliche Rechtswiſ-
ſenſchaft B. 6 S. 323. 377.
(d) Als Beyſpiele nennt Nie-
buhr die Verwandlung eines Ple-
bejers in einen Ärarius (Verluſt
der Tribus), und die Verſetzung
in eine tribus minus honesta.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |