§. 66. Einschränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
turales obligationes, sondern auch civiles, das heißt durch Klagrecht geschützte. Wahrscheinlich war es das gerade bey den Obligationen besonders fühlbare Bedürfniß des lebendigen Verkehrs mit befreundeten Nachbarvölkern, wo- durch die Entwicklung dieser Rechtsregeln veranlaßt wurde. Der Ubergang zu diesem stärkeren Grade der Rechtsfähig- keit wurde dadurch vermittelt, daß man bey den Peregri- nen die Civität fingirte, und so ihre Klagen als actiones fictitiae den Klagen der Römischen Bürger anschloß (h).
Die neuere Eintheilung besteht aus folgenden drey Gliedern: Alle Menschen sind entweder Cives, oder La- tini, oder Peregrini; sie setzt also eine dritte Klasse in die Mitte zwischen die beiden Klassen der älteren Eintheilung. Die praktische Bedeutung derselben für die Rechtsfähig- keit war folgende. Der Zustand der Cives und der Pe- regrinen war unverändert, wie in der älteren Eintheilung, geblieben. Die Latinen aber sollten eine halbe Civität haben, Commercium ohne Connubium. Durch die Theil- nahme am Commercium sollten sie der ersten Klasse ver- wandt seyn, durch den Mangel des Connubium der zwey- ten. Dieses Alles jedoch mit Vorbehalt von Privilegien, wodurch einzelne Mitglieder der zweyten oder dritten Klasse eine höhere Fähigkeit erhalten konnten, als ihnen nach der Regel ihrer Klasse zukam (i). Die Bedeutung dieser Pri-
(h)Gajus IV. § 37.
(i)Ulpian. V. § 4. "Connu- bium habent cives Romani cum civibus Romanis: cum Latinis autem et peregrinis ita, si con- cessum sit." -- Ulpian. XIX. § 4. "Mancipatio locum habet inter cives Romanos, et Lati-
§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
turales obligationes, ſondern auch civiles, das heißt durch Klagrecht geſchützte. Wahrſcheinlich war es das gerade bey den Obligationen beſonders fühlbare Bedürfniß des lebendigen Verkehrs mit befreundeten Nachbarvölkern, wo- durch die Entwicklung dieſer Rechtsregeln veranlaßt wurde. Der Ubergang zu dieſem ſtärkeren Grade der Rechtsfähig- keit wurde dadurch vermittelt, daß man bey den Peregri- nen die Civität fingirte, und ſo ihre Klagen als actiones fictitiae den Klagen der Römiſchen Bürger anſchloß (h).
Die neuere Eintheilung beſteht aus folgenden drey Gliedern: Alle Menſchen ſind entweder Cives, oder La- tini, oder Peregrini; ſie ſetzt alſo eine dritte Klaſſe in die Mitte zwiſchen die beiden Klaſſen der älteren Eintheilung. Die praktiſche Bedeutung derſelben für die Rechtsfähig- keit war folgende. Der Zuſtand der Cives und der Pe- regrinen war unverändert, wie in der älteren Eintheilung, geblieben. Die Latinen aber ſollten eine halbe Civität haben, Commercium ohne Connubium. Durch die Theil- nahme am Commercium ſollten ſie der erſten Klaſſe ver- wandt ſeyn, durch den Mangel des Connubium der zwey- ten. Dieſes Alles jedoch mit Vorbehalt von Privilegien, wodurch einzelne Mitglieder der zweyten oder dritten Klaſſe eine höhere Fähigkeit erhalten konnten, als ihnen nach der Regel ihrer Klaſſe zukam (i). Die Bedeutung dieſer Pri-
(h)Gajus IV. § 37.
(i)Ulpian. V. § 4. „Connu- bium habent cives Romani cum civibus Romanis: cum Latinis autem et peregrinis ita, si con- cessum sit.” — Ulpian. XIX. § 4. „Mancipatio locum habet inter cives Romanos, et Lati-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0055"n="41"/><fwplace="top"type="header">§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. <hirendition="#aq">II.</hi> Mangel der Civität.</fw><lb/><hirendition="#aq">turales obligationes,</hi>ſondern auch <hirendition="#aq">civiles,</hi> das heißt durch<lb/>
Klagrecht geſchützte. Wahrſcheinlich war es das gerade<lb/>
bey den Obligationen beſonders fühlbare Bedürfniß des<lb/>
lebendigen Verkehrs mit befreundeten Nachbarvölkern, wo-<lb/>
durch die Entwicklung dieſer Rechtsregeln veranlaßt wurde.<lb/>
Der Ubergang zu dieſem ſtärkeren Grade der Rechtsfähig-<lb/>
keit wurde dadurch vermittelt, daß man bey den Peregri-<lb/>
nen die Civität fingirte, und ſo ihre Klagen als <hirendition="#aq">actiones<lb/>
fictitiae</hi> den Klagen der Römiſchen Bürger anſchloß <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 37.</note>.</p><lb/><p>Die neuere Eintheilung beſteht aus folgenden drey<lb/>
Gliedern: Alle Menſchen ſind entweder <hirendition="#aq">Cives,</hi> oder <hirendition="#aq">La-<lb/>
tini,</hi> oder <hirendition="#aq">Peregrini;</hi>ſie ſetzt alſo eine dritte Klaſſe in die<lb/>
Mitte zwiſchen die beiden Klaſſen der älteren Eintheilung.<lb/>
Die praktiſche Bedeutung derſelben für die Rechtsfähig-<lb/>
keit war folgende. Der Zuſtand der Cives und der Pe-<lb/>
regrinen war unverändert, wie in der älteren Eintheilung,<lb/>
geblieben. Die Latinen aber ſollten eine halbe Civität<lb/>
haben, Commercium ohne Connubium. Durch die Theil-<lb/>
nahme am Commercium ſollten ſie der erſten Klaſſe ver-<lb/>
wandt ſeyn, durch den Mangel des Connubium der zwey-<lb/>
ten. Dieſes Alles jedoch mit Vorbehalt von Privilegien,<lb/>
wodurch einzelne Mitglieder der zweyten oder dritten Klaſſe<lb/>
eine höhere Fähigkeit erhalten konnten, als ihnen nach der<lb/>
Regel ihrer Klaſſe zukam <notexml:id="seg2pn_8_1"next="#seg2pn_8_2"place="foot"n="(i)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Ulpian</hi>. V. § 4. „Connu-<lb/>
bium habent cives Romani cum<lb/>
civibus Romanis: <hirendition="#i">cum Latinis<lb/>
autem et peregrinis ita, si con-<lb/>
cessum sit.</hi>”—<hirendition="#k">Ulpian</hi>. XIX.<lb/>
§ 4. „Mancipatio locum habet<lb/>
inter cives Romanos, et Lati-</hi></note>. Die Bedeutung dieſer Pri-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[41/0055]
§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
turales obligationes, ſondern auch civiles, das heißt durch
Klagrecht geſchützte. Wahrſcheinlich war es das gerade
bey den Obligationen beſonders fühlbare Bedürfniß des
lebendigen Verkehrs mit befreundeten Nachbarvölkern, wo-
durch die Entwicklung dieſer Rechtsregeln veranlaßt wurde.
Der Ubergang zu dieſem ſtärkeren Grade der Rechtsfähig-
keit wurde dadurch vermittelt, daß man bey den Peregri-
nen die Civität fingirte, und ſo ihre Klagen als actiones
fictitiae den Klagen der Römiſchen Bürger anſchloß (h).
Die neuere Eintheilung beſteht aus folgenden drey
Gliedern: Alle Menſchen ſind entweder Cives, oder La-
tini, oder Peregrini; ſie ſetzt alſo eine dritte Klaſſe in die
Mitte zwiſchen die beiden Klaſſen der älteren Eintheilung.
Die praktiſche Bedeutung derſelben für die Rechtsfähig-
keit war folgende. Der Zuſtand der Cives und der Pe-
regrinen war unverändert, wie in der älteren Eintheilung,
geblieben. Die Latinen aber ſollten eine halbe Civität
haben, Commercium ohne Connubium. Durch die Theil-
nahme am Commercium ſollten ſie der erſten Klaſſe ver-
wandt ſeyn, durch den Mangel des Connubium der zwey-
ten. Dieſes Alles jedoch mit Vorbehalt von Privilegien,
wodurch einzelne Mitglieder der zweyten oder dritten Klaſſe
eine höhere Fähigkeit erhalten konnten, als ihnen nach der
Regel ihrer Klaſſe zukam (i). Die Bedeutung dieſer Pri-
(h) Gajus IV. § 37.
(i) Ulpian. V. § 4. „Connu-
bium habent cives Romani cum
civibus Romanis: cum Latinis
autem et peregrinis ita, si con-
cessum sit.” — Ulpian. XIX.
§ 4. „Mancipatio locum habet
inter cives Romanos, et Lati-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/55>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.