Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Infamie. Trauer verpflichtet nur bey dem Tod des Ehemannes,aller Ascendenten, und aller Descendenten ohne Unter- schied (c); in früherer Zeit wahrscheinlich auch bey dem Tod naher Seitenverwandten (d). -- Die Verletzung die- ser Pflicht galt natürlich als Impietät und sehr unehr- bar, als Infamie konnte sie bey den allein verpflichteten Frauen nicht gelten, so lange die Infamie noch ein blos politisches Institut war. Als aber die Lex Julia, durch die Auslegung der Ju- Und als endlich in Folge der Justinianischen Gesetzge- (c) Fragm. Vat. § 320 (Worte des Edicts) "quae virum, paren- tem, liberosve suos, uti mos est, non eluxerit." (d) Festus v. minuitur "...
privatis (minuitur luctus) ... cum propiore quis cognatione, quam is qui lugetur, natus est." Vgl. Klenze, Zeitschrift für geschicht- liche Rechtswissensch. B. 6 S. 33. S. auch unten Num. IX. c. Infamie. Trauer verpflichtet nur bey dem Tod des Ehemannes,aller Aſcendenten, und aller Deſcendenten ohne Unter- ſchied (c); in früherer Zeit wahrſcheinlich auch bey dem Tod naher Seitenverwandten (d). — Die Verletzung die- ſer Pflicht galt natürlich als Impietät und ſehr unehr- bar, als Infamie konnte ſie bey den allein verpflichteten Frauen nicht gelten, ſo lange die Infamie noch ein blos politiſches Inſtitut war. Als aber die Lex Julia, durch die Auslegung der Ju- Und als endlich in Folge der Juſtinianiſchen Geſetzge- (c) Fragm. Vat. § 320 (Worte des Edicts) „quae virum, paren- tem, liberosve suos, uti mos est, non eluxerit.” (d) Festus v. minuitur „…
privatis (minuitur luctus) … cum propiore quis cognatione, quam is qui lugetur, natus est.” Vgl. Klenze, Zeitſchrift für geſchicht- liche Rechtswiſſenſch. B. 6 S. 33. S. auch unten Num. IX. c. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0551" n="537"/><fw place="top" type="header">Infamie.</fw><lb/> Trauer verpflichtet nur bey dem Tod des Ehemannes,<lb/> aller Aſcendenten, und aller Deſcendenten ohne Unter-<lb/> ſchied <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Fragm. Vat.</hi></hi> § 320 (Worte<lb/> des Edicts) <hi rendition="#aq">„quae virum, paren-<lb/> tem, liberosve suos, uti mos<lb/> est, non eluxerit.”</hi></note>; in früherer Zeit wahrſcheinlich auch bey dem<lb/> Tod naher Seitenverwandten <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Festus</hi> v. <hi rendition="#i">minuitur</hi> „…<lb/> privatis (minuitur luctus) … cum<lb/> propiore quis cognatione, <hi rendition="#i">quam<lb/> is qui lugetur,</hi> natus est.”</hi> Vgl.<lb/><hi rendition="#g">Klenze</hi>, Zeitſchrift für geſchicht-<lb/> liche Rechtswiſſenſch. B. 6 S. 33.<lb/> S. auch unten Num. <hi rendition="#aq">IX. c.</hi></note>. — Die Verletzung die-<lb/> ſer Pflicht galt natürlich als Impietät und ſehr unehr-<lb/> bar, als Infamie konnte ſie bey den allein verpflichteten<lb/> Frauen nicht gelten, ſo lange die Infamie noch ein blos<lb/> politiſches Inſtitut war.</p><lb/> <p>Als aber die <hi rendition="#aq">Lex Julia,</hi> durch die Auslegung der Ju-<lb/> riſten vollſtändig entwickelt, die Infamie auch auf Frauen<lb/> anwendbar machte (Num. <hi rendition="#aq">II.</hi>), mußte ſich dieſes ändern,<lb/> und es war nun ganz natürlich, daß die Wittwe durch<lb/> übereilte Ehe, ſo wie jede Frau durch Verletzung der<lb/> Trauerpflicht, infam wurde. Dieſe neuen Fälle der In-<lb/> famie in das prätoriſche Edict einzutragen, war eigentlich<lb/> kein beſonderes Bedürfniß vorhanden: dennoch iſt es ge-<lb/> ſchehen (Num. <hi rendition="#aq">II.</hi>).</p><lb/> <p>Und als endlich in Folge der Juſtinianiſchen Geſetzge-<lb/> bung die Infamie ihre Anwendbarkeit auf Frauen wie-<lb/> derum verlor (Num. <hi rendition="#aq">V.</hi>), mußten auch dieſe Fälle der<lb/> Anwendung wieder verſchwinden. So erklärt es ſich auf<lb/> ganz natürliche Weiſe, daß bey der Aufnahme des Edicts<lb/> über die Infamie in die Digeſten, jene ſeit der <hi rendition="#aq">L. Julia</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [537/0551]
Infamie.
Trauer verpflichtet nur bey dem Tod des Ehemannes,
aller Aſcendenten, und aller Deſcendenten ohne Unter-
ſchied (c); in früherer Zeit wahrſcheinlich auch bey dem
Tod naher Seitenverwandten (d). — Die Verletzung die-
ſer Pflicht galt natürlich als Impietät und ſehr unehr-
bar, als Infamie konnte ſie bey den allein verpflichteten
Frauen nicht gelten, ſo lange die Infamie noch ein blos
politiſches Inſtitut war.
Als aber die Lex Julia, durch die Auslegung der Ju-
riſten vollſtändig entwickelt, die Infamie auch auf Frauen
anwendbar machte (Num. II.), mußte ſich dieſes ändern,
und es war nun ganz natürlich, daß die Wittwe durch
übereilte Ehe, ſo wie jede Frau durch Verletzung der
Trauerpflicht, infam wurde. Dieſe neuen Fälle der In-
famie in das prätoriſche Edict einzutragen, war eigentlich
kein beſonderes Bedürfniß vorhanden: dennoch iſt es ge-
ſchehen (Num. II.).
Und als endlich in Folge der Juſtinianiſchen Geſetzge-
bung die Infamie ihre Anwendbarkeit auf Frauen wie-
derum verlor (Num. V.), mußten auch dieſe Fälle der
Anwendung wieder verſchwinden. So erklärt es ſich auf
ganz natürliche Weiſe, daß bey der Aufnahme des Edicts
über die Infamie in die Digeſten, jene ſeit der L. Julia
(c) Fragm. Vat. § 320 (Worte
des Edicts) „quae virum, paren-
tem, liberosve suos, uti mos
est, non eluxerit.”
(d) Festus v. minuitur „…
privatis (minuitur luctus) … cum
propiore quis cognatione, quam
is qui lugetur, natus est.” Vgl.
Klenze, Zeitſchrift für geſchicht-
liche Rechtswiſſenſch. B. 6 S. 33.
S. auch unten Num. IX. c.
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