Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 66. Einschränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
eine vollgültige seyn könnte. Hier war es in der That
nicht auf Begünstigung der Frau abgesehen, und das er-
theilte Connubium genügte dem Zweck vollkommen: ja es
war sogar oft unmöglich, der Frau die Civität zu erthei-
len, da diese zur Zeit des Abschieds noch eine unbe-
stimmte Person seyn konnte (l). -- Diese Erklärung paßt
nun freylich nur auf das connubium, nicht auf das com-
mercium concessum.
Von diesem ist eine specielle Erklä-
rung nicht bekannt; es wäre jedoch wohl möglich, daß
man sich diese Concession als eine nothwendige Folge des
connubium concessum gedacht hätte, ohne sie besonders
auszudrücken; dann würde sie sich gleichfalls auf den eben
erklärten Fall bezogen haben, um dem Soldaten die Ver-
träge zu erleichtern, die er etwa mit der Frau oder dem Va-
ter derselben über das Vermögen zu schließen veranlaßt war.


(l) Gajus I. § 57. "Unde et
veteranis quibusdam concedi so-
let principalibus constitutioni-
bus connubium cum his Lati-
nis peregrinisve, quas primas
post missionem uxores duxe-
rint, et qui ex eo matrimonio
nascuntur, et cives Romani, et
in potestate parentum fiunt."

-- Dieses Rechtsinstitut, welches
durch die von Caracalla allgemein
gemachte Civität seinen Nutzen
gänzlich verlor, hat sich für uns
in lebendiger Anschauung erhal-
ten durch eine bedeutende Anzahl
noch vorhandener Originalabschie-
de, die auf kleinen Tafeln von
Bronze eingegraben sind. Vgl.
die treffliche Abhandlung von
Haubold und Platzmann
(Haubold opuscula Vol. 2 p. 783
--896), worin dieselben anschau-
lich
mitgetheilt werden. -- Daß
nach Ulpian (Note i) solche Con-
cessionen nicht blos für Peregri-
nen, sondern auch für Latinen
ertheilt wurden, bezog sich auf
die in Spanien einquartierten Le-
gionen; denn ganz Spanien hatte
durch Vespasian die Latinität er-
halten (Plinius hist. nat. III. 4),
und wir wissen nicht, daß hierin
vor der allgemeinen Civität von
Caracalla etwas geändert wor-
den wäre.

§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
eine vollgültige ſeyn könnte. Hier war es in der That
nicht auf Begünſtigung der Frau abgeſehen, und das er-
theilte Connubium genügte dem Zweck vollkommen: ja es
war ſogar oft unmoͤglich, der Frau die Civität zu erthei-
len, da dieſe zur Zeit des Abſchieds noch eine unbe-
ſtimmte Perſon ſeyn konnte (l). — Dieſe Erklärung paßt
nun freylich nur auf das connubium, nicht auf das com-
mercium concessum.
Von dieſem iſt eine ſpecielle Erklä-
rung nicht bekannt; es wäre jedoch wohl moͤglich, daß
man ſich dieſe Conceſſion als eine nothwendige Folge des
connubium concessum gedacht hätte, ohne ſie beſonders
auszudrücken; dann würde ſie ſich gleichfalls auf den eben
erklärten Fall bezogen haben, um dem Soldaten die Ver-
träge zu erleichtern, die er etwa mit der Frau oder dem Va-
ter derſelben über das Vermoͤgen zu ſchließen veranlaßt war.


(l) Gajus I. § 57. „Unde et
veteranis quibusdam concedi so-
let principalibus constitutioni-
bus connubium cum his Lati-
nis peregrinisve, quas primas
post missionem uxores duxe-
rint, et qui ex eo matrimonio
nascuntur, et cives Romani, et
in potestate parentum fiunt.”

— Dieſes Rechtsinſtitut, welches
durch die von Caracalla allgemein
gemachte Civität ſeinen Nutzen
gänzlich verlor, hat ſich für uns
in lebendiger Anſchauung erhal-
ten durch eine bedeutende Anzahl
noch vorhandener Originalabſchie-
de, die auf kleinen Tafeln von
Bronze eingegraben ſind. Vgl.
die treffliche Abhandlung von
Haubold und Platzmann
(Haubold opuscula Vol. 2 p. 783
—896), worin dieſelben anſchau-
lich
mitgetheilt werden. — Daß
nach Ulpian (Note i) ſolche Con-
ceſſionen nicht blos für Peregri-
nen, ſondern auch für Latinen
ertheilt wurden, bezog ſich auf
die in Spanien einquartierten Le-
gionen; denn ganz Spanien hatte
durch Veſpaſian die Latinität er-
halten (Plinius hist. nat. III. 4),
und wir wiſſen nicht, daß hierin
vor der allgemeinen Civität von
Caracalla etwas geändert wor-
den wäre.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0057" n="43"/><fw place="top" type="header">§. 66. Ein&#x017F;chränkung der Rechtsfähigkeit. <hi rendition="#aq">II.</hi> Mangel der Civität.</fw><lb/>
eine vollgültige &#x017F;eyn könnte. Hier war es in der That<lb/>
nicht auf Begün&#x017F;tigung der Frau abge&#x017F;ehen, und das er-<lb/>
theilte Connubium genügte dem Zweck vollkommen: ja es<lb/>
war &#x017F;ogar oft unmo&#x0364;glich, der Frau die Civität zu erthei-<lb/>
len, da die&#x017F;e zur Zeit des Ab&#x017F;chieds noch eine unbe-<lb/>
&#x017F;timmte Per&#x017F;on &#x017F;eyn konnte <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> I. § 57. &#x201E;Unde et<lb/>
veteranis quibusdam concedi so-<lb/>
let principalibus constitutioni-<lb/>
bus connubium cum his Lati-<lb/>
nis peregrinisve, quas primas<lb/>
post missionem uxores duxe-<lb/>
rint, et qui ex eo matrimonio<lb/>
nascuntur, et cives Romani, et<lb/>
in potestate parentum fiunt.&#x201D;</hi><lb/>
&#x2014; Die&#x017F;es Rechtsin&#x017F;titut, welches<lb/>
durch die von Caracalla allgemein<lb/>
gemachte Civität &#x017F;einen Nutzen<lb/>
gänzlich verlor, hat &#x017F;ich für uns<lb/>
in lebendiger An&#x017F;chauung erhal-<lb/>
ten durch eine bedeutende Anzahl<lb/>
noch vorhandener Originalab&#x017F;chie-<lb/>
de, die auf kleinen Tafeln von<lb/>
Bronze eingegraben &#x017F;ind. Vgl.<lb/>
die treffliche Abhandlung von<lb/><hi rendition="#g">Haubold</hi> und <hi rendition="#g">Platzmann</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Haubold</hi> opuscula Vol. 2 p.</hi> 783<lb/>
&#x2014;896), worin die&#x017F;elben <choice><sic>au&#x017F;chau-<lb/>
lich</sic><corr>an&#x017F;chau-<lb/>
lich</corr></choice> mitgetheilt werden. &#x2014; Daß<lb/>
nach Ulpian (Note <hi rendition="#aq">i</hi>) &#x017F;olche Con-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;ionen nicht blos für Peregri-<lb/>
nen, &#x017F;ondern auch für Latinen<lb/>
ertheilt wurden, bezog &#x017F;ich auf<lb/>
die in Spanien einquartierten Le-<lb/>
gionen; denn ganz Spanien hatte<lb/>
durch Ve&#x017F;pa&#x017F;ian die Latinität er-<lb/>
halten (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Plinius</hi> hist. nat. III.</hi> 4),<lb/>
und wir wi&#x017F;&#x017F;en nicht, daß hierin<lb/>
vor der allgemeinen Civität von<lb/>
Caracalla etwas geändert wor-<lb/>
den wäre.</note>. &#x2014; Die&#x017F;e Erklärung paßt<lb/>
nun freylich nur auf das <hi rendition="#aq">connubium,</hi> nicht auf das <hi rendition="#aq">com-<lb/>
mercium concessum.</hi> Von die&#x017F;em i&#x017F;t eine &#x017F;pecielle Erklä-<lb/>
rung nicht bekannt; es wäre jedoch wohl mo&#x0364;glich, daß<lb/>
man &#x017F;ich die&#x017F;e Conce&#x017F;&#x017F;ion als eine nothwendige Folge des<lb/><hi rendition="#aq">connubium concessum</hi> gedacht hätte, ohne &#x017F;ie be&#x017F;onders<lb/>
auszudrücken; dann würde &#x017F;ie &#x017F;ich gleichfalls auf den eben<lb/>
erklärten Fall bezogen haben, um dem Soldaten die Ver-<lb/>
träge zu erleichtern, die er etwa mit der Frau oder dem Va-<lb/>
ter der&#x017F;elben über das Vermo&#x0364;gen zu &#x017F;chließen veranlaßt war.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0057] §. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität. eine vollgültige ſeyn könnte. Hier war es in der That nicht auf Begünſtigung der Frau abgeſehen, und das er- theilte Connubium genügte dem Zweck vollkommen: ja es war ſogar oft unmoͤglich, der Frau die Civität zu erthei- len, da dieſe zur Zeit des Abſchieds noch eine unbe- ſtimmte Perſon ſeyn konnte (l). — Dieſe Erklärung paßt nun freylich nur auf das connubium, nicht auf das com- mercium concessum. Von dieſem iſt eine ſpecielle Erklä- rung nicht bekannt; es wäre jedoch wohl moͤglich, daß man ſich dieſe Conceſſion als eine nothwendige Folge des connubium concessum gedacht hätte, ohne ſie beſonders auszudrücken; dann würde ſie ſich gleichfalls auf den eben erklärten Fall bezogen haben, um dem Soldaten die Ver- träge zu erleichtern, die er etwa mit der Frau oder dem Va- ter derſelben über das Vermoͤgen zu ſchließen veranlaßt war. (l) Gajus I. § 57. „Unde et veteranis quibusdam concedi so- let principalibus constitutioni- bus connubium cum his Lati- nis peregrinisve, quas primas post missionem uxores duxe- rint, et qui ex eo matrimonio nascuntur, et cives Romani, et in potestate parentum fiunt.” — Dieſes Rechtsinſtitut, welches durch die von Caracalla allgemein gemachte Civität ſeinen Nutzen gänzlich verlor, hat ſich für uns in lebendiger Anſchauung erhal- ten durch eine bedeutende Anzahl noch vorhandener Originalabſchie- de, die auf kleinen Tafeln von Bronze eingegraben ſind. Vgl. die treffliche Abhandlung von Haubold und Platzmann (Haubold opuscula Vol. 2 p. 783 —896), worin dieſelben anſchau- lich mitgetheilt werden. — Daß nach Ulpian (Note i) ſolche Con- ceſſionen nicht blos für Peregri- nen, ſondern auch für Latinen ertheilt wurden, bezog ſich auf die in Spanien einquartierten Le- gionen; denn ganz Spanien hatte durch Veſpaſian die Latinität er- halten (Plinius hist. nat. III. 4), und wir wiſſen nicht, daß hierin vor der allgemeinen Civität von Caracalla etwas geändert wor- den wäre.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/57
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/57>, abgerufen am 21.11.2024.