Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.§. 69. Wirkungen der capitis deminutio. sonderer Natur, und von der capitis deminutio völlig un-abhängig ist (b). Nur zwey Rechtssätze sind hier beson- ders hervor zu heben. -- Die beiden höheren Arten der capitis deminutio werden oft dem Tode gleichgestellt, und das ist es, was die neueren Juristen als bürgerlichen Tod (mors civilis) zu bezeichnen pflegen. Diese Gleich- stellung gilt nicht nur für die maxima c. d., sondern auch für die media, da wo diese auf einer Strafe beruht (c). Man benutzte dieselbe unter andern um manchen über- (b) Da dieser Punkt von Wich- tigkeit, aber keinesweges aner- kannt ist, so muß darüber Fol- gendes bemerkt werden. Die Con- fiscation, als Universalsuccession des Fiscus in das Vermögen, ist eine positive Ausbildung bestimm- ter Criminalstrafen, und nicht die natürliche Folge der capitis de- minutio; Erstlich, weil sie über- haupt erst seit August mit Sicher- heit angenommen werden kann (denn vorher traten ganz andere Folgen für das Vermögen ein), anstatt daß die capitis deminutio uraltes Recht ist. Zweytens weil sie nur in Folge gewisser Straf- urtheile vorkommt, und z. B. ganz gewiß nicht bey dem civis, der durch Eintritt in eine colonia latina die media capitis demi- nutio erlitt (§ 68). Drittens weil aus der allgemeinen Natur der in der maxima und media c. d. enthaltenen Veränderung des Rechtszustandes die Succession des Fiscus in das Vermögen ent- schieden nicht folgt. Denn der Deportirte (media c. d.) müßte nach der allgemeinen Natur seines neuen Zustandes das bisherige Vermögen vielmehr behalten, da er als freyer Peregrine vermö- gensfähig ist. Und selbst bey dem servus poenae (maxima c. d.) müßte das Vermögen zwar nicht mehr ihm gehören, da er ganz unfähig zu Vermögensrechten ist; allein es müßte nach allgemeinen Grundsätzen herrenlos werden, da der Fiscus nicht Herr dieses Sklaven wird, also auch keinen Successionsanspruch auf dessen Vermögen hat. (c) I. Für die maxima. L. 209
de R. J. (50. 17.). "Servitutem mortalitati fere comparamus." -- L. 59 § 2 de condit. (35. 1.) "Servitus morti adsimilatur." -- L. 5 pr. de bonis damn. (48. 20.). -- II. Für die media. L. 1 § 8 de B P. contra tab. (37. 4.) "deportatos enim mor- tuorum loco habendos." -- L. 4 § 2 de bonis libert. "de- portatus ... mortui loco habe- §. 69. Wirkungen der capitis deminutio. ſonderer Natur, und von der capitis deminutio völlig un-abhängig iſt (b). Nur zwey Rechtsſätze ſind hier beſon- ders hervor zu heben. — Die beiden höheren Arten der capitis deminutio werden oft dem Tode gleichgeſtellt, und das iſt es, was die neueren Juriſten als bürgerlichen Tod (mors civilis) zu bezeichnen pflegen. Dieſe Gleich- ſtellung gilt nicht nur für die maxima c. d., ſondern auch für die media, da wo dieſe auf einer Strafe beruht (c). Man benutzte dieſelbe unter andern um manchen über- (b) Da dieſer Punkt von Wich- tigkeit, aber keinesweges aner- kannt iſt, ſo muß darüber Fol- gendes bemerkt werden. Die Con- fiscation, als Univerſalſucceſſion des Fiscus in das Vermögen, iſt eine poſitive Ausbildung beſtimm- ter Criminalſtrafen, und nicht die natürliche Folge der capitis de- minutio; Erſtlich, weil ſie über- haupt erſt ſeit Auguſt mit Sicher- heit angenommen werden kann (denn vorher traten ganz andere Folgen für das Vermögen ein), anſtatt daß die capitis deminutio uraltes Recht iſt. Zweytens weil ſie nur in Folge gewiſſer Straf- urtheile vorkommt, und z. B. ganz gewiß nicht bey dem civis, der durch Eintritt in eine colonia latina die media capitis demi- nutio erlitt (§ 68). Drittens weil aus der allgemeinen Natur der in der maxima und media c. d. enthaltenen Veränderung des Rechtszuſtandes die Succeſſion des Fiscus in das Vermögen ent- ſchieden nicht folgt. Denn der Deportirte (media c. d.) müßte nach der allgemeinen Natur ſeines neuen Zuſtandes das bisherige Vermögen vielmehr behalten, da er als freyer Peregrine vermö- gensfähig iſt. Und ſelbſt bey dem servus poenae (maxima c. d.) müßte das Vermögen zwar nicht mehr ihm gehören, da er ganz unfähig zu Vermögensrechten iſt; allein es müßte nach allgemeinen Grundſätzen herrenlos werden, da der Fiscus nicht Herr dieſes Sklaven wird, alſo auch keinen Succeſſionsanſpruch auf deſſen Vermögen hat. (c) I. Für die maxima. L. 209
de R. J. (50. 17.). „Servitutem mortalitati fere comparamus.“ — L. 59 § 2 de condit. (35. 1.) „Servitus morti adsimilatur.“ — L. 5 pr. de bonis damn. (48. 20.). — II. Für die media. L. 1 § 8 de B P. contra tab. (37. 4.) „deportatos enim mor- tuorum loco habendos.“ — L. 4 § 2 de bonis libert. „de- portatus … mortui loco habe- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0085" n="71"/><fw place="top" type="header">§. 69. Wirkungen der <hi rendition="#aq">capitis deminutio.</hi></fw><lb/> ſonderer Natur, und von der <hi rendition="#aq">capitis deminutio</hi> völlig un-<lb/> abhängig iſt <note place="foot" n="(b)">Da dieſer Punkt von Wich-<lb/> tigkeit, aber keinesweges aner-<lb/> kannt iſt, ſo muß darüber Fol-<lb/> gendes bemerkt werden. Die Con-<lb/> fiscation, als Univerſalſucceſſion<lb/> des Fiscus in das Vermögen, iſt<lb/> eine poſitive Ausbildung beſtimm-<lb/> ter Criminalſtrafen, und nicht die<lb/> natürliche Folge der <hi rendition="#aq">capitis de-<lb/> minutio;</hi> Erſtlich, weil ſie über-<lb/> haupt erſt ſeit Auguſt mit Sicher-<lb/> heit angenommen werden kann<lb/> (denn vorher traten ganz andere<lb/> Folgen für das Vermögen ein),<lb/> anſtatt daß die <hi rendition="#aq">capitis deminutio</hi><lb/> uraltes Recht iſt. Zweytens weil<lb/> ſie <hi rendition="#g">nur</hi> in Folge gewiſſer Straf-<lb/> urtheile vorkommt, und z. B. ganz<lb/> gewiß nicht bey dem <hi rendition="#aq">civis</hi>, der<lb/> durch Eintritt in eine <hi rendition="#aq">colonia<lb/> latina</hi> die <hi rendition="#aq">media capitis demi-<lb/> nutio</hi> erlitt (§ 68). Drittens weil<lb/> aus der allgemeinen Natur der<lb/> in der <hi rendition="#aq">maxima</hi> und <hi rendition="#aq">media c.<lb/> d.</hi> enthaltenen Veränderung des<lb/> Rechtszuſtandes die Succeſſion<lb/> des Fiscus in das Vermögen ent-<lb/> ſchieden nicht folgt. Denn der<lb/> Deportirte (<hi rendition="#aq">media c. d.</hi>) müßte<lb/> nach der allgemeinen Natur ſeines<lb/> neuen Zuſtandes das bisherige<lb/> Vermögen vielmehr behalten, da<lb/> er als freyer Peregrine vermö-<lb/> gensfähig iſt. Und ſelbſt bey dem<lb/><hi rendition="#aq">servus poenae (maxima c. d.)</hi><lb/> müßte das Vermögen zwar nicht<lb/> mehr ihm gehören, da er ganz<lb/> unfähig zu Vermögensrechten iſt;<lb/> allein es müßte nach allgemeinen<lb/> Grundſätzen herrenlos werden,<lb/> da der Fiscus nicht Herr dieſes<lb/> Sklaven wird, alſo auch keinen<lb/> Succeſſionsanſpruch auf deſſen<lb/> Vermögen hat.</note>. Nur zwey Rechtsſätze ſind hier beſon-<lb/> ders hervor zu heben. — Die beiden höheren Arten der<lb/><hi rendition="#aq">capitis deminutio</hi> werden oft dem Tode gleichgeſtellt, und<lb/> das iſt es, was die neueren Juriſten als bürgerlichen<lb/> Tod (<hi rendition="#aq">mors civilis</hi>) zu bezeichnen pflegen. Dieſe Gleich-<lb/> ſtellung gilt nicht nur für die <hi rendition="#aq">maxima c. d.,</hi> ſondern auch<lb/> für die <hi rendition="#aq">media</hi>, da wo dieſe auf einer Strafe beruht <note xml:id="seg2pn_14_1" next="#seg2pn_14_2" place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">I.</hi> Für die <hi rendition="#aq">maxima. <hi rendition="#i">L.</hi> 209<lb/><hi rendition="#i">de R. J.</hi> (50. 17.). „Servitutem<lb/> mortalitati fere comparamus.“<lb/> — <hi rendition="#i">L.</hi> 59 § 2 <hi rendition="#i">de condit.</hi> (35. 1.)<lb/> „Servitus morti adsimilatur.“<lb/> — <hi rendition="#i">L.</hi> 5 <hi rendition="#i">pr. de bonis damn.</hi><lb/> (48. 20.). — II.</hi> Für die <hi rendition="#aq">media.<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 8 <hi rendition="#i">de B P. contra tab.</hi><lb/> (37. 4.) „deportatos enim mor-<lb/> tuorum loco habendos.“ —<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 4 § 2 <hi rendition="#i">de bonis libert.</hi> „de-<lb/> portatus … mortui loco habe-</hi></note>.<lb/> Man benutzte dieſelbe unter andern um manchen über-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0085]
§. 69. Wirkungen der capitis deminutio.
ſonderer Natur, und von der capitis deminutio völlig un-
abhängig iſt (b). Nur zwey Rechtsſätze ſind hier beſon-
ders hervor zu heben. — Die beiden höheren Arten der
capitis deminutio werden oft dem Tode gleichgeſtellt, und
das iſt es, was die neueren Juriſten als bürgerlichen
Tod (mors civilis) zu bezeichnen pflegen. Dieſe Gleich-
ſtellung gilt nicht nur für die maxima c. d., ſondern auch
für die media, da wo dieſe auf einer Strafe beruht (c).
Man benutzte dieſelbe unter andern um manchen über-
(b) Da dieſer Punkt von Wich-
tigkeit, aber keinesweges aner-
kannt iſt, ſo muß darüber Fol-
gendes bemerkt werden. Die Con-
fiscation, als Univerſalſucceſſion
des Fiscus in das Vermögen, iſt
eine poſitive Ausbildung beſtimm-
ter Criminalſtrafen, und nicht die
natürliche Folge der capitis de-
minutio; Erſtlich, weil ſie über-
haupt erſt ſeit Auguſt mit Sicher-
heit angenommen werden kann
(denn vorher traten ganz andere
Folgen für das Vermögen ein),
anſtatt daß die capitis deminutio
uraltes Recht iſt. Zweytens weil
ſie nur in Folge gewiſſer Straf-
urtheile vorkommt, und z. B. ganz
gewiß nicht bey dem civis, der
durch Eintritt in eine colonia
latina die media capitis demi-
nutio erlitt (§ 68). Drittens weil
aus der allgemeinen Natur der
in der maxima und media c.
d. enthaltenen Veränderung des
Rechtszuſtandes die Succeſſion
des Fiscus in das Vermögen ent-
ſchieden nicht folgt. Denn der
Deportirte (media c. d.) müßte
nach der allgemeinen Natur ſeines
neuen Zuſtandes das bisherige
Vermögen vielmehr behalten, da
er als freyer Peregrine vermö-
gensfähig iſt. Und ſelbſt bey dem
servus poenae (maxima c. d.)
müßte das Vermögen zwar nicht
mehr ihm gehören, da er ganz
unfähig zu Vermögensrechten iſt;
allein es müßte nach allgemeinen
Grundſätzen herrenlos werden,
da der Fiscus nicht Herr dieſes
Sklaven wird, alſo auch keinen
Succeſſionsanſpruch auf deſſen
Vermögen hat.
(c) I. Für die maxima. L. 209
de R. J. (50. 17.). „Servitutem
mortalitati fere comparamus.“
— L. 59 § 2 de condit. (35. 1.)
„Servitus morti adsimilatur.“
— L. 5 pr. de bonis damn.
(48. 20.). — II. Für die media.
L. 1 § 8 de B P. contra tab.
(37. 4.) „deportatos enim mor-
tuorum loco habendos.“ —
L. 4 § 2 de bonis libert. „de-
portatus … mortui loco habe-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |