Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. nur zuweilen vor (interdum), und namentlich bey demArrogirten sey sie nie nöthig, weil dieser ohnehin, gleich jedem anderen filiusfamilias, durch seine Verträge klagbar verpflichtet werde (p); dasselbe gilt aber gewiß auch von dem Emancipirten. Der seltene Fall, der in jener Stelle nur angedeutet wird, muß bezogen werden auf einen wäh- rend der mancipii causa geschlossenen Vertrag, also wäh- rend eines Zustandes, der in der späteren Zeit freylich nur noch als ein Übergangszustand vorkam. Durch einen solchen Vertrag wurde freylich der gewesene Sohn civiliter nicht verpflichtet (§ 67), aber der andere Contrahent hatte sich den Schaden selbst zuzuschreiben, weil er sich um den gegenwärtigen Rechtszustand seines Schuldners erkundigen konnte: da jedoch zuweilen (interdum) eine schuldlose Un- wissenheit hierin vorkommen konnte, so sollte dann Re- stitution eintreten (q). (p) S. die vorige Note. -- Bey der Arrogation galt auch noch eine andere Klage, die actio de pe- culio gegen den Vater. L. 42 de peculio (15. 1.). Von dieser ist aber hier nicht die Rede, son- dern von der Klage gegen den Arrogirten selbst. (q) Nimmt man an, daß der
alte Jurist diesen Fall geradezu ausdrückte, und daß die Compi- latoren die Erwähnung des ver- alteten Rechtsinstituts wegstri- chen, so erklärt sich die Dunkel- heit der Stelle ganz ungezwun- gen. -- Cujacius obs. VII. 11 bezieht die Stelle auf den Ver- trag mit einer Ehefrau in manu, die sich gar nicht obligiren könne, und wobey der Contrahent, der von der manus Nichts wisse, re- stituirt werden solle. Er nimmt also an, eine filiafamilias könne überhaupt nach altem Recht nicht obligirt werden, weil die aucto- ritas tutoris unmöglich war. Diese Meynung ist widerlegt in der Bey- lage V., und damit fällt auch die eben erwähnte Erklärung unsrer Stelle. -- Die ganze Stelle hat von jeher viel zu leiden gehabt, sowohl durch unbefriedigende Aus- legung, als durch grundlose Annah- me von Interpolationen. Selbst Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. nur zuweilen vor (interdum), und namentlich bey demArrogirten ſey ſie nie nöthig, weil dieſer ohnehin, gleich jedem anderen filiusfamilias, durch ſeine Verträge klagbar verpflichtet werde (p); daſſelbe gilt aber gewiß auch von dem Emancipirten. Der ſeltene Fall, der in jener Stelle nur angedeutet wird, muß bezogen werden auf einen wäh- rend der mancipii causa geſchloſſenen Vertrag, alſo wäh- rend eines Zuſtandes, der in der ſpäteren Zeit freylich nur noch als ein Übergangszuſtand vorkam. Durch einen ſolchen Vertrag wurde freylich der geweſene Sohn civiliter nicht verpflichtet (§ 67), aber der andere Contrahent hatte ſich den Schaden ſelbſt zuzuſchreiben, weil er ſich um den gegenwärtigen Rechtszuſtand ſeines Schuldners erkundigen konnte: da jedoch zuweilen (interdum) eine ſchuldloſe Un- wiſſenheit hierin vorkommen konnte, ſo ſollte dann Re- ſtitution eintreten (q). (p) S. die vorige Note. — Bey der Arrogation galt auch noch eine andere Klage, die actio de pe- culio gegen den Vater. L. 42 de peculio (15. 1.). Von dieſer iſt aber hier nicht die Rede, ſon- dern von der Klage gegen den Arrogirten ſelbſt. (q) Nimmt man an, daß der
alte Juriſt dieſen Fall geradezu ausdrückte, und daß die Compi- latoren die Erwähnung des ver- alteten Rechtsinſtituts wegſtri- chen, ſo erklärt ſich die Dunkel- heit der Stelle ganz ungezwun- gen. — Cujacius obs. VII. 11 bezieht die Stelle auf den Ver- trag mit einer Ehefrau in manu, die ſich gar nicht obligiren könne, und wobey der Contrahent, der von der manus Nichts wiſſe, re- ſtituirt werden ſolle. Er nimmt alſo an, eine filiafamilias könne überhaupt nach altem Recht nicht obligirt werden, weil die aucto- ritas tutoris unmöglich war. Dieſe Meynung iſt widerlegt in der Bey- lage V., und damit fällt auch die eben erwähnte Erklärung unſrer Stelle. — Die ganze Stelle hat von jeher viel zu leiden gehabt, ſowohl durch unbefriedigende Aus- legung, als durch grundloſe Annah- me von Interpolationen. Selbſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0098" n="84"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/> nur zuweilen vor <hi rendition="#aq">(interdum)</hi>, und namentlich bey dem<lb/> Arrogirten ſey ſie nie nöthig, weil dieſer ohnehin, gleich<lb/> jedem anderen <hi rendition="#aq">filiusfamilias,</hi> durch ſeine Verträge klagbar<lb/> verpflichtet werde <note place="foot" n="(p)">S. die vorige Note. — Bey<lb/> der Arrogation galt auch noch eine<lb/> andere Klage, die <hi rendition="#aq">actio de pe-<lb/> culio</hi> gegen den Vater. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 42<lb/><hi rendition="#i">de peculio</hi></hi> (15. 1.). Von dieſer<lb/> iſt aber hier nicht die Rede, ſon-<lb/> dern von der Klage gegen den<lb/> Arrogirten ſelbſt.</note>; daſſelbe gilt aber gewiß auch von<lb/> dem Emancipirten. Der ſeltene Fall, der in jener Stelle<lb/> nur angedeutet wird, muß bezogen werden auf einen wäh-<lb/> rend der <hi rendition="#aq">mancipii causa</hi> geſchloſſenen Vertrag, alſo wäh-<lb/> rend eines Zuſtandes, der in der ſpäteren Zeit freylich<lb/> nur noch als ein Übergangszuſtand vorkam. Durch einen<lb/> ſolchen Vertrag wurde freylich der geweſene Sohn <hi rendition="#aq">civiliter</hi><lb/> nicht verpflichtet (§ 67), aber der andere Contrahent hatte<lb/> ſich den Schaden ſelbſt zuzuſchreiben, weil er ſich um den<lb/> gegenwärtigen Rechtszuſtand ſeines Schuldners erkundigen<lb/> konnte: da jedoch zuweilen <hi rendition="#aq">(interdum)</hi> eine ſchuldloſe Un-<lb/> wiſſenheit hierin vorkommen konnte, ſo ſollte dann Re-<lb/> ſtitution eintreten <note xml:id="seg2pn_17_1" next="#seg2pn_17_2" place="foot" n="(q)">Nimmt man an, daß der<lb/> alte Juriſt dieſen Fall geradezu<lb/> ausdrückte, und daß die Compi-<lb/> latoren die Erwähnung des ver-<lb/> alteten Rechtsinſtituts wegſtri-<lb/> chen, ſo erklärt ſich die Dunkel-<lb/> heit der Stelle ganz ungezwun-<lb/> gen. — <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cujacius</hi> obs. VII.</hi> 11<lb/> bezieht die Stelle auf den Ver-<lb/> trag mit einer Ehefrau <hi rendition="#aq">in manu,</hi><lb/> die ſich gar nicht obligiren könne,<lb/> und wobey der Contrahent, der<lb/> von der <hi rendition="#aq">manus</hi> Nichts wiſſe, re-<lb/> ſtituirt werden ſolle. Er nimmt<lb/> alſo an, eine <hi rendition="#aq">filiafamilias</hi> könne<lb/> überhaupt nach altem Recht nicht<lb/> obligirt werden, weil die <hi rendition="#aq">aucto-<lb/> ritas tutoris</hi> unmöglich war. Dieſe<lb/> Meynung iſt widerlegt in der Bey-<lb/> lage <hi rendition="#aq">V.</hi>, und damit fällt auch die<lb/> eben erwähnte Erklärung unſrer<lb/> Stelle. — Die ganze Stelle hat<lb/> von jeher viel zu leiden gehabt,<lb/> ſowohl durch unbefriedigende Aus-<lb/> legung, als durch grundloſe Annah-<lb/> me von Interpolationen. Selbſt</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0098]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
nur zuweilen vor (interdum), und namentlich bey dem
Arrogirten ſey ſie nie nöthig, weil dieſer ohnehin, gleich
jedem anderen filiusfamilias, durch ſeine Verträge klagbar
verpflichtet werde (p); daſſelbe gilt aber gewiß auch von
dem Emancipirten. Der ſeltene Fall, der in jener Stelle
nur angedeutet wird, muß bezogen werden auf einen wäh-
rend der mancipii causa geſchloſſenen Vertrag, alſo wäh-
rend eines Zuſtandes, der in der ſpäteren Zeit freylich
nur noch als ein Übergangszuſtand vorkam. Durch einen
ſolchen Vertrag wurde freylich der geweſene Sohn civiliter
nicht verpflichtet (§ 67), aber der andere Contrahent hatte
ſich den Schaden ſelbſt zuzuſchreiben, weil er ſich um den
gegenwärtigen Rechtszuſtand ſeines Schuldners erkundigen
konnte: da jedoch zuweilen (interdum) eine ſchuldloſe Un-
wiſſenheit hierin vorkommen konnte, ſo ſollte dann Re-
ſtitution eintreten (q).
(p) S. die vorige Note. — Bey
der Arrogation galt auch noch eine
andere Klage, die actio de pe-
culio gegen den Vater. L. 42
de peculio (15. 1.). Von dieſer
iſt aber hier nicht die Rede, ſon-
dern von der Klage gegen den
Arrogirten ſelbſt.
(q) Nimmt man an, daß der
alte Juriſt dieſen Fall geradezu
ausdrückte, und daß die Compi-
latoren die Erwähnung des ver-
alteten Rechtsinſtituts wegſtri-
chen, ſo erklärt ſich die Dunkel-
heit der Stelle ganz ungezwun-
gen. — Cujacius obs. VII. 11
bezieht die Stelle auf den Ver-
trag mit einer Ehefrau in manu,
die ſich gar nicht obligiren könne,
und wobey der Contrahent, der
von der manus Nichts wiſſe, re-
ſtituirt werden ſolle. Er nimmt
alſo an, eine filiafamilias könne
überhaupt nach altem Recht nicht
obligirt werden, weil die aucto-
ritas tutoris unmöglich war. Dieſe
Meynung iſt widerlegt in der Bey-
lage V., und damit fällt auch die
eben erwähnte Erklärung unſrer
Stelle. — Die ganze Stelle hat
von jeher viel zu leiden gehabt,
ſowohl durch unbefriedigende Aus-
legung, als durch grundloſe Annah-
me von Interpolationen. Selbſt
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