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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Verkehr beruht. Dieser umfassende Begriff nun kommt in
sehr verschiedener Weise vor. Zuerst in verschiedener Abstu-
fung, so daß er bald den härtesten Tadel in sich schließt (h),
bald nur eine mäßige Misbilligung (i). Ferner in verschie-
dener Anwendung. Die bestimmtesten und einflußreichsten
Anwendungen des Begriffs sind diese: 1) Absichtliches Zu-
widerhandeln eines Schuldners gegen den Inhalt seiner
Verpflichtung; dieses ist der dolus in Obligationen, wo
er als Gegensatz von culpa und casus erscheint. 2) Ab-
sichtliche Erzeugung eines Irrthums, wodurch der Irrende
zu einer Willenserklärung bestimmt wird; von dieser An-
wendung allein ist hier die Rede.

In dieser Anwendung also heißt dolus Verfälschung
der Wahrheit, und so ist der Ausdruck gleichbedeutend mit
fraus (k). Es muß aber noch hinzugedacht werden die
böse Absicht, das heißt die welche auf des Gegners Nach-
theil gerichtet ist, ohne Unterschied ob zugleich eigener Vor-
theil bezweckt wird oder nicht (l). Diesen Zusatz bezeich-
nen die Römischen Juristen durch den Ausdruck dolus ma-
lus
,
im Gegensatz eines denkbaren dolus bonus in solchen

(h) Besonders sichtbar tritt die-
ses hervor in den vielen Fällen,
worin der in Privatrechtsverhält-
nissen begangene dolus die In-
famie zur Folge hat (§ 77).
(i) So in vielen Fällen der
doli exceptio, wo das Unred-
liche oft nur in der hartnäckigen
Rechtsverfolgung liegt, während
den Kläger für seine bisherigen
Handlungen gar kein Tadel trifft.
L. 2 § 5 de doli exc. (44. 4.)
"petendo facit dolose." L. 36
de V. O. (45. 1.) "hoc ipso dolo
facit quod petit."
(k) L. 1 § 2 de dolo (4. 2.),
L. 7 § 9. 10 de pactis (2. 14.),
L. 43 § 2 de contr. emt. (18 1.).
(l) L. 39. 40 de dolo (4. 3.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Verkehr beruht. Dieſer umfaſſende Begriff nun kommt in
ſehr verſchiedener Weiſe vor. Zuerſt in verſchiedener Abſtu-
fung, ſo daß er bald den härteſten Tadel in ſich ſchließt (h),
bald nur eine mäßige Misbilligung (i). Ferner in verſchie-
dener Anwendung. Die beſtimmteſten und einflußreichſten
Anwendungen des Begriffs ſind dieſe: 1) Abſichtliches Zu-
widerhandeln eines Schuldners gegen den Inhalt ſeiner
Verpflichtung; dieſes iſt der dolus in Obligationen, wo
er als Gegenſatz von culpa und casus erſcheint. 2) Ab-
ſichtliche Erzeugung eines Irrthums, wodurch der Irrende
zu einer Willenserklärung beſtimmt wird; von dieſer An-
wendung allein iſt hier die Rede.

In dieſer Anwendung alſo heißt dolus Verfälſchung
der Wahrheit, und ſo iſt der Ausdruck gleichbedeutend mit
fraus (k). Es muß aber noch hinzugedacht werden die
böſe Abſicht, das heißt die welche auf des Gegners Nach-
theil gerichtet iſt, ohne Unterſchied ob zugleich eigener Vor-
theil bezweckt wird oder nicht (l). Dieſen Zuſatz bezeich-
nen die Römiſchen Juriſten durch den Ausdruck dolus ma-
lus
,
im Gegenſatz eines denkbaren dolus bonus in ſolchen

(h) Beſonders ſichtbar tritt die-
ſes hervor in den vielen Fällen,
worin der in Privatrechtsverhält-
niſſen begangene dolus die In-
famie zur Folge hat (§ 77).
(i) So in vielen Fällen der
doli exceptio, wo das Unred-
liche oft nur in der hartnäckigen
Rechtsverfolgung liegt, während
den Kläger für ſeine bisherigen
Handlungen gar kein Tadel trifft.
L. 2 § 5 de doli exc. (44. 4.)
„petendo facit dolose.” L. 36
de V. O. (45. 1.) „hoc ipso dolo
facit quod petit.”
(k) L. 1 § 2 de dolo (4. 2.),
L. 7 § 9. 10 de pactis (2. 14.),
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[118/0130] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Verkehr beruht. Dieſer umfaſſende Begriff nun kommt in ſehr verſchiedener Weiſe vor. Zuerſt in verſchiedener Abſtu- fung, ſo daß er bald den härteſten Tadel in ſich ſchließt (h), bald nur eine mäßige Misbilligung (i). Ferner in verſchie- dener Anwendung. Die beſtimmteſten und einflußreichſten Anwendungen des Begriffs ſind dieſe: 1) Abſichtliches Zu- widerhandeln eines Schuldners gegen den Inhalt ſeiner Verpflichtung; dieſes iſt der dolus in Obligationen, wo er als Gegenſatz von culpa und casus erſcheint. 2) Ab- ſichtliche Erzeugung eines Irrthums, wodurch der Irrende zu einer Willenserklärung beſtimmt wird; von dieſer An- wendung allein iſt hier die Rede. In dieſer Anwendung alſo heißt dolus Verfälſchung der Wahrheit, und ſo iſt der Ausdruck gleichbedeutend mit fraus (k). Es muß aber noch hinzugedacht werden die böſe Abſicht, das heißt die welche auf des Gegners Nach- theil gerichtet iſt, ohne Unterſchied ob zugleich eigener Vor- theil bezweckt wird oder nicht (l). Dieſen Zuſatz bezeich- nen die Römiſchen Juriſten durch den Ausdruck dolus ma- lus, im Gegenſatz eines denkbaren dolus bonus in ſolchen (h) Beſonders ſichtbar tritt die- ſes hervor in den vielen Fällen, worin der in Privatrechtsverhält- niſſen begangene dolus die In- famie zur Folge hat (§ 77). (i) So in vielen Fällen der doli exceptio, wo das Unred- liche oft nur in der hartnäckigen Rechtsverfolgung liegt, während den Kläger für ſeine bisherigen Handlungen gar kein Tadel trifft. L. 2 § 5 de doli exc. (44. 4.) „petendo facit dolose.” L. 36 de V. O. (45. 1.) „hoc ipso dolo facit quod petit.” (k) L. 1 § 2 de dolo (4. 2.), L. 7 § 9. 10 de pactis (2. 14.), L. 43 § 2 de contr. emt. (18 1.). (l) L. 39. 40 de dolo (4. 3.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/130>, abgerufen am 26.11.2024.