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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 133. Erklärung des Willens. Fingirte.
Ferner gehört dahin die Einwilligung des Pfandgläubigers
in die Veräußerung oder neue Verpfändung der Sache,
welche stets so ausgelegt wird, als wäre darin die frey-
willige Aufhebung des eigenen Pfandrechts, oder wenig-
stens die Einräumung des Vorzugs an den neuen Gläu-
biger enthalten (d). -- Endlich auch diejenigen Fälle des
als Einwilligung geltenden bloßen Stillschweigens, worin
in der That weder Einwilligung noch Widerspruch möglich
ist; so bey der Adoption oder Emancipation Desjenigen,
der noch in dem Kindesalter steht, ferner bey der wahn-
sinnigen Tochter, deren Vater ihre Dos nach aufgelöster
Ehe zurückfordern will (§ 132. c. d. i.).

Da in diesen Fällen der Wille gar nicht als Thatsache
angenommen wird, so daß wir dabey kein der Auslegung
ähnliches Verfahren anzuwenden haben, so kann es auch
nicht auf individuelle Umstände ankommen, wodurch bey
der stillschweigenden Willenserklärung die Wahrscheinlich-
keit erhöht oder vermindert werden kann (§ 131). Eben
so wird hier der Zwang oder Irrthum nicht auf ähnliche
Weise, wie bey der stillschweigenden Willenserklärung hin-

esse," welches gerade die eigent-
lichsten Bezeichnungen einer Fic-
tion sind.
(d) L. 4 § 1 L 7 pr. quibus
modis pign.
(20. 6.). -- L. 12
§ 4 qui potiores
(20. 4.). --
Hier könnte man noch zweifeln,
ob nicht vielmehr eine stillschwei-
gende Willenserklärung in jenen
Einwilligungen angenommen wer-
de. Dagegen ist aber zu bedenken,
daß diese Regeln als schlechthin
geltend aufgestellt werden, obgleich
man in vielen Fällen nicht wird
behaupten können, daß sich der
Gläubiger gerade diesen Erfolg
seiner Einwilligung bestimmt ge-
dacht habe.

§. 133. Erklärung des Willens. Fingirte.
Ferner gehört dahin die Einwilligung des Pfandgläubigers
in die Veräußerung oder neue Verpfändung der Sache,
welche ſtets ſo ausgelegt wird, als wäre darin die frey-
willige Aufhebung des eigenen Pfandrechts, oder wenig-
ſtens die Einräumung des Vorzugs an den neuen Gläu-
biger enthalten (d). — Endlich auch diejenigen Fälle des
als Einwilligung geltenden bloßen Stillſchweigens, worin
in der That weder Einwilligung noch Widerſpruch möglich
iſt; ſo bey der Adoption oder Emancipation Desjenigen,
der noch in dem Kindesalter ſteht, ferner bey der wahn-
ſinnigen Tochter, deren Vater ihre Dos nach aufgelöſter
Ehe zurückfordern will (§ 132. c. d. i.).

Da in dieſen Fällen der Wille gar nicht als Thatſache
angenommen wird, ſo daß wir dabey kein der Auslegung
ähnliches Verfahren anzuwenden haben, ſo kann es auch
nicht auf individuelle Umſtände ankommen, wodurch bey
der ſtillſchweigenden Willenserklärung die Wahrſcheinlich-
keit erhöht oder vermindert werden kann (§ 131). Eben
ſo wird hier der Zwang oder Irrthum nicht auf ähnliche
Weiſe, wie bey der ſtillſchweigenden Willenserklärung hin-

esse,” welches gerade die eigent-
lichſten Bezeichnungen einer Fic-
tion ſind.
(d) L. 4 § 1 L 7 pr. quibus
modis pign.
(20. 6.). — L. 12
§ 4 qui potiores
(20. 4.). —
Hier könnte man noch zweifeln,
ob nicht vielmehr eine ſtillſchwei-
gende Willenserklärung in jenen
Einwilligungen angenommen wer-
de. Dagegen iſt aber zu bedenken,
daß dieſe Regeln als ſchlechthin
geltend aufgeſtellt werden, obgleich
man in vielen Fällen nicht wird
behaupten können, daß ſich der
Gläubiger gerade dieſen Erfolg
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[255/0267] §. 133. Erklärung des Willens. Fingirte. Ferner gehört dahin die Einwilligung des Pfandgläubigers in die Veräußerung oder neue Verpfändung der Sache, welche ſtets ſo ausgelegt wird, als wäre darin die frey- willige Aufhebung des eigenen Pfandrechts, oder wenig- ſtens die Einräumung des Vorzugs an den neuen Gläu- biger enthalten (d). — Endlich auch diejenigen Fälle des als Einwilligung geltenden bloßen Stillſchweigens, worin in der That weder Einwilligung noch Widerſpruch möglich iſt; ſo bey der Adoption oder Emancipation Desjenigen, der noch in dem Kindesalter ſteht, ferner bey der wahn- ſinnigen Tochter, deren Vater ihre Dos nach aufgelöſter Ehe zurückfordern will (§ 132. c. d. i.). Da in dieſen Fällen der Wille gar nicht als Thatſache angenommen wird, ſo daß wir dabey kein der Auslegung ähnliches Verfahren anzuwenden haben, ſo kann es auch nicht auf individuelle Umſtände ankommen, wodurch bey der ſtillſchweigenden Willenserklärung die Wahrſcheinlich- keit erhöht oder vermindert werden kann (§ 131). Eben ſo wird hier der Zwang oder Irrthum nicht auf ähnliche Weiſe, wie bey der ſtillſchweigenden Willenserklärung hin- (c) (d) L. 4 § 1 L 7 pr. quibus modis pign. (20. 6.). — L. 12 § 4 qui potiores (20. 4.). — Hier könnte man noch zweifeln, ob nicht vielmehr eine ſtillſchwei- gende Willenserklärung in jenen Einwilligungen angenommen wer- de. Dagegen iſt aber zu bedenken, daß dieſe Regeln als ſchlechthin geltend aufgeſtellt werden, obgleich man in vielen Fällen nicht wird behaupten können, daß ſich der Gläubiger gerade dieſen Erfolg ſeiner Einwilligung beſtimmt ge- dacht habe. (c) esse,” welches gerade die eigent- lichſten Bezeichnungen einer Fic- tion ſind.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/267>, abgerufen am 24.11.2024.