Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.§. 137. Error in substantia. digung leisten, selbst wenn er nicht betrog, sonderngleichfalls irrte. Aus dieser letzten, klaren Entschei- dung ist es denn gewiß, daß der Jurist voraussetzt, der Verkäufer habe im Contract ausgesprochen, die Tische seyen von Citronenholz; denn zur Entschädigung konnte er nur verpflichtet seyn entweder durch eine solche Zusage (w), oder durch seinen Dolus: ein dritter Grund ist dafür nicht denkbar. -- So ist also durch diese Stelle anerkannt, daß bey Holzgeräthen der Irrthum über den Stoff kein we- sentlicher, der Vertrag also dennoch gültig ist, indem er die actio emti erzeugt; die Verbindlichkeit des Verkäufers zur Entschädigung, wenn er entweder betrog, oder die bessere Qualität im Vertrag aussprach, folgt aus allge- meinen Grundsätzen. -- Es ist merkwürdig zu sehen, wie weit manche Interpreten gehen, um ihre vorgefaßte Mey- nung gegen die in den Worten etsi venditor quoque nes- (w) Die Zusage einer bestimm- ten Eigenschaft bey dem Verkauf einer Sache, verpflichtet stets den Verkäufer wenn diese Eigenschaft fehlt: und zwar hat der Käufer in diesem Fall sowohl die ädili- eischen Klagen (L. 18 pr. L. 52 de aed. act. 21. 1), als die actio emti auf das Interesse (L. 13 § 3 de act. emti 19. 1, L. 19 § 2 de aed. act. 21. 1). In L. 13 cit. heißt es: Videamus an ex emto teneatur? et putem teneri. Natürlich auf das In- teresse, wie immer bey dieser Klage. Gerade so heißt es aber auch in unsrer Stelle: teneri debet quanti interest. Über den Umfang und die Berechnung die- ses Interesse ist in beiden Stel- len Nichts gesagt, aus dem ein- fachen Grunde weil nicht jede Stelle alle bey einem Rechtsfall denkbare Fragen erschöpfen kann; es ist also unbegreiflich, wie Ri- chelmann S. 65 wegen der Art des hier vorgeschriebenen Interesse behaupten kann, die Worte etsi . . nesciat dürften nicht auf te- neri quanti interest bezogen wer- den. -- Die Annahme einer aus- drücklichen Zusage hat also hier denselben Grund wie in L. 45 de contr. emt., s. v. Note s. III. 19
§. 137. Error in substantia. digung leiſten, ſelbſt wenn er nicht betrog, ſonderngleichfalls irrte. Aus dieſer letzten, klaren Entſchei- dung iſt es denn gewiß, daß der Juriſt vorausſetzt, der Verkäufer habe im Contract ausgeſprochen, die Tiſche ſeyen von Citronenholz; denn zur Entſchädigung konnte er nur verpflichtet ſeyn entweder durch eine ſolche Zuſage (w), oder durch ſeinen Dolus: ein dritter Grund iſt dafür nicht denkbar. — So iſt alſo durch dieſe Stelle anerkannt, daß bey Holzgeräthen der Irrthum über den Stoff kein we- ſentlicher, der Vertrag alſo dennoch gültig iſt, indem er die actio emti erzeugt; die Verbindlichkeit des Verkäufers zur Entſchädigung, wenn er entweder betrog, oder die beſſere Qualität im Vertrag ausſprach, folgt aus allge- meinen Grundſätzen. — Es iſt merkwürdig zu ſehen, wie weit manche Interpreten gehen, um ihre vorgefaßte Mey- nung gegen die in den Worten etsi venditor quoque nes- (w) Die Zuſage einer beſtimm- ten Eigenſchaft bey dem Verkauf einer Sache, verpflichtet ſtets den Verkäufer wenn dieſe Eigenſchaft fehlt: und zwar hat der Käufer in dieſem Fall ſowohl die ädili- eiſchen Klagen (L. 18 pr. L. 52 de aed. act. 21. 1), als die actio emti auf das Intereſſe (L. 13 § 3 de act. emti 19. 1, L. 19 § 2 de aed. act. 21. 1). In L. 13 cit. heißt es: Videamus an ex emto teneatur? et putem teneri. Natürlich auf das In- tereſſe, wie immer bey dieſer Klage. Gerade ſo heißt es aber auch in unſrer Stelle: teneri debet quanti interest. Über den Umfang und die Berechnung die- ſes Intereſſe iſt in beiden Stel- len Nichts geſagt, aus dem ein- fachen Grunde weil nicht jede Stelle alle bey einem Rechtsfall denkbare Fragen erſchöpfen kann; es iſt alſo unbegreiflich, wie Ri- chelmann S. 65 wegen der Art des hier vorgeſchriebenen Intereſſe behaupten kann, die Worte etsi . . nesciat dürften nicht auf te- neri quanti interest bezogen wer- den. — Die Annahme einer aus- drücklichen Zuſage hat alſo hier denſelben Grund wie in L. 45 de contr. emt., ſ. v. Note s. III. 19
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dung iſt es denn gewiß, daß der Juriſt vorausſetzt, der
Verkäufer habe im Contract ausgeſprochen, die Tiſche ſeyen
von Citronenholz; denn zur Entſchädigung konnte er nur
verpflichtet ſeyn entweder durch eine ſolche Zuſage (w),
oder durch ſeinen Dolus: ein dritter Grund iſt dafür nicht
denkbar. — So iſt alſo durch dieſe Stelle anerkannt, daß
bey Holzgeräthen der Irrthum über den Stoff kein we-
ſentlicher, der Vertrag alſo dennoch gültig iſt, indem er
die actio emti erzeugt; die Verbindlichkeit des Verkäufers
zur Entſchädigung, wenn er entweder betrog, oder die
beſſere Qualität im Vertrag ausſprach, folgt aus allge-
meinen Grundſätzen. — Es iſt merkwürdig zu ſehen, wie
weit manche Interpreten gehen, um ihre vorgefaßte Mey-
nung gegen die in den Worten etsi venditor quoque nes-
(w) Die Zuſage einer beſtimm-
ten Eigenſchaft bey dem Verkauf
einer Sache, verpflichtet ſtets den
Verkäufer wenn dieſe Eigenſchaft
fehlt: und zwar hat der Käufer
in dieſem Fall ſowohl die ädili-
eiſchen Klagen (L. 18 pr. L. 52
de aed. act. 21. 1), als die
actio emti auf das Intereſſe
(L. 13 § 3 de act. emti 19. 1,
L. 19 § 2 de aed. act. 21. 1).
In L. 13 cit. heißt es: Videamus
an ex emto teneatur? et putem
teneri. Natürlich auf das In-
tereſſe, wie immer bey dieſer
Klage. Gerade ſo heißt es aber
auch in unſrer Stelle: teneri
debet quanti interest. Über den
Umfang und die Berechnung die-
ſes Intereſſe iſt in beiden Stel-
len Nichts geſagt, aus dem ein-
fachen Grunde weil nicht jede
Stelle alle bey einem Rechtsfall
denkbare Fragen erſchöpfen kann;
es iſt alſo unbegreiflich, wie Ri-
chelmann S. 65 wegen der Art
des hier vorgeſchriebenen Intereſſe
behaupten kann, die Worte etsi
. . nesciat dürften nicht auf te-
neri quanti interest bezogen wer-
den. — Die Annahme einer aus-
drücklichen Zuſage hat alſo hier
denſelben Grund wie in L. 45 de
contr. emt., ſ. v. Note s.
III. 19
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