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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.

Ich will es nun versuchen, die in den angeführten
Stellen nicht erwähnten, aber verwandten Fälle, nach den
dort angewendeten Grundsätzen zu beurtheilen. Wenn der
Käufer weiß, daß das Gefäß nur vergoldet ist, welches
der Verkäufer für Gold hält, so gilt der Kauf, und der
versprochene Preis muß gezahlt werden; denn der Käufer
irrt nicht, und in dem irrenden Verkäufer ist kein denkba-
res Rechtsinteresse durch Annahme der Ungültigkeit zu
schützen (m). -- Wenn umgekehrt der Verkäufer das wirk-
lich goldne Gefäß für vergoldet hält, und in diesem Irr-
thum verkauft, so ist nach derselben Regel, die in jenen
Stellen zum Schutz des Käufers angewendet wurde, auch
der Verkauf für nicht geschlossen zu halten (n); es ist auch
dabey gleichgültig, ob der Käufer in demselben Irrthum
war oder nicht.

Die hier über den Kauf und Verkauf aufgestellten Re-
geln sind unbedenklich auch auf den Tausch anzuwenden,
dessen innere Verwandtschaft mit dem Kauf, an sich selbst

(m) Wer ein Gefäß um Hun-
dert verkaufen will, das er für
ein goldnes hält, kann unmöglich
diesen Verkauf abweisen, wenn
er erfährt, daß es nur vergoldet
ist. Es ist genau derselbe Fall
wie in L. 52 loc. (19. 2.), wo
Derjenige, welcher ein Grund-
stück um Zehen pachten will, ge-
radezu so angesehen wird, als
hätte er auch um Fünf pachten
wollen, ohne daß er weiter hier-
über gefragt wird. Es ist in
beiden Fällen von einem reinen
Mehr und Weniger die Rede.
Auch spricht dafür die augenschein-
liche Analogie von L. 57 § 2
L. 58 de contr. emt. (18. 1.).
(n) Man könnte dagegen ein-
wenden, jeder Verkäufer müsse
die Eigenschaften seiner Sache ken-
nen, und der Irrthum sey daher
seine eigene Schuld (L. 15 C. de
resc. vend.
4. 44.). Allein bey
dem unächten Irrthum, wovon
hier die Rede ist, kommt auf die
Verschuldung überhaupt Nichts an.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.

Ich will es nun verſuchen, die in den angeführten
Stellen nicht erwähnten, aber verwandten Fälle, nach den
dort angewendeten Grundſätzen zu beurtheilen. Wenn der
Käufer weiß, daß das Gefäß nur vergoldet iſt, welches
der Verkäufer für Gold hält, ſo gilt der Kauf, und der
verſprochene Preis muß gezahlt werden; denn der Käufer
irrt nicht, und in dem irrenden Verkäufer iſt kein denkba-
res Rechtsintereſſe durch Annahme der Ungültigkeit zu
ſchützen (m). — Wenn umgekehrt der Verkäufer das wirk-
lich goldne Gefäß für vergoldet hält, und in dieſem Irr-
thum verkauft, ſo iſt nach derſelben Regel, die in jenen
Stellen zum Schutz des Käufers angewendet wurde, auch
der Verkauf für nicht geſchloſſen zu halten (n); es iſt auch
dabey gleichgültig, ob der Käufer in demſelben Irrthum
war oder nicht.

Die hier über den Kauf und Verkauf aufgeſtellten Re-
geln ſind unbedenklich auch auf den Tauſch anzuwenden,
deſſen innere Verwandtſchaft mit dem Kauf, an ſich ſelbſt

(m) Wer ein Gefäß um Hun-
dert verkaufen will, das er für
ein goldnes hält, kann unmöglich
dieſen Verkauf abweiſen, wenn
er erfährt, daß es nur vergoldet
iſt. Es iſt genau derſelbe Fall
wie in L. 52 loc. (19. 2.), wo
Derjenige, welcher ein Grund-
ſtück um Zehen pachten will, ge-
radezu ſo angeſehen wird, als
hätte er auch um Fünf pachten
wollen, ohne daß er weiter hier-
über gefragt wird. Es iſt in
beiden Fällen von einem reinen
Mehr und Weniger die Rede.
Auch ſpricht dafür die augenſchein-
liche Analogie von L. 57 § 2
L. 58 de contr. emt. (18. 1.).
(n) Man könnte dagegen ein-
wenden, jeder Verkäufer müſſe
die Eigenſchaften ſeiner Sache ken-
nen, und der Irrthum ſey daher
ſeine eigene Schuld (L. 15 C. de
resc. vend.
4. 44.). Allein bey
dem unächten Irrthum, wovon
hier die Rede iſt, kommt auf die
Verſchuldung überhaupt Nichts an.
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[298/0310] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Ich will es nun verſuchen, die in den angeführten Stellen nicht erwähnten, aber verwandten Fälle, nach den dort angewendeten Grundſätzen zu beurtheilen. Wenn der Käufer weiß, daß das Gefäß nur vergoldet iſt, welches der Verkäufer für Gold hält, ſo gilt der Kauf, und der verſprochene Preis muß gezahlt werden; denn der Käufer irrt nicht, und in dem irrenden Verkäufer iſt kein denkba- res Rechtsintereſſe durch Annahme der Ungültigkeit zu ſchützen (m). — Wenn umgekehrt der Verkäufer das wirk- lich goldne Gefäß für vergoldet hält, und in dieſem Irr- thum verkauft, ſo iſt nach derſelben Regel, die in jenen Stellen zum Schutz des Käufers angewendet wurde, auch der Verkauf für nicht geſchloſſen zu halten (n); es iſt auch dabey gleichgültig, ob der Käufer in demſelben Irrthum war oder nicht. Die hier über den Kauf und Verkauf aufgeſtellten Re- geln ſind unbedenklich auch auf den Tauſch anzuwenden, deſſen innere Verwandtſchaft mit dem Kauf, an ſich ſelbſt (m) Wer ein Gefäß um Hun- dert verkaufen will, das er für ein goldnes hält, kann unmöglich dieſen Verkauf abweiſen, wenn er erfährt, daß es nur vergoldet iſt. Es iſt genau derſelbe Fall wie in L. 52 loc. (19. 2.), wo Derjenige, welcher ein Grund- ſtück um Zehen pachten will, ge- radezu ſo angeſehen wird, als hätte er auch um Fünf pachten wollen, ohne daß er weiter hier- über gefragt wird. Es iſt in beiden Fällen von einem reinen Mehr und Weniger die Rede. Auch ſpricht dafür die augenſchein- liche Analogie von L. 57 § 2 L. 58 de contr. emt. (18. 1.). (n) Man könnte dagegen ein- wenden, jeder Verkäufer müſſe die Eigenſchaften ſeiner Sache ken- nen, und der Irrthum ſey daher ſeine eigene Schuld (L. 15 C. de resc. vend. 4. 44.). Allein bey dem unächten Irrthum, wovon hier die Rede iſt, kommt auf die Verſchuldung überhaupt Nichts an.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/310>, abgerufen am 22.11.2024.