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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 140. Vertrag.
besondere in der Wahlkapitulation des Kaisers hervor (d).
-- Dagegen ist in diesem Gebiet dem Vertrag manche
irrige Anwendung beygelegt worden. So bey der ursprüng-
lichen Entstehung der Staaten, die häufig auf einen Ver-
einigungs- und Unterwerfungs-Vertrag zurückgeführt wird,
da doch jede Ableitung derselben aus individueller Will-
kühr verneint werden muß (§ 9). Eben so aber auch bey
dem Eintritt des Einzelnen in den Staat. Wie nämlich
der Mensch durch seine Geburt Glied einer Familie wird,
und zwar in der Regel einer durch Ehe rechtlich geordne-
ten Familie: eben so wird er durch Geburt Glied eines
Volks und zugleich eines Staates, welcher nur die Er-
scheinung des Volks in bestimmter Rechtsform ist. Durch
jenes, wie durch dieses Band wird der Einzelne an das
Ganze der Menschheit angeknüpft, lange ehe er ein Be-
wußtseyn davon haben kann; daher ist es für beiderley
Verbindungen gleich unzulässig, sie auf Vertrag, also auf
individuelle Willkühr, zurück zu führen. Allein das ur-
sprünglich vorhandene Familienband kann durch freye Hand-
lungen modificirt oder nachgeahmt werden, namentlich durch
Emancipation und Adoption. Eben so ist es denkbar, daß
der Einzelne durch freyen Entschluß den angebornen Staat
verlasse, und in einen neuen eintrete; auch diese Verände-

(d) Am Schluß des Eingangs
heißt es: "daß Wir Uns dem-
nach aus freyem gnädigen Wil-
len mit denselben .. Kurfürsten,
für sich und sämmtliche Fürsten
und Stände des heiligen römischen
Reichs geding- und pakts-
weise dieser nachfolgenden
Artikel vereiniget, vergli-
chen, angenommen und zu-
gesagt haben
."

§. 140. Vertrag.
beſondere in der Wahlkapitulation des Kaiſers hervor (d).
— Dagegen iſt in dieſem Gebiet dem Vertrag manche
irrige Anwendung beygelegt worden. So bey der urſprüng-
lichen Entſtehung der Staaten, die häufig auf einen Ver-
einigungs- und Unterwerfungs-Vertrag zurückgeführt wird,
da doch jede Ableitung derſelben aus individueller Will-
kühr verneint werden muß (§ 9). Eben ſo aber auch bey
dem Eintritt des Einzelnen in den Staat. Wie nämlich
der Menſch durch ſeine Geburt Glied einer Familie wird,
und zwar in der Regel einer durch Ehe rechtlich geordne-
ten Familie: eben ſo wird er durch Geburt Glied eines
Volks und zugleich eines Staates, welcher nur die Er-
ſcheinung des Volks in beſtimmter Rechtsform iſt. Durch
jenes, wie durch dieſes Band wird der Einzelne an das
Ganze der Menſchheit angeknüpft, lange ehe er ein Be-
wußtſeyn davon haben kann; daher iſt es für beiderley
Verbindungen gleich unzuläſſig, ſie auf Vertrag, alſo auf
individuelle Willkühr, zurück zu führen. Allein das ur-
ſprünglich vorhandene Familienband kann durch freye Hand-
lungen modificirt oder nachgeahmt werden, namentlich durch
Emancipation und Adoption. Eben ſo iſt es denkbar, daß
der Einzelne durch freyen Entſchluß den angebornen Staat
verlaſſe, und in einen neuen eintrete; auch dieſe Verände-

(d) Am Schluß des Eingangs
heißt es: „daß Wir Uns dem-
nach aus freyem gnädigen Wil-
len mit denſelben .. Kurfürſten,
für ſich und ſämmtliche Fürſten
und Stände des heiligen römiſchen
Reichs geding- und pakts-
weiſe dieſer nachfolgenden
Artikel vereiniget, vergli-
chen, angenommen und zu-
geſagt haben
.”
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[311/0323] §. 140. Vertrag. beſondere in der Wahlkapitulation des Kaiſers hervor (d). — Dagegen iſt in dieſem Gebiet dem Vertrag manche irrige Anwendung beygelegt worden. So bey der urſprüng- lichen Entſtehung der Staaten, die häufig auf einen Ver- einigungs- und Unterwerfungs-Vertrag zurückgeführt wird, da doch jede Ableitung derſelben aus individueller Will- kühr verneint werden muß (§ 9). Eben ſo aber auch bey dem Eintritt des Einzelnen in den Staat. Wie nämlich der Menſch durch ſeine Geburt Glied einer Familie wird, und zwar in der Regel einer durch Ehe rechtlich geordne- ten Familie: eben ſo wird er durch Geburt Glied eines Volks und zugleich eines Staates, welcher nur die Er- ſcheinung des Volks in beſtimmter Rechtsform iſt. Durch jenes, wie durch dieſes Band wird der Einzelne an das Ganze der Menſchheit angeknüpft, lange ehe er ein Be- wußtſeyn davon haben kann; daher iſt es für beiderley Verbindungen gleich unzuläſſig, ſie auf Vertrag, alſo auf individuelle Willkühr, zurück zu führen. Allein das ur- ſprünglich vorhandene Familienband kann durch freye Hand- lungen modificirt oder nachgeahmt werden, namentlich durch Emancipation und Adoption. Eben ſo iſt es denkbar, daß der Einzelne durch freyen Entſchluß den angebornen Staat verlaſſe, und in einen neuen eintrete; auch dieſe Verände- (d) Am Schluß des Eingangs heißt es: „daß Wir Uns dem- nach aus freyem gnädigen Wil- len mit denſelben .. Kurfürſten, für ſich und ſämmtliche Fürſten und Stände des heiligen römiſchen Reichs geding- und pakts- weiſe dieſer nachfolgenden Artikel vereiniget, vergli- chen, angenommen und zu- geſagt haben.”

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/323>, abgerufen am 21.11.2024.