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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 140. Vertrag.
nicht einmal die irrige Behauptung versucht worden, daß
noch eine Tradition hinzutreten müsse. -- In diesen häu-
figen und wichtigen Fällen wird die Vertragsnatur der
Handlung meist übersehen, weil man sie nicht gehörig von
dem obligatorischen Vertrag unterscheidet, welcher jene
Handlung gewöhnlich vorbereitet und begleitet. Wird zum
Beyspiel ein Haus verkauft, so denkt man gewöhnlich an
den obligatorischen Kauf, und ganz richtig; aber man ver-
gißt darüber, daß die nachfolgende Tradition auch ein
Vertrag ist, und ein von jenem Kauf ganz verschiedener,
nur durch ihn nothwendig gewordener. Die Verwechslung
wird recht anschaulich durch die seltneren Fälle der Tra-
dition ohne vorhergehende Obligation, wie bey dem Ge-
schenk an einen Bettler, das einen wahren Vertrag enthält
ohne alle Obligation, bloßes Geben und Nehmen in über-
einstimmender Absicht; ferner durch die Verpfändung ohne
Besitz (hypotheca), wobey durch Vertrag blos das ding-
liche Pfandrecht entsteht, gar keine Obligation. Man
könnte, zur schärferen Unterscheidung alle diese Fälle als
dingliche Verträge bezeichnen. -- Endlich gehören un-
ter die privatrechtlichen Verträge auch diejenigen, wodurch
in der Familie Rechtsverhältnisse bestimmt werden, na-
mentlich die Ehe, die Adoption, die Emancipation. Die
Einwürfe gegen die Vertragsnatur der Ehe werden im
folgenden §. geprüft werden; die Vertragsnatur der Adop-
tion und Emancipation ist bey den durch ihr Alter hand-
lungsfähigen Kindern nicht zu bezweifeln. Für diese Art

§. 140. Vertrag.
nicht einmal die irrige Behauptung verſucht worden, daß
noch eine Tradition hinzutreten müſſe. — In dieſen häu-
figen und wichtigen Fällen wird die Vertragsnatur der
Handlung meiſt überſehen, weil man ſie nicht gehoͤrig von
dem obligatoriſchen Vertrag unterſcheidet, welcher jene
Handlung gewöhnlich vorbereitet und begleitet. Wird zum
Beyſpiel ein Haus verkauft, ſo denkt man gewöhnlich an
den obligatoriſchen Kauf, und ganz richtig; aber man ver-
gißt darüber, daß die nachfolgende Tradition auch ein
Vertrag iſt, und ein von jenem Kauf ganz verſchiedener,
nur durch ihn nothwendig gewordener. Die Verwechslung
wird recht anſchaulich durch die ſeltneren Fälle der Tra-
dition ohne vorhergehende Obligation, wie bey dem Ge-
ſchenk an einen Bettler, das einen wahren Vertrag enthält
ohne alle Obligation, bloßes Geben und Nehmen in über-
einſtimmender Abſicht; ferner durch die Verpfändung ohne
Beſitz (hypotheca), wobey durch Vertrag blos das ding-
liche Pfandrecht entſteht, gar keine Obligation. Man
könnte, zur ſchärferen Unterſcheidung alle dieſe Fälle als
dingliche Verträge bezeichnen. — Endlich gehören un-
ter die privatrechtlichen Verträge auch diejenigen, wodurch
in der Familie Rechtsverhältniſſe beſtimmt werden, na-
mentlich die Ehe, die Adoption, die Emancipation. Die
Einwürfe gegen die Vertragsnatur der Ehe werden im
folgenden §. geprüft werden; die Vertragsnatur der Adop-
tion und Emancipation iſt bey den durch ihr Alter hand-
lungsfähigen Kindern nicht zu bezweifeln. Für dieſe Art

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[313/0325] §. 140. Vertrag. nicht einmal die irrige Behauptung verſucht worden, daß noch eine Tradition hinzutreten müſſe. — In dieſen häu- figen und wichtigen Fällen wird die Vertragsnatur der Handlung meiſt überſehen, weil man ſie nicht gehoͤrig von dem obligatoriſchen Vertrag unterſcheidet, welcher jene Handlung gewöhnlich vorbereitet und begleitet. Wird zum Beyſpiel ein Haus verkauft, ſo denkt man gewöhnlich an den obligatoriſchen Kauf, und ganz richtig; aber man ver- gißt darüber, daß die nachfolgende Tradition auch ein Vertrag iſt, und ein von jenem Kauf ganz verſchiedener, nur durch ihn nothwendig gewordener. Die Verwechslung wird recht anſchaulich durch die ſeltneren Fälle der Tra- dition ohne vorhergehende Obligation, wie bey dem Ge- ſchenk an einen Bettler, das einen wahren Vertrag enthält ohne alle Obligation, bloßes Geben und Nehmen in über- einſtimmender Abſicht; ferner durch die Verpfändung ohne Beſitz (hypotheca), wobey durch Vertrag blos das ding- liche Pfandrecht entſteht, gar keine Obligation. Man könnte, zur ſchärferen Unterſcheidung alle dieſe Fälle als dingliche Verträge bezeichnen. — Endlich gehören un- ter die privatrechtlichen Verträge auch diejenigen, wodurch in der Familie Rechtsverhältniſſe beſtimmt werden, na- mentlich die Ehe, die Adoption, die Emancipation. Die Einwürfe gegen die Vertragsnatur der Ehe werden im folgenden §. geprüft werden; die Vertragsnatur der Adop- tion und Emancipation iſt bey den durch ihr Alter hand- lungsfähigen Kindern nicht zu bezweifeln. Für dieſe Art

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/325>, abgerufen am 22.11.2024.