Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Beylage VIII. Irrthum entschuldigenden, Umstände des einzelnen Fal-les (g). Auf gleiche Weise soll der Rechtsirrthum deswegen propter sexum femininum jus suum possit." Über die Bedeu- tung des jus suum vergl. oben Num. I. Note c. (g) Ein solcher Fall wird er- wähnt in L. 1 § 2 h. t. -- Wenn nun in anderen Stellen der Irr- thum über eigene Handlungen ohne Weiteres als zulässig behan- delt wird, so sind dabey stets sol- che besondere entschuldigende Um- stände vorauszusetzen. So in L. 22 pr. L. 32 § 1. 3 de cond. indeb. (12. 6.). (h) Daß hierin Alles auf den Begriff der culpa zurück zu füh- ren ist, erhellt deutlich sowohl aus den in Note d angeführten Stel- len, als aus L. 29 § 1 mandati (17. 1.). Hier ist nicht von der Zulässigkeit und den Wirkungen des Irrthums nach allgemeinen Rechtsregeln (wie in unsrer Un- tersuchung) die Rede, sondern im Verhältniß zu einem anderen Con- trahenten, wo gewiß nur die culpa entscheiden kann; und doch wird auch hier der Unterschied zwischen dem factischen und Rechtsirrthum zum Grund gelegt. Vgl. auch Glossa in L. 11 § 4 de his qui not. (3. 2.) und Cujacius Opp. IV. p. 508. (i) L. 2 h. t. "cum jus fini- tum et possit esse et debeat, facti interpretatio plerumque etiam prudentissimos fallat." (k) L. 10 de Bon. Poss. (37.
1.), L. 2 § 5 quis ordo (38. 15.), L. 9 § 3 h. t. "Sed juris igno- rantiam non prodesse, Labeo ita accipiendum existimat, si jurisconsulti copiam haberet, vel sua prudentia instructus sit: ut, cui facile sit scire, ei de- trimento sit juris ignorantia: Beylage VIII. Irrthum entſchuldigenden, Umſtände des einzelnen Fal-les (g). Auf gleiche Weiſe ſoll der Rechtsirrthum deswegen propter sexum femininum jus suum possit.” Über die Bedeu- tung des jus suum vergl. oben Num. I. Note c. (g) Ein ſolcher Fall wird er- wähnt in L. 1 § 2 h. t. — Wenn nun in anderen Stellen der Irr- thum über eigene Handlungen ohne Weiteres als zuläſſig behan- delt wird, ſo ſind dabey ſtets ſol- che beſondere entſchuldigende Um- ſtände vorauszuſetzen. So in L. 22 pr. L. 32 § 1. 3 de cond. indeb. (12. 6.). (h) Daß hierin Alles auf den Begriff der culpa zurück zu füh- ren iſt, erhellt deutlich ſowohl aus den in Note d angeführten Stel- len, als aus L. 29 § 1 mandati (17. 1.). Hier iſt nicht von der Zuläſſigkeit und den Wirkungen des Irrthums nach allgemeinen Rechtsregeln (wie in unſrer Un- terſuchung) die Rede, ſondern im Verhältniß zu einem anderen Con- trahenten, wo gewiß nur die culpa entſcheiden kann; und doch wird auch hier der Unterſchied zwiſchen dem factiſchen und Rechtsirrthum zum Grund gelegt. Vgl. auch Glossa in L. 11 § 4 de his qui not. (3. 2.) und Cujacius Opp. IV. p. 508. (i) L. 2 h. t. „cum jus fini- tum et possit esse et debeat, facti interpretatio plerumque etiam prudentissimos fallat.” (k) L. 10 de Bon. Poss. (37.
1.), L. 2 § 5 quis ordo (38. 15.), L. 9 § 3 h. t. „Sed juris igno- rantiam non prodesse, Labeo ita accipiendum existimat, si jurisconsulti copiam haberet, vel sua prudentia instructus sit: ut, cui facile sit scire, ei de- trimento sit juris ignorantia: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0346" n="334"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/> Irrthum entſchuldigenden, Umſtände des einzelnen Fal-<lb/> les <note place="foot" n="(g)">Ein ſolcher Fall wird er-<lb/> wähnt in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 2 <hi rendition="#i">h. t.</hi></hi> — Wenn<lb/> nun in anderen Stellen der Irr-<lb/> thum über eigene Handlungen<lb/> ohne Weiteres als zuläſſig behan-<lb/> delt wird, ſo ſind dabey ſtets ſol-<lb/> che beſondere entſchuldigende Um-<lb/> ſtände vorauszuſetzen. So in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 22<lb/><hi rendition="#i">pr. L.</hi> 32 § 1. 3 <hi rendition="#i">de cond. indeb.</hi></hi><lb/> (12. 6.).</note>.</p><lb/> <p>Auf gleiche Weiſe ſoll der Rechtsirrthum deswegen<lb/> ungünſtiger beurtheilt werden, weil dabey den Irrenden<lb/> ſtets der Vorwurf großer Nachläſſigkeit treffe <note place="foot" n="(h)">Daß hierin Alles auf den<lb/> Begriff der <hi rendition="#aq">culpa</hi> zurück zu füh-<lb/> ren iſt, erhellt deutlich ſowohl aus<lb/> den in Note <hi rendition="#aq">d</hi> angeführten Stel-<lb/> len, als aus <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 29 § 1 <hi rendition="#i">mandati</hi></hi><lb/> (17. 1.). Hier iſt nicht von der<lb/> Zuläſſigkeit und den Wirkungen<lb/> des Irrthums nach allgemeinen<lb/> Rechtsregeln (wie in unſrer Un-<lb/> terſuchung) die Rede, ſondern im<lb/> Verhältniß zu einem anderen Con-<lb/> trahenten, wo gewiß nur die <hi rendition="#aq">culpa</hi><lb/> entſcheiden kann; und doch wird<lb/> auch hier der Unterſchied zwiſchen<lb/> dem factiſchen und Rechtsirrthum<lb/> zum Grund gelegt. Vgl. auch<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Glossa</hi></hi> in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11 § 4 <hi rendition="#i">de his qui<lb/> not.</hi></hi> (3. 2.) und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cujacius</hi> Opp.<lb/> IV. p.</hi> 508.</note>; denn<lb/> die Rechtsregel ſey klar und gewiß <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">h. t.</hi> „cum jus fini-<lb/> tum et possit esse et debeat,<lb/> facti interpretatio plerumque<lb/> etiam prudentissimos fallat.”</hi></note>, und daher könne<lb/> ein Jeder ſie entweder ſelbſt wiſſen, oder durch Erkundi-<lb/> gung bey Rechtsverſtändigen leicht erfahren. Dieſer letzte<lb/> Gedanke wird nun noch dahin näher ausgebildet, daß es<lb/> allerdings Fälle gebe, worin dieſe Nachläſſigkeit, alſo auch<lb/> die darauf gegründete ungünſtige Behandlung, wegfalle,<lb/> aber dieſe Fälle ſeyen ſehr ſelten anzunehmen <note xml:id="seg2pn_61_1" next="#seg2pn_61_2" place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">de Bon. Poss.</hi> (37.<lb/> 1.), <hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 5 <hi rendition="#i">quis ordo</hi> (38. 15.),<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 9 § 3 <hi rendition="#i">h. t.</hi> „Sed juris igno-<lb/> rantiam non prodesse, Labeo<lb/> ita accipiendum existimat, si<lb/> jurisconsulti copiam haberet,<lb/> vel sua prudentia instructus sit:<lb/> ut, cui facile sit scire, ei de-<lb/> trimento sit juris ignorantia:</hi></note>.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_60_2" prev="#seg2pn_60_1" place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">propter sexum femininum jus<lb/> suum possit.”</hi> Über die Bedeu-<lb/> tung des <hi rendition="#aq">jus suum</hi> vergl. oben<lb/> Num. <hi rendition="#aq">I.</hi> Note <hi rendition="#aq">c.</hi></note> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [334/0346]
Beylage VIII.
Irrthum entſchuldigenden, Umſtände des einzelnen Fal-
les (g).
Auf gleiche Weiſe ſoll der Rechtsirrthum deswegen
ungünſtiger beurtheilt werden, weil dabey den Irrenden
ſtets der Vorwurf großer Nachläſſigkeit treffe (h); denn
die Rechtsregel ſey klar und gewiß (i), und daher könne
ein Jeder ſie entweder ſelbſt wiſſen, oder durch Erkundi-
gung bey Rechtsverſtändigen leicht erfahren. Dieſer letzte
Gedanke wird nun noch dahin näher ausgebildet, daß es
allerdings Fälle gebe, worin dieſe Nachläſſigkeit, alſo auch
die darauf gegründete ungünſtige Behandlung, wegfalle,
aber dieſe Fälle ſeyen ſehr ſelten anzunehmen (k).
(f)
(g) Ein ſolcher Fall wird er-
wähnt in L. 1 § 2 h. t. — Wenn
nun in anderen Stellen der Irr-
thum über eigene Handlungen
ohne Weiteres als zuläſſig behan-
delt wird, ſo ſind dabey ſtets ſol-
che beſondere entſchuldigende Um-
ſtände vorauszuſetzen. So in L. 22
pr. L. 32 § 1. 3 de cond. indeb.
(12. 6.).
(h) Daß hierin Alles auf den
Begriff der culpa zurück zu füh-
ren iſt, erhellt deutlich ſowohl aus
den in Note d angeführten Stel-
len, als aus L. 29 § 1 mandati
(17. 1.). Hier iſt nicht von der
Zuläſſigkeit und den Wirkungen
des Irrthums nach allgemeinen
Rechtsregeln (wie in unſrer Un-
terſuchung) die Rede, ſondern im
Verhältniß zu einem anderen Con-
trahenten, wo gewiß nur die culpa
entſcheiden kann; und doch wird
auch hier der Unterſchied zwiſchen
dem factiſchen und Rechtsirrthum
zum Grund gelegt. Vgl. auch
Glossa in L. 11 § 4 de his qui
not. (3. 2.) und Cujacius Opp.
IV. p. 508.
(i) L. 2 h. t. „cum jus fini-
tum et possit esse et debeat,
facti interpretatio plerumque
etiam prudentissimos fallat.”
(k) L. 10 de Bon. Poss. (37.
1.), L. 2 § 5 quis ordo (38. 15.),
L. 9 § 3 h. t. „Sed juris igno-
rantiam non prodesse, Labeo
ita accipiendum existimat, si
jurisconsulti copiam haberet,
vel sua prudentia instructus sit:
ut, cui facile sit scire, ei de-
trimento sit juris ignorantia:
(f) propter sexum femininum jus
suum possit.” Über die Bedeu-
tung des jus suum vergl. oben
Num. I. Note c.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |