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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Irrthum und Unwissenheit.
ausgesetzt daß ein factischer Irrthum zum Grunde liegt.
Diesen Unterschied also, und somit überhaupt die Wirk-
samkeit des Irrthums, erkennen wir aus jener Regel nicht.
Vielmehr hat dieselbe die blos negative Bedeutung, daß
in den Fällen, die an sich für die Wirksamkeit des Irr-
thums wohl geeignet sind, diese Wirksamkeit dennoch weg-
fällt, sobald dem Irrthum eine große Nachlässigkeit zum
Grunde liegt, in der Regel also wenn derselbe ein Rechts-
irrthum ist. Finden wir also nicht etwa anderwärts ein
positives Princip, so werden wir genöthigt seyn, von fol-
gender Ansicht auszugehen. Der Irrthum im Allgemeinen
wirkt an und für sich gar nicht, schützt also auch nicht
gegen den dadurch entstandenen Nachtheil. Für viele ein-
zelne juristische Thatsachen ist ihm allerdings eine Einwir-
kung mitgetheilt, und diese muß für jede derselben beson-
ders begründet werden. Allein auch bey diesen fällt die
Einwirkung hinweg, wenn der Irrthum auf einer großen
Nachlässigkeit beruht, welches in der Regel bey dem
Rechtsirrthum anzunehmen ist, bey dem factischen aber
stets besonders erwiesen werden muß.

Wir haben also nun die verschiedenen Klassen juristi-
scher Thatsachen, in Beziehung auf die Wirksamkeit des
Irrthums, einzeln zu untersuchen. Da jedoch in den
Quellen des Römischen Rechts zwey scheinbare positive
Principien erwähnt werden, so ist zur Rechtfertigung des
vorgezeichneten Verfahrens zuvor die Prüfung dieser Prin-
cipien nöthig.


Irrthum und Unwiſſenheit.
ausgeſetzt daß ein factiſcher Irrthum zum Grunde liegt.
Dieſen Unterſchied alſo, und ſomit überhaupt die Wirk-
ſamkeit des Irrthums, erkennen wir aus jener Regel nicht.
Vielmehr hat dieſelbe die blos negative Bedeutung, daß
in den Fällen, die an ſich für die Wirkſamkeit des Irr-
thums wohl geeignet ſind, dieſe Wirkſamkeit dennoch weg-
fällt, ſobald dem Irrthum eine große Nachläſſigkeit zum
Grunde liegt, in der Regel alſo wenn derſelbe ein Rechts-
irrthum iſt. Finden wir alſo nicht etwa anderwärts ein
poſitives Princip, ſo werden wir genöthigt ſeyn, von fol-
gender Anſicht auszugehen. Der Irrthum im Allgemeinen
wirkt an und für ſich gar nicht, ſchützt alſo auch nicht
gegen den dadurch entſtandenen Nachtheil. Für viele ein-
zelne juriſtiſche Thatſachen iſt ihm allerdings eine Einwir-
kung mitgetheilt, und dieſe muß für jede derſelben beſon-
ders begründet werden. Allein auch bey dieſen fällt die
Einwirkung hinweg, wenn der Irrthum auf einer großen
Nachläſſigkeit beruht, welches in der Regel bey dem
Rechtsirrthum anzunehmen iſt, bey dem factiſchen aber
ſtets beſonders erwieſen werden muß.

Wir haben alſo nun die verſchiedenen Klaſſen juriſti-
ſcher Thatſachen, in Beziehung auf die Wirkſamkeit des
Irrthums, einzeln zu unterſuchen. Da jedoch in den
Quellen des Römiſchen Rechts zwey ſcheinbare poſitive
Principien erwähnt werden, ſo iſt zur Rechtfertigung des
vorgezeichneten Verfahrens zuvor die Prüfung dieſer Prin-
cipien nöthig.


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[341/0353] Irrthum und Unwiſſenheit. ausgeſetzt daß ein factiſcher Irrthum zum Grunde liegt. Dieſen Unterſchied alſo, und ſomit überhaupt die Wirk- ſamkeit des Irrthums, erkennen wir aus jener Regel nicht. Vielmehr hat dieſelbe die blos negative Bedeutung, daß in den Fällen, die an ſich für die Wirkſamkeit des Irr- thums wohl geeignet ſind, dieſe Wirkſamkeit dennoch weg- fällt, ſobald dem Irrthum eine große Nachläſſigkeit zum Grunde liegt, in der Regel alſo wenn derſelbe ein Rechts- irrthum iſt. Finden wir alſo nicht etwa anderwärts ein poſitives Princip, ſo werden wir genöthigt ſeyn, von fol- gender Anſicht auszugehen. Der Irrthum im Allgemeinen wirkt an und für ſich gar nicht, ſchützt alſo auch nicht gegen den dadurch entſtandenen Nachtheil. Für viele ein- zelne juriſtiſche Thatſachen iſt ihm allerdings eine Einwir- kung mitgetheilt, und dieſe muß für jede derſelben beſon- ders begründet werden. Allein auch bey dieſen fällt die Einwirkung hinweg, wenn der Irrthum auf einer großen Nachläſſigkeit beruht, welches in der Regel bey dem Rechtsirrthum anzunehmen iſt, bey dem factiſchen aber ſtets beſonders erwieſen werden muß. Wir haben alſo nun die verſchiedenen Klaſſen juriſti- ſcher Thatſachen, in Beziehung auf die Wirkſamkeit des Irrthums, einzeln zu unterſuchen. Da jedoch in den Quellen des Römiſchen Rechts zwey ſcheinbare poſitive Principien erwähnt werden, ſo iſt zur Rechtfertigung des vorgezeichneten Verfahrens zuvor die Prüfung dieſer Prin- cipien nöthig.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/353>, abgerufen am 22.11.2024.