Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Irrthum und Unwissenheit.
werden dürfte. -- Endlich wird dieser Satz noch durch
folgende einzelne Aussprüche des Römischen Rechts be-
stätigt:

1. Wer Etwas schenkt, um den Andern für irrig vor-
ausgesetzte Dienste zu belohnen, kann ungeachtet dieses Irr-
thums das Gegebene nicht zurück fordern (d).

2. Wenn Waaren nach Gewicht verkauft werden, und
ein Dritter hat zu diesem Handel wissentlich falsches Ge-
wicht hergeliehen, so kann in der Regel der Beschädigte
die Berichtigung der ungenauen Erfüllung des Vertrags
verlangen, wodurch dann jeder Schade abgewendet ist.
Nur wenn ausdrücklich auf dieses individuelle Gewicht
contrahirt war, fällt diese Aushülfe weg, und nun gilt die
doli actio gegen den Betrüger (e). Daraus aber folgt
nothwendig, daß jener Vertrag selbst, ungeachtet des Irr-
thums, unanfechtbar seyn muß, indem die doli actio nicht
gegeben werden darf, sobald der Schade durch ein anderes
Rechtsmittel (Klage oder Exception) abgewendet werden
kann, es möge dieses Rechtsmittel gegen den Betrüger
selbst, oder gegen einen Andern, zulässig seyn (f).

3. Wenn der Gläubiger durch Betrug seines Schuld-
ners zur Acceptilation bestimmt wird, so hat er gegen den
Schuldner die doli actio (g). Daraus folgt aber, daß die
Acceptilation, ungeachtet des Irrthums, gültig seyn muß,

(d) L. 65 § 2 de cond. indeb.
(12. 6.).
(e) L. 18 § 3 de dolo (4. 3.).
(f) L. 1 § 4--8, L. 2--7 de
dolo
(4. 3.).
(g) L. 38 de dolo (4. 3.).

Irrthum und Unwiſſenheit.
werden dürfte. — Endlich wird dieſer Satz noch durch
folgende einzelne Ausſprüche des Römiſchen Rechts be-
ſtätigt:

1. Wer Etwas ſchenkt, um den Andern für irrig vor-
ausgeſetzte Dienſte zu belohnen, kann ungeachtet dieſes Irr-
thums das Gegebene nicht zurück fordern (d).

2. Wenn Waaren nach Gewicht verkauft werden, und
ein Dritter hat zu dieſem Handel wiſſentlich falſches Ge-
wicht hergeliehen, ſo kann in der Regel der Beſchädigte
die Berichtigung der ungenauen Erfüllung des Vertrags
verlangen, wodurch dann jeder Schade abgewendet iſt.
Nur wenn ausdrücklich auf dieſes individuelle Gewicht
contrahirt war, fällt dieſe Aushülfe weg, und nun gilt die
doli actio gegen den Betrüger (e). Daraus aber folgt
nothwendig, daß jener Vertrag ſelbſt, ungeachtet des Irr-
thums, unanfechtbar ſeyn muß, indem die doli actio nicht
gegeben werden darf, ſobald der Schade durch ein anderes
Rechtsmittel (Klage oder Exception) abgewendet werden
kann, es möge dieſes Rechtsmittel gegen den Betruͤger
ſelbſt, oder gegen einen Andern, zuläſſig ſeyn (f).

3. Wenn der Gläubiger durch Betrug ſeines Schuld-
ners zur Acceptilation beſtimmt wird, ſo hat er gegen den
Schuldner die doli actio (g). Daraus folgt aber, daß die
Acceptilation, ungeachtet des Irrthums, gültig ſeyn muß,

(d) L. 65 § 2 de cond. indeb.
(12. 6.).
(e) L. 18 § 3 de dolo (4. 3.).
(f) L. 1 § 4—8, L. 2—7 de
dolo
(4. 3.).
(g) L. 38 de dolo (4. 3.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0369" n="357"/><fw place="top" type="header">Irrthum und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit.</fw><lb/>
werden dürfte. &#x2014; Endlich wird die&#x017F;er Satz noch durch<lb/>
folgende einzelne Aus&#x017F;prüche des Römi&#x017F;chen Rechts be-<lb/>
&#x017F;tätigt:</p><lb/>
          <p>1. Wer Etwas &#x017F;chenkt, um den Andern für irrig vor-<lb/>
ausge&#x017F;etzte Dien&#x017F;te zu belohnen, kann ungeachtet die&#x017F;es Irr-<lb/>
thums das Gegebene nicht zurück fordern <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 65 § 2 <hi rendition="#i">de cond. indeb.</hi></hi><lb/>
(12. 6.).</note>.</p><lb/>
          <p>2. Wenn Waaren nach Gewicht verkauft werden, und<lb/>
ein Dritter hat zu die&#x017F;em Handel wi&#x017F;&#x017F;entlich fal&#x017F;ches Ge-<lb/>
wicht hergeliehen, &#x017F;o kann in der Regel der Be&#x017F;chädigte<lb/>
die Berichtigung der ungenauen Erfüllung des Vertrags<lb/>
verlangen, wodurch dann jeder Schade abgewendet i&#x017F;t.<lb/>
Nur wenn ausdrücklich auf die&#x017F;es individuelle Gewicht<lb/>
contrahirt war, fällt die&#x017F;e Aushülfe weg, und nun gilt die<lb/><hi rendition="#aq">doli actio</hi> gegen den Betrüger <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 18 § 3 <hi rendition="#i">de dolo</hi></hi> (4. 3.).</note>. Daraus aber folgt<lb/>
nothwendig, daß jener Vertrag &#x017F;elb&#x017F;t, ungeachtet des Irr-<lb/>
thums, unanfechtbar &#x017F;eyn muß, indem die <hi rendition="#aq">doli actio</hi> nicht<lb/>
gegeben werden darf, &#x017F;obald der Schade durch ein anderes<lb/>
Rechtsmittel (Klage oder Exception) abgewendet werden<lb/>
kann, es möge die&#x017F;es Rechtsmittel gegen den Betru&#x0364;ger<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, oder gegen einen Andern, zulä&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;eyn <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 4&#x2014;8, <hi rendition="#i">L.</hi> 2&#x2014;7 <hi rendition="#i">de<lb/>
dolo</hi></hi> (4. 3.).</note>.</p><lb/>
          <p>3. Wenn der Gläubiger durch Betrug &#x017F;eines Schuld-<lb/>
ners zur Acceptilation be&#x017F;timmt wird, &#x017F;o hat er gegen den<lb/>
Schuldner die <hi rendition="#aq">doli actio</hi> <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 38 <hi rendition="#i">de dolo</hi></hi> (4. 3.).</note>. Daraus folgt aber, daß die<lb/>
Acceptilation, ungeachtet des Irrthums, gültig &#x017F;eyn muß,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0369] Irrthum und Unwiſſenheit. werden dürfte. — Endlich wird dieſer Satz noch durch folgende einzelne Ausſprüche des Römiſchen Rechts be- ſtätigt: 1. Wer Etwas ſchenkt, um den Andern für irrig vor- ausgeſetzte Dienſte zu belohnen, kann ungeachtet dieſes Irr- thums das Gegebene nicht zurück fordern (d). 2. Wenn Waaren nach Gewicht verkauft werden, und ein Dritter hat zu dieſem Handel wiſſentlich falſches Ge- wicht hergeliehen, ſo kann in der Regel der Beſchädigte die Berichtigung der ungenauen Erfüllung des Vertrags verlangen, wodurch dann jeder Schade abgewendet iſt. Nur wenn ausdrücklich auf dieſes individuelle Gewicht contrahirt war, fällt dieſe Aushülfe weg, und nun gilt die doli actio gegen den Betrüger (e). Daraus aber folgt nothwendig, daß jener Vertrag ſelbſt, ungeachtet des Irr- thums, unanfechtbar ſeyn muß, indem die doli actio nicht gegeben werden darf, ſobald der Schade durch ein anderes Rechtsmittel (Klage oder Exception) abgewendet werden kann, es möge dieſes Rechtsmittel gegen den Betruͤger ſelbſt, oder gegen einen Andern, zuläſſig ſeyn (f). 3. Wenn der Gläubiger durch Betrug ſeines Schuld- ners zur Acceptilation beſtimmt wird, ſo hat er gegen den Schuldner die doli actio (g). Daraus folgt aber, daß die Acceptilation, ungeachtet des Irrthums, gültig ſeyn muß, (d) L. 65 § 2 de cond. indeb. (12. 6.). (e) L. 18 § 3 de dolo (4. 3.). (f) L. 1 § 4—8, L. 2—7 de dolo (4. 3.). (g) L. 38 de dolo (4. 3.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/369
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/369>, abgerufen am 24.11.2024.