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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Beylage VIII.

3) Die Enterbung eines ächten Sohnes, den der Te-
stator irrig für unächt hält, ist ungültig (g). Eben so
auch die in einer allgemeineren Formel ausgedrückte Ent-
erbung eines Sohnes, der aus Irrthum für verstorben
gehalten wird (h).

4) Auch ein Legat wird in der Regel durch den blo-
ßen Ausdruck eines irrigen Beweggrundes nicht entkräftet,

sey, indem selbst unter Peregri-
nen Niemand als Bruder adop-
tirt werden könne. Die später
erworbene Civität muß in den
Fall der Stelle hinein interpre-
tirt werden; denn wenn (wie
Manche wollen) die fortdauern-
de Peregrinität der Grund der
ungültigen Erbeinsetzung wäre,
so würde gewiß dieser einfachste
Grund namhaft gemacht seyn,
durch welchen ja die irrige Mey-
nung des Testators zu einem ganz
gleichgültigen Umstand werden
würde. -- Dasselbe Princip liegt
zum Grunde in L. 5 C. de te-
stam.
(6. 23.).
Denn wenngleich
diese Stelle vielleicht ursprüng-
lich auf den Fall eines Legats
gegangen seyn mag ("non de-
beri
")
, so hat sie doch durch ihre
Aufnahme in den Titel de te-
stamentis
eine allgemeinere Be-
deutung bekommen, und es ist
kein nothwendiger Grund vor-
handen, ihre Beweiskraft für die
Erbeinsetzung dadurch zu beseiti-
gen, daß man sie (wie Manche
wollen) für eine lex fugitiva
erklärt. -- Fälschlich würde man
zur Widerlegung unsrer Behaup-
tung anführen L. 33 pr. de cond.
(35. 1.)
, denn diese spricht von
der falsa demonstratio, die von
der falsa causa wesentlich ver-
schieden ist.
(g) L. 14 § 2 L. 15 de lib. et
posth.
(28. 2.).
(h) L. 25 pr. de lib. et posth.
(28. 2.).
Ein Testator hatte ge-
sagt: ceteri omnes filii filiae-
que meae exheredes sunto;

Einen Sohn hatte er aber fälsch-
lich für todt gehalten. Paulus
erklärt nun, dieser Sohn könne
zwey Gründe für sich geltend ma-
chen wollen: a) die mangelhafte
Form der Enterbung, da diese
hätte nominatim geschehen müs-
sen (pr. J. de exher. 2. 13.);
dieser Grund sey jedoch hier un-
haltbar, da die angeführte Ent-
erbung für nominatim geschehen
gelten müsse. b) Den Irrthum
über den Tod; dieser Grund sey
an sich entscheidend, und es kom-
me nur darauf an, das Daseyn
der behaupteten falschen Voraus-
setzung vor Gericht zu erweisen.
Beylage VIII.

3) Die Enterbung eines ächten Sohnes, den der Te-
ſtator irrig für unächt hält, iſt ungültig (g). Eben ſo
auch die in einer allgemeineren Formel ausgedrückte Ent-
erbung eines Sohnes, der aus Irrthum für verſtorben
gehalten wird (h).

4) Auch ein Legat wird in der Regel durch den blo-
ßen Ausdruck eines irrigen Beweggrundes nicht entkräftet,

ſey, indem ſelbſt unter Peregri-
nen Niemand als Bruder adop-
tirt werden könne. Die ſpäter
erworbene Civität muß in den
Fall der Stelle hinein interpre-
tirt werden; denn wenn (wie
Manche wollen) die fortdauern-
de Peregrinität der Grund der
ungültigen Erbeinſetzung wäre,
ſo würde gewiß dieſer einfachſte
Grund namhaft gemacht ſeyn,
durch welchen ja die irrige Mey-
nung des Teſtators zu einem ganz
gleichgültigen Umſtand werden
würde. — Daſſelbe Princip liegt
zum Grunde in L. 5 C. de te-
stam.
(6. 23.).
Denn wenngleich
dieſe Stelle vielleicht urſprüng-
lich auf den Fall eines Legats
gegangen ſeyn mag („non de-
beri
”)
, ſo hat ſie doch durch ihre
Aufnahme in den Titel de te-
stamentis
eine allgemeinere Be-
deutung bekommen, und es iſt
kein nothwendiger Grund vor-
handen, ihre Beweiskraft für die
Erbeinſetzung dadurch zu beſeiti-
gen, daß man ſie (wie Manche
wollen) für eine lex fugitiva
erklärt. — Fälſchlich würde man
zur Widerlegung unſrer Behaup-
tung anführen L. 33 pr. de cond.
(35. 1.)
, denn dieſe ſpricht von
der falsa demonstratio, die von
der falsa causa weſentlich ver-
ſchieden iſt.
(g) L. 14 § 2 L. 15 de lib. et
posth.
(28. 2.).
(h) L. 25 pr. de lib. et posth.
(28. 2.).
Ein Teſtator hatte ge-
ſagt: ceteri omnes filii filiae-
que meae exheredes sunto;

Einen Sohn hatte er aber fälſch-
lich für todt gehalten. Paulus
erklärt nun, dieſer Sohn könne
zwey Gründe für ſich geltend ma-
chen wollen: a) die mangelhafte
Form der Enterbung, da dieſe
hätte nominatim geſchehen müſ-
ſen (pr. J. de exher. 2. 13.);
dieſer Grund ſey jedoch hier un-
haltbar, da die angeführte Ent-
erbung für nominatim geſchehen
gelten müſſe. b) Den Irrthum
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ſetzung vor Gericht zu erweiſen.
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[380/0392] Beylage VIII. 3) Die Enterbung eines ächten Sohnes, den der Te- ſtator irrig für unächt hält, iſt ungültig (g). Eben ſo auch die in einer allgemeineren Formel ausgedrückte Ent- erbung eines Sohnes, der aus Irrthum für verſtorben gehalten wird (h). 4) Auch ein Legat wird in der Regel durch den blo- ßen Ausdruck eines irrigen Beweggrundes nicht entkräftet, (f) (g) L. 14 § 2 L. 15 de lib. et posth. (28. 2.). (h) L. 25 pr. de lib. et posth. (28. 2.). Ein Teſtator hatte ge- ſagt: ceteri omnes filii filiae- que meae exheredes sunto; Einen Sohn hatte er aber fälſch- lich für todt gehalten. Paulus erklärt nun, dieſer Sohn könne zwey Gründe für ſich geltend ma- chen wollen: a) die mangelhafte Form der Enterbung, da dieſe hätte nominatim geſchehen müſ- ſen (pr. J. de exher. 2. 13.); dieſer Grund ſey jedoch hier un- haltbar, da die angeführte Ent- erbung für nominatim geſchehen gelten müſſe. b) Den Irrthum über den Tod; dieſer Grund ſey an ſich entſcheidend, und es kom- me nur darauf an, das Daſeyn der behaupteten falſchen Voraus- ſetzung vor Gericht zu erweiſen. (f) ſey, indem ſelbſt unter Peregri- nen Niemand als Bruder adop- tirt werden könne. Die ſpäter erworbene Civität muß in den Fall der Stelle hinein interpre- tirt werden; denn wenn (wie Manche wollen) die fortdauern- de Peregrinität der Grund der ungültigen Erbeinſetzung wäre, ſo würde gewiß dieſer einfachſte Grund namhaft gemacht ſeyn, durch welchen ja die irrige Mey- nung des Teſtators zu einem ganz gleichgültigen Umſtand werden würde. — Daſſelbe Princip liegt zum Grunde in L. 5 C. de te- stam. (6. 23.). Denn wenngleich dieſe Stelle vielleicht urſprüng- lich auf den Fall eines Legats gegangen ſeyn mag („non de- beri”), ſo hat ſie doch durch ihre Aufnahme in den Titel de te- stamentis eine allgemeinere Be- deutung bekommen, und es iſt kein nothwendiger Grund vor- handen, ihre Beweiskraft für die Erbeinſetzung dadurch zu beſeiti- gen, daß man ſie (wie Manche wollen) für eine lex fugitiva erklärt. — Fälſchlich würde man zur Widerlegung unſrer Behaup- tung anführen L. 33 pr. de cond. (35. 1.), denn dieſe ſpricht von der falsa demonstratio, die von der falsa causa weſentlich ver- ſchieden iſt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/392>, abgerufen am 24.11.2024.