L. 7 C. h. t. "Error facti, necdum finito negotio, ne- mini nocet" ...
L. 6 C. de cond. ind. (4. 5.) "Si per ignorantiam facti non debitam quantitatem pro alio solvisti . . restitui eo agente providebit."
L. 7 C. eod. "Fideicommissum vel legatum indebitum, per errorem facti solutum, repeti posse, explorati juris est."
Wer diese übereinstimmende Stellen läse, ohne noch irgend eine Meynung über die vorliegende Frage gefaßt zu haben, möchte die entscheidende Kraft derselben schwer- lich in Zweifel ziehen. Wir wollen zusehen, was unsre Gegner dawider vorzubringen haben (a). Alle diese Stel- len, sagt man, haben den großen Fehler, daß sie Rescripte sind: einem Rescript aber soll niemals recht zu trauen seyn, weil man nicht weiß, was noch neben dem mitge- theilten Excerpt gestanden hat, und wie viel von der darin scheinbar enthaltenen Regel auf die besonderen Bedingun- gen des einzelnen Falles zu rechnen ist. -- Dieser, die Rescripte überhaupt entkräftende, Grund darf indessen über- all nur mit großer Vorsicht angewendet werden. Bey den vier letzten unter den oben abgedruckten Stellen gewinnt er dadurch Schein, daß in denselben unsre Regel über den Rechtsirrthum nur vermittelst des argumentum a contrario
L. 7 C. h. t. „Error facti, necdum finito negotio, ne- mini nocet” …
L. 6 C. de cond. ind. (4. 5.) „Si per ignorantiam facti non debitam quantitatem pro alio solvisti . . restitui eo agente providebit.”
L. 7 C. eod. „Fideicommissum vel legatum indebitum, per errorem facti solutum, repeti posse, explorati juris est.”
Wer dieſe übereinſtimmende Stellen läſe, ohne noch irgend eine Meynung über die vorliegende Frage gefaßt zu haben, möchte die entſcheidende Kraft derſelben ſchwer- lich in Zweifel ziehen. Wir wollen zuſehen, was unſre Gegner dawider vorzubringen haben (a). Alle dieſe Stel- len, ſagt man, haben den großen Fehler, daß ſie Reſcripte ſind: einem Reſcript aber ſoll niemals recht zu trauen ſeyn, weil man nicht weiß, was noch neben dem mitge- theilten Excerpt geſtanden hat, und wie viel von der darin ſcheinbar enthaltenen Regel auf die beſonderen Bedingun- gen des einzelnen Falles zu rechnen iſt. — Dieſer, die Reſcripte überhaupt entkräftende, Grund darf indeſſen über- all nur mit großer Vorſicht angewendet werden. Bey den vier letzten unter den oben abgedruckten Stellen gewinnt er dadurch Schein, daß in denſelben unſre Regel über den Rechtsirrthum nur vermittelſt des argumentum a contrario
(a) Mühlenbruch S. 427 — 431.
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[455/0467]
Irrthum und Unwiſſenheit.
riam spopondisse . . animadverterit … condicentes
audiet.”
L. 7 C. h. t. „Error facti, necdum finito negotio, ne-
mini nocet” …
L. 6 C. de cond. ind. (4. 5.) „Si per ignorantiam facti
non debitam quantitatem pro alio solvisti . . restitui
eo agente providebit.”
L. 7 C. eod. „Fideicommissum vel legatum indebitum,
per errorem facti solutum, repeti posse, explorati
juris est.”
Wer dieſe übereinſtimmende Stellen läſe, ohne noch
irgend eine Meynung über die vorliegende Frage gefaßt
zu haben, möchte die entſcheidende Kraft derſelben ſchwer-
lich in Zweifel ziehen. Wir wollen zuſehen, was unſre
Gegner dawider vorzubringen haben (a). Alle dieſe Stel-
len, ſagt man, haben den großen Fehler, daß ſie Reſcripte
ſind: einem Reſcript aber ſoll niemals recht zu trauen
ſeyn, weil man nicht weiß, was noch neben dem mitge-
theilten Excerpt geſtanden hat, und wie viel von der darin
ſcheinbar enthaltenen Regel auf die beſonderen Bedingun-
gen des einzelnen Falles zu rechnen iſt. — Dieſer, die
Reſcripte überhaupt entkräftende, Grund darf indeſſen über-
all nur mit großer Vorſicht angewendet werden. Bey den
vier letzten unter den oben abgedruckten Stellen gewinnt
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Rechtsirrthum nur vermittelſt des argumentum a contrario
(a) Mühlenbruch S. 427 — 431.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/467>, abgerufen am 23.11.2024.
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