Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. zelnen Fall entstand, galt wohl in ganz Rom Jeder unbe-denklich als impubes oder pubes, jenachdem er die Prä- texta oder die männliche Toga trug. Und so werden bey Juristen und Nichtjuristen die Ausdrücke praetextatus (oder investis) und impubes, so wie vesticeps und pubes, als ganz gleichbedeutend genommen (m). Die Folgen davon waren diese. Der in väterlicher Gewalt stehende Sohn war unfähig Schulden zu contrahiren, so lange er die Prätexta trug, mit der männlichen Toga wurde er dazu fähig (n). Weit wichtiger aber war die Folge bey dem Unabhängigen. So lange dieser die Prätexta trug, stand er unter dem Tutor, wenn er die männliche Toga anlegte, war die Tutel zu Ende (o). Dieses konnte also bey ein- (m) L. 3 § 6 de lib. exhib. (43. 30). "In hoc interdicto, donec res judicetur, feminam, praetextatum, eumque qui pro- xime praetextati aetatem ac- cedet, interim apud matrem- familias deponi Praetor jubet. Proxime aetatem praetextati accedere eum dicimus, qui pu- berem aetatem nunc ingressus est." Unbegreiflich haben diese Stelle Manche mißverstanden, indem sie meynten, accedere müsse heißen: sich von unten an- nähern, also im Begriffe stehen hinein zu treten. Es bezeichnet aber nur das Nahestehen, und zwar hier nachdem jene aetas bereits überschritten ist, genau so wie bei dem infantiae proxi- mus. Der Prätor spricht also 1) von Unmündigen, 2) von de- nen, die eben erst puberes ge- worden sind, Jenen also noch sehr nahe stehen. -- Festus: Vesti- ceps puer, qui jam vestitus est pubertate: econtra investis, qui necdum pubertate vestitus est." -- Ferner war es alte Rechts- regel, (bis auf Hadrian und An- tonin) daß nur puberes arrogirt werden dürften. Gajus I. § 102. Ulpian. VIII. § 5. Diese Regel drückt aber Gellius V. 19 so aus: "Sed arrogari non potest nisi jam vesticeps." (n) S. o. § 108 d. und § 67. f. (o) Daß das Ablegen der Prä-
texta und das Ende der Tutel zusammenfielen, folgt schon dar- aus, daß Jenes und Dieses iden- tisch war mit der eintretenden Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. zelnen Fall entſtand, galt wohl in ganz Rom Jeder unbe-denklich als impubes oder pubes, jenachdem er die Prä- texta oder die männliche Toga trug. Und ſo werden bey Juriſten und Nichtjuriſten die Ausdrücke praetextatus (oder investis) und impubes, ſo wie vesticeps und pubes, als ganz gleichbedeutend genommen (m). Die Folgen davon waren dieſe. Der in väterlicher Gewalt ſtehende Sohn war unfähig Schulden zu contrahiren, ſo lange er die Prätexta trug, mit der männlichen Toga wurde er dazu fähig (n). Weit wichtiger aber war die Folge bey dem Unabhängigen. So lange dieſer die Prätexta trug, ſtand er unter dem Tutor, wenn er die männliche Toga anlegte, war die Tutel zu Ende (o). Dieſes konnte alſo bey ein- (m) L. 3 § 6 de lib. exhib. (43. 30). „In hoc interdicto, donec res judicetur, feminam, praetextatum, eumque qui pro- xime praetextati aetatem ac- cedet, interim apud matrem- familias deponi Praetor jubet. Proxime aetatem praetextati accedere eum dicimus, qui pu- berem aetatem nunc ingressus est.“ Unbegreiflich haben dieſe Stelle Manche mißverſtanden, indem ſie meynten, accedere müſſe heißen: ſich von unten an- nähern, alſo im Begriffe ſtehen hinein zu treten. Es bezeichnet aber nur das Naheſtehen, und zwar hier nachdem jene aetas bereits überſchritten iſt, genau ſo wie bei dem infantiae proxi- mus. Der Prätor ſpricht alſo 1) von Unmündigen, 2) von de- nen, die eben erſt puberes ge- worden ſind, Jenen alſo noch ſehr nahe ſtehen. — Festus: Vesti- ceps puer, qui jam vestitus est pubertate: econtra investis, qui necdum pubertate vestitus est.“ — Ferner war es alte Rechts- regel, (bis auf Hadrian und An- tonin) daß nur puberes arrogirt werden dürften. Gajus I. § 102. Ulpian. VIII. § 5. Dieſe Regel drückt aber Gellius V. 19 ſo aus: „Sed arrogari non potest nisi jam vesticeps.“ (n) S. o. § 108 d. und § 67. f. (o) Daß das Ablegen der Prä-
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
zelnen Fall entſtand, galt wohl in ganz Rom Jeder unbe-
denklich als impubes oder pubes, jenachdem er die Prä-
texta oder die männliche Toga trug. Und ſo werden bey
Juriſten und Nichtjuriſten die Ausdrücke praetextatus (oder
investis) und impubes, ſo wie vesticeps und pubes, als
ganz gleichbedeutend genommen (m). Die Folgen davon
waren dieſe. Der in väterlicher Gewalt ſtehende Sohn
war unfähig Schulden zu contrahiren, ſo lange er die
Prätexta trug, mit der männlichen Toga wurde er dazu
fähig (n). Weit wichtiger aber war die Folge bey dem
Unabhängigen. So lange dieſer die Prätexta trug, ſtand
er unter dem Tutor, wenn er die männliche Toga anlegte,
war die Tutel zu Ende (o). Dieſes konnte alſo bey ein-
(m) L. 3 § 6 de lib. exhib.
(43. 30). „In hoc interdicto,
donec res judicetur, feminam,
praetextatum, eumque qui pro-
xime praetextati aetatem ac-
cedet, interim apud matrem-
familias deponi Praetor jubet.
Proxime aetatem praetextati
accedere eum dicimus, qui pu-
berem aetatem nunc ingressus
est.“ Unbegreiflich haben dieſe
Stelle Manche mißverſtanden,
indem ſie meynten, accedere
müſſe heißen: ſich von unten an-
nähern, alſo im Begriffe ſtehen
hinein zu treten. Es bezeichnet
aber nur das Naheſtehen, und
zwar hier nachdem jene aetas
bereits überſchritten iſt, genau
ſo wie bei dem infantiae proxi-
mus. Der Prätor ſpricht alſo
1) von Unmündigen, 2) von de-
nen, die eben erſt puberes ge-
worden ſind, Jenen alſo noch ſehr
nahe ſtehen. — Festus: Vesti-
ceps puer, qui jam vestitus est
pubertate: econtra investis, qui
necdum pubertate vestitus est.“
— Ferner war es alte Rechts-
regel, (bis auf Hadrian und An-
tonin) daß nur puberes arrogirt
werden dürften. Gajus I. § 102.
Ulpian. VIII. § 5. Dieſe Regel
drückt aber Gellius V. 19 ſo aus:
„Sed arrogari non potest nisi
jam vesticeps.“
(n) S. o. § 108 d. und § 67. f.
(o) Daß das Ablegen der Prä-
texta und das Ende der Tutel
zuſammenfielen, folgt ſchon dar-
aus, daß Jenes und Dieſes iden-
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