Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
völlig im Sinn dieser Stelle, für den Fall der Remune-
ration die Insinuation zu fordern, auch eben so das ganze
Geschäft für nichtig zu halten, wenn die Forderung einer
Ehefrau zusteht, und der Bürge, welchem die Summe re-
munerando
geschenkt werden soll, ihr Ehemann ist.

Wenn Das, was mich zu einer remuneratorischen
Schenkung bestimmt, gleichfalls in einer Schenkung be-
stand, so ist darum nicht weniger jede dieser beiden Hand-
lungen eine wahre Schenkung, und die positiven Schen-
kungsregeln sind darauf völlig anwendbar. Hat also der
Eine 1000 Dukaten in Geld, unter Anwendung der In-
sinuation, geschenkt, und empfängt später von dem An-
dern ein Grundstück von gleichem Werthe, ohne Insinua-
tion, zum Geschenk, so ist das zweyte Geschenk zur Hälfte
ungültig. Hatte ein Mann seiner Frau vor der Ehe ein
Geschenk gemacht (g), und empfängt dagegen von ihr in
der Ehe gleichfalls ein Geschenk, so bleibt das erste gül-
tig, das zweyte ist ungültig. In beiden Fällen wird dem
zweyten Geschenk durch das erste weder die Willkührlich-
keit, noch überhaupt der vollständige Character einer
Schenkung, entzogen. Einen Widerspruch gegen diese Be-
hauptung hat man in folgender Bestimmung des Römi-
schen Rechts zu finden geglaubt (h). Der redliche Besitzer

(g) Ich sage: vor der Ehe,
denn wenn beide Geschenke in die
Ehe fallen, so gilt dafür eine be-
sonders vorgeschriebene Compen-
sation, die erst seit dem Sena-
tusconsult von 206 (wegen der
Consumtion) recht wichtig und
fruchtbar geworden ist. L. 7 § 2
L. 32 § 9 de don. int. vir.
(24. 1.).
(h) L. 25 § 11 de her. pet.
(5. 3.) von Ulpian. Vgl. hier-
über Meyerfeld I. S. 369 fg.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
völlig im Sinn dieſer Stelle, für den Fall der Remune-
ration die Inſinuation zu fordern, auch eben ſo das ganze
Geſchäft für nichtig zu halten, wenn die Forderung einer
Ehefrau zuſteht, und der Bürge, welchem die Summe re-
munerando
geſchenkt werden ſoll, ihr Ehemann iſt.

Wenn Das, was mich zu einer remuneratoriſchen
Schenkung beſtimmt, gleichfalls in einer Schenkung be-
ſtand, ſo iſt darum nicht weniger jede dieſer beiden Hand-
lungen eine wahre Schenkung, und die poſitiven Schen-
kungsregeln ſind darauf völlig anwendbar. Hat alſo der
Eine 1000 Dukaten in Geld, unter Anwendung der In-
ſinuation, geſchenkt, und empfängt ſpäter von dem An-
dern ein Grundſtück von gleichem Werthe, ohne Inſinua-
tion, zum Geſchenk, ſo iſt das zweyte Geſchenk zur Hälfte
ungültig. Hatte ein Mann ſeiner Frau vor der Ehe ein
Geſchenk gemacht (g), und empfängt dagegen von ihr in
der Ehe gleichfalls ein Geſchenk, ſo bleibt das erſte gül-
tig, das zweyte iſt ungültig. In beiden Fällen wird dem
zweyten Geſchenk durch das erſte weder die Willkührlich-
keit, noch überhaupt der vollſtändige Character einer
Schenkung, entzogen. Einen Widerſpruch gegen dieſe Be-
hauptung hat man in folgender Beſtimmung des Römi-
ſchen Rechts zu finden geglaubt (h). Der redliche Beſitzer

(g) Ich ſage: vor der Ehe,
denn wenn beide Geſchenke in die
Ehe fallen, ſo gilt dafür eine be-
ſonders vorgeſchriebene Compen-
ſation, die erſt ſeit dem Sena-
tusconſult von 206 (wegen der
Conſumtion) recht wichtig und
fruchtbar geworden iſt. L. 7 § 2
L. 32 § 9 de don. int. vir.
(24. 1.).
(h) L. 25 § 11 de her. pet.
(5. 3.) von Ulpian. Vgl. hier-
über Meyerfeld I. S. 369 fg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0106" n="92"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
völlig im Sinn die&#x017F;er Stelle, für den Fall der Remune-<lb/>
ration die In&#x017F;inuation zu fordern, auch eben &#x017F;o das ganze<lb/>
Ge&#x017F;chäft für nichtig zu halten, wenn die Forderung einer<lb/>
Ehefrau zu&#x017F;teht, und der Bürge, welchem die Summe <hi rendition="#aq">re-<lb/>
munerando</hi> ge&#x017F;chenkt werden &#x017F;oll, ihr Ehemann i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Wenn Das, was mich zu einer remuneratori&#x017F;chen<lb/>
Schenkung be&#x017F;timmt, gleichfalls in einer Schenkung be-<lb/>
&#x017F;tand, &#x017F;o i&#x017F;t darum nicht weniger jede die&#x017F;er beiden Hand-<lb/>
lungen eine wahre Schenkung, und die po&#x017F;itiven Schen-<lb/>
kungsregeln &#x017F;ind darauf völlig anwendbar. Hat al&#x017F;o der<lb/>
Eine 1000 Dukaten in Geld, unter Anwendung der In-<lb/>
&#x017F;inuation, ge&#x017F;chenkt, und empfängt &#x017F;päter von dem An-<lb/>
dern ein Grund&#x017F;tück von gleichem Werthe, ohne In&#x017F;inua-<lb/>
tion, zum Ge&#x017F;chenk, &#x017F;o i&#x017F;t das zweyte Ge&#x017F;chenk zur Hälfte<lb/>
ungültig. Hatte ein Mann &#x017F;einer Frau vor der Ehe ein<lb/>
Ge&#x017F;chenk gemacht <note place="foot" n="(g)">Ich &#x017F;age: vor der Ehe,<lb/>
denn wenn beide Ge&#x017F;chenke in die<lb/>
Ehe fallen, &#x017F;o gilt dafür eine be-<lb/>
&#x017F;onders vorge&#x017F;chriebene Compen-<lb/>
&#x017F;ation, die er&#x017F;t &#x017F;eit dem Sena-<lb/>
tuscon&#x017F;ult von 206 (wegen der<lb/>
Con&#x017F;umtion) recht wichtig und<lb/>
fruchtbar geworden i&#x017F;t. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 § 2<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 32 § 9 <hi rendition="#i">de don. int. vir.</hi></hi> (24. 1.).</note>, und empfängt dagegen von ihr in<lb/>
der Ehe gleichfalls ein Ge&#x017F;chenk, &#x017F;o bleibt das er&#x017F;te gül-<lb/>
tig, das zweyte i&#x017F;t ungültig. In beiden Fällen wird dem<lb/>
zweyten Ge&#x017F;chenk durch das er&#x017F;te weder die Willkührlich-<lb/>
keit, noch überhaupt der voll&#x017F;tändige Character einer<lb/>
Schenkung, entzogen. Einen Wider&#x017F;pruch gegen die&#x017F;e Be-<lb/>
hauptung hat man in folgender Be&#x017F;timmung des Römi-<lb/>
&#x017F;chen Rechts zu finden geglaubt <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 25 § 11 <hi rendition="#i">de her. pet.</hi></hi><lb/>
(5. 3.) von Ulpian. Vgl. hier-<lb/>
über <hi rendition="#g">Meyerfeld</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 369 fg.</note>. Der redliche Be&#x017F;itzer<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0106] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. völlig im Sinn dieſer Stelle, für den Fall der Remune- ration die Inſinuation zu fordern, auch eben ſo das ganze Geſchäft für nichtig zu halten, wenn die Forderung einer Ehefrau zuſteht, und der Bürge, welchem die Summe re- munerando geſchenkt werden ſoll, ihr Ehemann iſt. Wenn Das, was mich zu einer remuneratoriſchen Schenkung beſtimmt, gleichfalls in einer Schenkung be- ſtand, ſo iſt darum nicht weniger jede dieſer beiden Hand- lungen eine wahre Schenkung, und die poſitiven Schen- kungsregeln ſind darauf völlig anwendbar. Hat alſo der Eine 1000 Dukaten in Geld, unter Anwendung der In- ſinuation, geſchenkt, und empfängt ſpäter von dem An- dern ein Grundſtück von gleichem Werthe, ohne Inſinua- tion, zum Geſchenk, ſo iſt das zweyte Geſchenk zur Hälfte ungültig. Hatte ein Mann ſeiner Frau vor der Ehe ein Geſchenk gemacht (g), und empfängt dagegen von ihr in der Ehe gleichfalls ein Geſchenk, ſo bleibt das erſte gül- tig, das zweyte iſt ungültig. In beiden Fällen wird dem zweyten Geſchenk durch das erſte weder die Willkührlich- keit, noch überhaupt der vollſtändige Character einer Schenkung, entzogen. Einen Widerſpruch gegen dieſe Be- hauptung hat man in folgender Beſtimmung des Römi- ſchen Rechts zu finden geglaubt (h). Der redliche Beſitzer (g) Ich ſage: vor der Ehe, denn wenn beide Geſchenke in die Ehe fallen, ſo gilt dafür eine be- ſonders vorgeſchriebene Compen- ſation, die erſt ſeit dem Sena- tusconſult von 206 (wegen der Conſumtion) recht wichtig und fruchtbar geworden iſt. L. 7 § 2 L. 32 § 9 de don. int. vir. (24. 1.). (h) L. 25 § 11 de her. pet. (5. 3.) von Ulpian. Vgl. hier- über Meyerfeld I. S. 369 fg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/106
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/106>, abgerufen am 23.11.2024.