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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 158. Schenkung. Einzelne Rechtsgeschäfte. 3. Liberare.
eines Vertrags an, und wirkt nun auf die so eben dar-
gestellte Weise. So lange diese Annahme fehlt, kann der
Verzicht stets zurückgenommen werden, und ein solcher
Widerruf liegt von selbst in der angestellten Klage, so
wie in der außergerichtlichen Einforderung (h). -- Eine
zweydeutige Natur hat die Erklärung eines Glaubigers,
daß der Andere ihm Nichts mehr schuldig sey, daß er
Alles gezahlt habe; es hängt von den Umständen ab, ob
dieselbe als Ausdruck eines Erlaßvertrags, oder blos als
Quittung zu betrachten ist, in welchem letzten Fall sie gar
keine Wirkung hat, wenn sie erweislich auf Irrthum be-
ruht (i). -- Der Erlaß, welchen ein Glaubiger dem Bür-
gen gewährt, ist keine wahre Schenkung. Denn da die
Übernahme der Bürgschaft nicht als Bereicherung des
Glaubigers betrachtet wird (§ 149. d), so ist auch jener
Erlaß keine Verminderung seines Vermögens, folglich auch
keine Schenkung.

Die Befreyung des Schuldners von der eigenen For-
derung des Gebers kann auch indirecterweise, ohne Ver-
trag, bewirkt werden. So wenn der Glaubiger die

(h) Sehr erschöpfend hat diese
Frage behandelt Meyerfeld I.
S. 208. Viele Praktiker haben die
entgegengesetzte Meynung. Vgl.
Kind quaest. for. T. 4 C. 59. --
Einen Widerspruch könnte man
finden wollen in L. 18 § 2 de
m. c. don
.
(39. 6.) und L. 28
eod.;
vergl. über diese Stellen
§ 170. cc.
(i) L. 40 pr. de pactis (2. 14.),
L. 6 L. 13 C. de solut.
(8. 43.).
Selbst wenn sich eine Acceptila-
tion auf Irrthum gründete, galt
dagegen die condictio indebiti;
die bloße Quittung bedarf dieser
nicht einmal, da sie kein Rechts-
geschäft, sondern nur ein Beweis-
mittel ist.
IV. 9

§. 158. Schenkung. Einzelne Rechtsgeſchäfte. 3. Liberare.
eines Vertrags an, und wirkt nun auf die ſo eben dar-
geſtellte Weiſe. So lange dieſe Annahme fehlt, kann der
Verzicht ſtets zurückgenommen werden, und ein ſolcher
Widerruf liegt von ſelbſt in der angeſtellten Klage, ſo
wie in der außergerichtlichen Einforderung (h). — Eine
zweydeutige Natur hat die Erklärung eines Glaubigers,
daß der Andere ihm Nichts mehr ſchuldig ſey, daß er
Alles gezahlt habe; es hängt von den Umſtänden ab, ob
dieſelbe als Ausdruck eines Erlaßvertrags, oder blos als
Quittung zu betrachten iſt, in welchem letzten Fall ſie gar
keine Wirkung hat, wenn ſie erweislich auf Irrthum be-
ruht (i). — Der Erlaß, welchen ein Glaubiger dem Bür-
gen gewährt, iſt keine wahre Schenkung. Denn da die
Übernahme der Bürgſchaft nicht als Bereicherung des
Glaubigers betrachtet wird (§ 149. d), ſo iſt auch jener
Erlaß keine Verminderung ſeines Vermögens, folglich auch
keine Schenkung.

Die Befreyung des Schuldners von der eigenen For-
derung des Gebers kann auch indirecterweiſe, ohne Ver-
trag, bewirkt werden. So wenn der Glaubiger die

(h) Sehr erſchöpfend hat dieſe
Frage behandelt Meyerfeld I.
S. 208. Viele Praktiker haben die
entgegengeſetzte Meynung. Vgl.
Kind quaest. for. T. 4 C. 59. —
Einen Widerſpruch könnte man
finden wollen in L. 18 § 2 de
m. c. don
.
(39. 6.) und L. 28
eod.;
vergl. über dieſe Stellen
§ 170. cc.
(i) L. 40 pr. de pactis (2. 14.),
L. 6 L. 13 C. de solut.
(8. 43.).
Selbſt wenn ſich eine Acceptila-
tion auf Irrthum gründete, galt
dagegen die condictio indebiti;
die bloße Quittung bedarf dieſer
nicht einmal, da ſie kein Rechts-
geſchäft, ſondern nur ein Beweis-
mittel iſt.
IV. 9
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[129/0143] §. 158. Schenkung. Einzelne Rechtsgeſchäfte. 3. Liberare. eines Vertrags an, und wirkt nun auf die ſo eben dar- geſtellte Weiſe. So lange dieſe Annahme fehlt, kann der Verzicht ſtets zurückgenommen werden, und ein ſolcher Widerruf liegt von ſelbſt in der angeſtellten Klage, ſo wie in der außergerichtlichen Einforderung (h). — Eine zweydeutige Natur hat die Erklärung eines Glaubigers, daß der Andere ihm Nichts mehr ſchuldig ſey, daß er Alles gezahlt habe; es hängt von den Umſtänden ab, ob dieſelbe als Ausdruck eines Erlaßvertrags, oder blos als Quittung zu betrachten iſt, in welchem letzten Fall ſie gar keine Wirkung hat, wenn ſie erweislich auf Irrthum be- ruht (i). — Der Erlaß, welchen ein Glaubiger dem Bür- gen gewährt, iſt keine wahre Schenkung. Denn da die Übernahme der Bürgſchaft nicht als Bereicherung des Glaubigers betrachtet wird (§ 149. d), ſo iſt auch jener Erlaß keine Verminderung ſeines Vermögens, folglich auch keine Schenkung. Die Befreyung des Schuldners von der eigenen For- derung des Gebers kann auch indirecterweiſe, ohne Ver- trag, bewirkt werden. So wenn der Glaubiger die (h) Sehr erſchöpfend hat dieſe Frage behandelt Meyerfeld I. S. 208. Viele Praktiker haben die entgegengeſetzte Meynung. Vgl. Kind quaest. for. T. 4 C. 59. — Einen Widerſpruch könnte man finden wollen in L. 18 § 2 de m. c. don. (39. 6.) und L. 28 eod.; vergl. über dieſe Stellen § 170. cc. (i) L. 40 pr. de pactis (2. 14.), L. 6 L. 13 C. de solut. (8. 43.). Selbſt wenn ſich eine Acceptila- tion auf Irrthum gründete, galt dagegen die condictio indebiti; die bloße Quittung bedarf dieſer nicht einmal, da ſie kein Rechts- geſchäft, ſondern nur ein Beweis- mittel iſt. IV. 9

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/143>, abgerufen am 24.11.2024.