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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 142. Schenkung. Einleitung.
darauf gründen; so z. B. könnten wir die der Schenkung
gerade entgegengesetzten Geschäfte (die man die onerösen
nennt) auf gleiche Weise behandeln. Warum geschieht
dieses nicht, während die Schenkung für ein besonderes
Rechtsinstitut gelten soll? Der Grund liegt darin, daß
an die Schenkung (so wie ihr Begriff vorläufig festgestellt
ist) gewisse ganz positive Regeln des Römischen Rechts
angeknüpft sind, um derenwillen es wichtig ist, den Begriff
derselben mit der größten Schärfe zu bestimmen und zu
begränzen. Diese Rechtsregeln sind folgende:

1) Die Schenkung ist von alter Zeit her auf mancher-
ley Weise eingeschränkt, und besonders durch positive For-
men der Willenserklärung erschwert worden. So sehr nun
diese Einschränkungen und Formen gewechselt haben, so
war doch die allgemeine Natur und der Zweck derselben
stets unverändert, und es war stets dieselbe Schenkung,
worauf in dieser Weise eingewirkt werden sollte (d).

2) Die Schenkung ist unter Ehegatten unmöglich, an-

(d) Bey der Beurtheilung der
Rechtsgeschäfte ist die vollkom-
mene Freyheit des individuellen
Willens als Regel anzusehen.
Davon hat das Römische Recht
nur in wenigen Fällen Ausnah-
men gemacht, wo eine besondere
Gefahr des Misbrauchs jener
Freyheit vorhanden schien. Es
gehören dahin die Wuchergesetze,
wegen der gefürchteten Bedrük-
kung der armen Schuldner; das
Sc. Vellejanum, wegen der na-
türlichen Abhängigkeit des weib-
lichen Geschlechts; das Sc. Ma-
cedonianum,
damit nicht die Ver-
schwendungssucht der Kinder durch
Wucherer Nahrung erhielte; end-
lich die Einschränkung der Schen-
kungen im Allgemeinen, und das
gänzliche Verbot derselben unter
Ehegatten, weil gerade bey der
Schenkung der gutmüthige, arg-
lose Leichtsinn durch den beson-
nenen Eigennutz in besondern
Nachtheil kommen kann, mehr
als bey Geschäften anderer Art.

§. 142. Schenkung. Einleitung.
darauf gründen; ſo z. B. könnten wir die der Schenkung
gerade entgegengeſetzten Geſchäfte (die man die oneröſen
nennt) auf gleiche Weiſe behandeln. Warum geſchieht
dieſes nicht, während die Schenkung für ein beſonderes
Rechtsinſtitut gelten ſoll? Der Grund liegt darin, daß
an die Schenkung (ſo wie ihr Begriff vorläufig feſtgeſtellt
iſt) gewiſſe ganz poſitive Regeln des Römiſchen Rechts
angeknüpft ſind, um derenwillen es wichtig iſt, den Begriff
derſelben mit der groͤßten Schärfe zu beſtimmen und zu
begränzen. Dieſe Rechtsregeln ſind folgende:

1) Die Schenkung iſt von alter Zeit her auf mancher-
ley Weiſe eingeſchränkt, und beſonders durch poſitive For-
men der Willenserklärung erſchwert worden. So ſehr nun
dieſe Einſchränkungen und Formen gewechſelt haben, ſo
war doch die allgemeine Natur und der Zweck derſelben
ſtets unverändert, und es war ſtets dieſelbe Schenkung,
worauf in dieſer Weiſe eingewirkt werden ſollte (d).

2) Die Schenkung iſt unter Ehegatten unmöglich, an-

(d) Bey der Beurtheilung der
Rechtsgeſchäfte iſt die vollkom-
mene Freyheit des individuellen
Willens als Regel anzuſehen.
Davon hat das Römiſche Recht
nur in wenigen Fällen Ausnah-
men gemacht, wo eine beſondere
Gefahr des Misbrauchs jener
Freyheit vorhanden ſchien. Es
gehören dahin die Wuchergeſetze,
wegen der gefürchteten Bedrük-
kung der armen Schuldner; das
Sc. Vellejanum, wegen der na-
türlichen Abhängigkeit des weib-
lichen Geſchlechts; das Sc. Ma-
cedonianum,
damit nicht die Ver-
ſchwendungsſucht der Kinder durch
Wucherer Nahrung erhielte; end-
lich die Einſchränkung der Schen-
kungen im Allgemeinen, und das
gänzliche Verbot derſelben unter
Ehegatten, weil gerade bey der
Schenkung der gutmüthige, arg-
loſe Leichtſinn durch den beſon-
nenen Eigennutz in beſondern
Nachtheil kommen kann, mehr
als bey Geſchäften anderer Art.
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[5/0019] §. 142. Schenkung. Einleitung. darauf gründen; ſo z. B. könnten wir die der Schenkung gerade entgegengeſetzten Geſchäfte (die man die oneröſen nennt) auf gleiche Weiſe behandeln. Warum geſchieht dieſes nicht, während die Schenkung für ein beſonderes Rechtsinſtitut gelten ſoll? Der Grund liegt darin, daß an die Schenkung (ſo wie ihr Begriff vorläufig feſtgeſtellt iſt) gewiſſe ganz poſitive Regeln des Römiſchen Rechts angeknüpft ſind, um derenwillen es wichtig iſt, den Begriff derſelben mit der groͤßten Schärfe zu beſtimmen und zu begränzen. Dieſe Rechtsregeln ſind folgende: 1) Die Schenkung iſt von alter Zeit her auf mancher- ley Weiſe eingeſchränkt, und beſonders durch poſitive For- men der Willenserklärung erſchwert worden. So ſehr nun dieſe Einſchränkungen und Formen gewechſelt haben, ſo war doch die allgemeine Natur und der Zweck derſelben ſtets unverändert, und es war ſtets dieſelbe Schenkung, worauf in dieſer Weiſe eingewirkt werden ſollte (d). 2) Die Schenkung iſt unter Ehegatten unmöglich, an- (d) Bey der Beurtheilung der Rechtsgeſchäfte iſt die vollkom- mene Freyheit des individuellen Willens als Regel anzuſehen. Davon hat das Römiſche Recht nur in wenigen Fällen Ausnah- men gemacht, wo eine beſondere Gefahr des Misbrauchs jener Freyheit vorhanden ſchien. Es gehören dahin die Wuchergeſetze, wegen der gefürchteten Bedrük- kung der armen Schuldner; das Sc. Vellejanum, wegen der na- türlichen Abhängigkeit des weib- lichen Geſchlechts; das Sc. Ma- cedonianum, damit nicht die Ver- ſchwendungsſucht der Kinder durch Wucherer Nahrung erhielte; end- lich die Einſchränkung der Schen- kungen im Allgemeinen, und das gänzliche Verbot derſelben unter Ehegatten, weil gerade bey der Schenkung der gutmüthige, arg- loſe Leichtſinn durch den beſon- nenen Eigennutz in beſondern Nachtheil kommen kann, mehr als bey Geſchäften anderer Art.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/19>, abgerufen am 24.11.2024.