Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. und Behandlung der Zeit selbst ihnen allen gemeinsam,und dieses Gemeinsame soll hier in einer allgemeinen Be- trachtung dargestellt werden. Ich will damit anfangen, die Rechtsinstitute, worin Erste Klasse, welche die häufigsten und wichtigsten 1) Das uralte Institut der Usucapion. In ihr wird (a) Gewissermaßen kann man
dahin auch rechnen den zwanzig- jährigen redlichen, titulirten Besitz der Freyheit, wodurch der Sklave die Freyheit erlangen sollte. L. 2 C. de longi temp. praescr. quae pro lib. (7. 22.). Zwar heißt es hier Anfangs "praescriptio ad- versus inquietudinem status eo- rum prodesse debeat," und diese Worte könnten auf eine bloße Ex- ception gegen die Vindication des Herrn gedeutet werden; allein sehr entscheidend scheinen doch die darauf folgende Worte: "ut et liberi et cives Romani fiant." -- Die Zusammenstellung des non- usus mit der Usucapion beruht übrigens auf meiner, im Sachen- recht zu rechtfertigenden, Ansicht von derselben. Nach der gewöhn- lichen Auffassung würde sie un- ter die Fälle Num. 3 zu stehen kommen. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. und Behandlung der Zeit ſelbſt ihnen allen gemeinſam,und dieſes Gemeinſame ſoll hier in einer allgemeinen Be- trachtung dargeſtellt werden. Ich will damit anfangen, die Rechtsinſtitute, worin Erſte Klaſſe, welche die häufigſten und wichtigſten 1) Das uralte Inſtitut der Uſucapion. In ihr wird (a) Gewiſſermaßen kann man
dahin auch rechnen den zwanzig- jährigen redlichen, titulirten Beſitz der Freyheit, wodurch der Sklave die Freyheit erlangen ſollte. L. 2 C. de longi temp. praescr. quae pro lib. (7. 22.). Zwar heißt es hier Anfangs „praescriptio ad- versus inquietudinem status eo- rum prodesse debeat,” und dieſe Worte könnten auf eine bloße Ex- ception gegen die Vindication des Herrn gedeutet werden; allein ſehr entſcheidend ſcheinen doch die darauf folgende Worte: „ut et liberi et cives Romani fiant.” — Die Zuſammenſtellung des non- usus mit der Uſucapion beruht übrigens auf meiner, im Sachen- recht zu rechtfertigenden, Anſicht von derſelben. Nach der gewöhn- lichen Auffaſſung würde ſie un- ter die Fälle Num. 3 zu ſtehen kommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0312" n="298"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> und Behandlung der Zeit ſelbſt ihnen allen gemeinſam,<lb/> und dieſes Gemeinſame ſoll hier in einer allgemeinen Be-<lb/> trachtung dargeſtellt werden.</p><lb/> <p>Ich will damit anfangen, die Rechtsinſtitute, worin<lb/> ſich ein ſolcher Einfluß der Zeit äußert, in einer allgemei-<lb/> nen Überſicht zuſammen zu ſtellen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Erſte Klaſſe</hi>, welche die häufigſten und wichtigſten<lb/> Fälle umfaßt. Das Daſeyn eines Rechts hängt davon<lb/> ab, daß menſchliche Thätigkeit oder Unthätigkeit, alſo<lb/> freyes Thun oder Laſſen, während eines beſtimmten Zeit-<lb/> raums, ununterbrochen fortdauert. Dahin gehört:</p><lb/> <p>1) Das uralte Inſtitut der <hi rendition="#g">Uſucapion</hi>. In ihr wird<lb/> Eigenthum erworben durch die Thätigkeit des Beſitzes, die<lb/> einen ganzen Zeitraum hindurch ununterbrochen fortgeſetzt<lb/> worden iſt. Als unmittelbare Entwicklungen ſchließen ſich<lb/> ihr an: der <hi rendition="#aq">nonusus</hi> der Servituten, und ſpäterhin bey<lb/> eben denſelben die <hi rendition="#aq">longa possessio</hi> <note place="foot" n="(a)">Gewiſſermaßen kann man<lb/> dahin auch rechnen den zwanzig-<lb/> jährigen redlichen, titulirten Beſitz<lb/> der Freyheit, wodurch der Sklave<lb/> die Freyheit erlangen ſollte. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2<lb/><hi rendition="#i">C. de longi temp. praescr. quae<lb/> pro lib.</hi></hi> (7. 22.). Zwar heißt es<lb/> hier Anfangs <hi rendition="#aq">„praescriptio ad-<lb/> versus inquietudinem status eo-<lb/> rum prodesse debeat,”</hi> und dieſe<lb/> Worte könnten auf eine bloße Ex-<lb/> ception gegen die Vindication des<lb/> Herrn gedeutet werden; allein<lb/> ſehr entſcheidend ſcheinen doch die<lb/> darauf folgende Worte: <hi rendition="#aq">„ut et<lb/> liberi et cives Romani fiant.”</hi><lb/> — Die Zuſammenſtellung des <hi rendition="#aq">non-<lb/> usus</hi> mit der Uſucapion beruht<lb/> übrigens auf meiner, im Sachen-<lb/> recht zu rechtfertigenden, Anſicht<lb/> von derſelben. Nach der gewöhn-<lb/> lichen Auffaſſung würde ſie un-<lb/> ter die Fälle Num. 3 zu ſtehen<lb/> kommen.</note>. Um dieſe ver-<lb/> wandte Inſtitute mit einzuſchließen, will ich den bey uns<lb/> ſchon eingebürgerten Namen der <hi rendition="#g">Erſitzung</hi> gebrauchen. —<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [298/0312]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
und Behandlung der Zeit ſelbſt ihnen allen gemeinſam,
und dieſes Gemeinſame ſoll hier in einer allgemeinen Be-
trachtung dargeſtellt werden.
Ich will damit anfangen, die Rechtsinſtitute, worin
ſich ein ſolcher Einfluß der Zeit äußert, in einer allgemei-
nen Überſicht zuſammen zu ſtellen.
Erſte Klaſſe, welche die häufigſten und wichtigſten
Fälle umfaßt. Das Daſeyn eines Rechts hängt davon
ab, daß menſchliche Thätigkeit oder Unthätigkeit, alſo
freyes Thun oder Laſſen, während eines beſtimmten Zeit-
raums, ununterbrochen fortdauert. Dahin gehört:
1) Das uralte Inſtitut der Uſucapion. In ihr wird
Eigenthum erworben durch die Thätigkeit des Beſitzes, die
einen ganzen Zeitraum hindurch ununterbrochen fortgeſetzt
worden iſt. Als unmittelbare Entwicklungen ſchließen ſich
ihr an: der nonusus der Servituten, und ſpäterhin bey
eben denſelben die longa possessio (a). Um dieſe ver-
wandte Inſtitute mit einzuſchließen, will ich den bey uns
ſchon eingebürgerten Namen der Erſitzung gebrauchen. —
(a) Gewiſſermaßen kann man
dahin auch rechnen den zwanzig-
jährigen redlichen, titulirten Beſitz
der Freyheit, wodurch der Sklave
die Freyheit erlangen ſollte. L. 2
C. de longi temp. praescr. quae
pro lib. (7. 22.). Zwar heißt es
hier Anfangs „praescriptio ad-
versus inquietudinem status eo-
rum prodesse debeat,” und dieſe
Worte könnten auf eine bloße Ex-
ception gegen die Vindication des
Herrn gedeutet werden; allein
ſehr entſcheidend ſcheinen doch die
darauf folgende Worte: „ut et
liberi et cives Romani fiant.”
— Die Zuſammenſtellung des non-
usus mit der Uſucapion beruht
übrigens auf meiner, im Sachen-
recht zu rechtfertigenden, Anſicht
von derſelben. Nach der gewöhn-
lichen Auffaſſung würde ſie un-
ter die Fälle Num. 3 zu ſtehen
kommen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |