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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
zum Grund der Betrachtung, so erscheint auch die Usu-
capion als gleichartig mit der Klagverjährung, und sie
äußert nur dadurch eine höhere Wirkung, daß in ihr ne-
ben dem Verlust durch Unthätigkeit auch noch ein Erwerb
durch Thätigkeit wahrgenommen wird.

Diese Auffassung ist es, welche von unsren Juristen
seit alter Zeit in folgender Weise ausgedrückt wird. Es
giebt eine Veränderung in Rechten überhaupt, gegründet
auf Zeitlauf, wenn nämlich der Berechtigte sein Recht eine
Zeit lang auszuüben versäumt; jede Veränderung dieser
Art heißt praescriptio, Verjährung. Sie umfaßt zwey
Arten, je nachdem blos der Unthätige sein Recht verliert,
oder ihm gegenüber ein Anderer dasselbe Recht erwirbt;
die erste heißt praescriptio exstinctiva, erlöschende Ver-
jährung, die zweyte heißt adquisitiva, erwerbende Verjäh-
rung; und da die Usucapion als eine Art der praescriptio
angesehen wird, so ist es sehr natürlich, dieselbe nun auch
als rei praescriptio, rem praescribere, zu bezeichnen (b).
Diese Zusammenstellung der Begriffe ist dem Römischen
Recht eben so fremd, als die zu ihrer Bezeichnung ange-
wendeten Kunstausdrücke, und auch das canonische Recht

so stand nicht dem Erwerber ein
bisheriger Eigenthümer gegen-
über, der sein Eigenthum durch
Versäumniß verlor, und durch
Thätigkeit erhalten konnte; denn
das nudum jus Quiritium konnte
durch keine wirksame Klage ge-
gen die Folgen der Usucapion ge-
schützt werden.
(b) Rave de praescriptioni-
bus
§ 1. 5. Höpfner § 393.
Thibaut Pandekten § 1002. 1003.
Mühlenbruch § 122. 123. --
Überall im Wesentlichen Dasselbe,
und nur in einzelnen Ausdrücken
verschieden.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
zum Grund der Betrachtung, ſo erſcheint auch die Uſu-
capion als gleichartig mit der Klagverjährung, und ſie
äußert nur dadurch eine höhere Wirkung, daß in ihr ne-
ben dem Verluſt durch Unthätigkeit auch noch ein Erwerb
durch Thätigkeit wahrgenommen wird.

Dieſe Auffaſſung iſt es, welche von unſren Juriſten
ſeit alter Zeit in folgender Weiſe ausgedrückt wird. Es
giebt eine Veränderung in Rechten überhaupt, gegründet
auf Zeitlauf, wenn nämlich der Berechtigte ſein Recht eine
Zeit lang auszuüben verſäumt; jede Veränderung dieſer
Art heißt praescriptio, Verjährung. Sie umfaßt zwey
Arten, je nachdem blos der Unthätige ſein Recht verliert,
oder ihm gegenüber ein Anderer daſſelbe Recht erwirbt;
die erſte heißt praescriptio exstinctiva, erlöſchende Ver-
jährung, die zweyte heißt adquisitiva, erwerbende Verjäh-
rung; und da die Uſucapion als eine Art der praescriptio
angeſehen wird, ſo iſt es ſehr natürlich, dieſelbe nun auch
als rei praescriptio, rem praescribere, zu bezeichnen (b).
Dieſe Zuſammenſtellung der Begriffe iſt dem Römiſchen
Recht eben ſo fremd, als die zu ihrer Bezeichnung ange-
wendeten Kunſtausdrücke, und auch das canoniſche Recht

ſo ſtand nicht dem Erwerber ein
bisheriger Eigenthümer gegen-
über, der ſein Eigenthum durch
Verſäumniß verlor, und durch
Thätigkeit erhalten konnte; denn
das nudum jus Quiritium konnte
durch keine wirkſame Klage ge-
gen die Folgen der Uſucapion ge-
ſchützt werden.
(b) Rave de praescriptioni-
bus
§ 1. 5. Höpfner § 393.
Thibaut Pandekten § 1002. 1003.
Mühlenbruch § 122. 123. —
Überall im Weſentlichen Daſſelbe,
und nur in einzelnen Ausdrücken
verſchieden.
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[310/0324] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. zum Grund der Betrachtung, ſo erſcheint auch die Uſu- capion als gleichartig mit der Klagverjährung, und ſie äußert nur dadurch eine höhere Wirkung, daß in ihr ne- ben dem Verluſt durch Unthätigkeit auch noch ein Erwerb durch Thätigkeit wahrgenommen wird. Dieſe Auffaſſung iſt es, welche von unſren Juriſten ſeit alter Zeit in folgender Weiſe ausgedrückt wird. Es giebt eine Veränderung in Rechten überhaupt, gegründet auf Zeitlauf, wenn nämlich der Berechtigte ſein Recht eine Zeit lang auszuüben verſäumt; jede Veränderung dieſer Art heißt praescriptio, Verjährung. Sie umfaßt zwey Arten, je nachdem blos der Unthätige ſein Recht verliert, oder ihm gegenüber ein Anderer daſſelbe Recht erwirbt; die erſte heißt praescriptio exstinctiva, erlöſchende Ver- jährung, die zweyte heißt adquisitiva, erwerbende Verjäh- rung; und da die Uſucapion als eine Art der praescriptio angeſehen wird, ſo iſt es ſehr natürlich, dieſelbe nun auch als rei praescriptio, rem praescribere, zu bezeichnen (b). Dieſe Zuſammenſtellung der Begriffe iſt dem Römiſchen Recht eben ſo fremd, als die zu ihrer Bezeichnung ange- wendeten Kunſtausdrücke, und auch das canoniſche Recht (a) (b) Rave de praescriptioni- bus § 1. 5. Höpfner § 393. Thibaut Pandekten § 1002. 1003. Mühlenbruch § 122. 123. — Überall im Weſentlichen Daſſelbe, und nur in einzelnen Ausdrücken verſchieden. (a) ſo ſtand nicht dem Erwerber ein bisheriger Eigenthümer gegen- über, der ſein Eigenthum durch Verſäumniß verlor, und durch Thätigkeit erhalten konnte; denn das nudum jus Quiritium konnte durch keine wirkſame Klage ge- gen die Folgen der Uſucapion ge- ſchützt werden.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/324>, abgerufen am 22.11.2024.