Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 187. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortsetzung.) auf einem Verlust durch Versäumniß beruht, anstatt daßder durch Volljährigkeit herbeygeführte Verlust auf einem unfreywilligen Naturereigniß beruhen würde. Auch konnte gegen jede Ausdehnung des Zeitraums der Grund geltend gemacht werden, daß die Restitution überhaupt, als ein sehr anomalisches Recht, zu einer so freyen Behandlung weniger geeignet scheine. -- Vielleicht waren es diese widerstreitende Gründe, wodurch die Römischen Juri- sten bewogen wurden, beide Arten der civilen Zeitrech- nung, die erweiternde wie die abkürzende, in dem er- wähnten Fall aufzugeben, und bey dem mathematischen Endpunkt als Gränze des restituirbaren Alters stehen zu bleiben. Als Folge davon treten nun allerdings alle die Schwierigkeiten ein, welche oben (§ 181) dargestellt wor- den sind. In der wirklichen Anwendung stellt sich Dieses auf folgende Weise. Die Frage kann nur vorkommen, wenn der vormals Minderjährige Restitution begehrt. Nun ist es seine Sache, den Richter zu überzeugen, daß das streitige Rechtsgeschäft vor derjenigen Tageszeit geschlossen wurde, welche der Tageszeit seiner Geburt entsprach. Ge- lingt es ihm mit diesem Beweise nicht, bleibt also die eine oder die andere Tageszeit ungewiß, so ist die Bedingung der Resti- tution nicht vorhanden, das am Geburtstag geschlossene Ge- schäft ist dann der Restitution nicht unterworfen, und für solche Fälle ist der letzte Erfolg derselbe, wie wenn überhaupt die Volljährigkeit mit der vorhergehenden Mitternacht, also auf gleiche Weise wie die Testamentsmündigkeit, anfienge. §. 187. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.) auf einem Verluſt durch Verſäumniß beruht, anſtatt daßder durch Volljährigkeit herbeygeführte Verluſt auf einem unfreywilligen Naturereigniß beruhen würde. Auch konnte gegen jede Ausdehnung des Zeitraums der Grund geltend gemacht werden, daß die Reſtitution überhaupt, als ein ſehr anomaliſches Recht, zu einer ſo freyen Behandlung weniger geeignet ſcheine. — Vielleicht waren es dieſe widerſtreitende Gründe, wodurch die Römiſchen Juri- ſten bewogen wurden, beide Arten der civilen Zeitrech- nung, die erweiternde wie die abkürzende, in dem er- wähnten Fall aufzugeben, und bey dem mathematiſchen Endpunkt als Gränze des reſtituirbaren Alters ſtehen zu bleiben. Als Folge davon treten nun allerdings alle die Schwierigkeiten ein, welche oben (§ 181) dargeſtellt wor- den ſind. In der wirklichen Anwendung ſtellt ſich Dieſes auf folgende Weiſe. Die Frage kann nur vorkommen, wenn der vormals Minderjährige Reſtitution begehrt. Nun iſt es ſeine Sache, den Richter zu überzeugen, daß das ſtreitige Rechtsgeſchäft vor derjenigen Tageszeit geſchloſſen wurde, welche der Tageszeit ſeiner Geburt entſprach. Ge- lingt es ihm mit dieſem Beweiſe nicht, bleibt alſo die eine oder die andere Tageszeit ungewiß, ſo iſt die Bedingung der Reſti- tution nicht vorhanden, das am Geburtstag geſchloſſene Ge- ſchäft iſt dann der Reſtitution nicht unterworfen, und für ſolche Fälle iſt der letzte Erfolg derſelbe, wie wenn überhaupt die Volljährigkeit mit der vorhergehenden Mitternacht, alſo auf gleiche Weiſe wie die Teſtamentsmündigkeit, anfienge. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0421" n="407"/><fw place="top" type="header">§. 187. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)</fw><lb/> auf einem Verluſt durch Verſäumniß beruht, anſtatt daß<lb/> der durch Volljährigkeit herbeygeführte Verluſt auf einem<lb/> unfreywilligen Naturereigniß beruhen würde. 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§. 187. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
auf einem Verluſt durch Verſäumniß beruht, anſtatt daß
der durch Volljährigkeit herbeygeführte Verluſt auf einem
unfreywilligen Naturereigniß beruhen würde. Auch konnte
gegen jede Ausdehnung des Zeitraums der Grund geltend
gemacht werden, daß die Reſtitution überhaupt, als ein
ſehr anomaliſches Recht, zu einer ſo freyen Behandlung
weniger geeignet ſcheine. — Vielleicht waren es dieſe
widerſtreitende Gründe, wodurch die Römiſchen Juri-
ſten bewogen wurden, beide Arten der civilen Zeitrech-
nung, die erweiternde wie die abkürzende, in dem er-
wähnten Fall aufzugeben, und bey dem mathematiſchen
Endpunkt als Gränze des reſtituirbaren Alters ſtehen zu
bleiben. Als Folge davon treten nun allerdings alle die
Schwierigkeiten ein, welche oben (§ 181) dargeſtellt wor-
den ſind. In der wirklichen Anwendung ſtellt ſich Dieſes
auf folgende Weiſe. Die Frage kann nur vorkommen,
wenn der vormals Minderjährige Reſtitution begehrt. Nun
iſt es ſeine Sache, den Richter zu überzeugen, daß das
ſtreitige Rechtsgeſchäft vor derjenigen Tageszeit geſchloſſen
wurde, welche der Tageszeit ſeiner Geburt entſprach. Ge-
lingt es ihm mit dieſem Beweiſe nicht, bleibt alſo die eine oder
die andere Tageszeit ungewiß, ſo iſt die Bedingung der Reſti-
tution nicht vorhanden, das am Geburtstag geſchloſſene Ge-
ſchäft iſt dann der Reſtitution nicht unterworfen, und für
ſolche Fälle iſt der letzte Erfolg derſelbe, wie wenn überhaupt
die Volljährigkeit mit der vorhergehenden Mitternacht, alſo
auf gleiche Weiſe wie die Teſtamentsmündigkeit, anfienge.
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