räume bestimmt werden soll, ist bisher in einer Reihe ein- zelner Rechtsinstitute untersucht worden; es bleibt nun übrig, Regeln für die Beurtheilung derjenigen Institute aufzustellen, worüber sich unsre Rechtsquellen nicht beson- ders aussprechen.
Die hierüber von Anderen aufgestellten Regeln kann ich nicht als befriedigend anerkennen. Man hat gesagt, die naturalis computatio bilde die Regel, die überall eintreten müsse, wo nicht die civilis als Ausnahme besonders aner- kannt sey. Diese Meynung beruht auf der ganz irrigen Annahme, die civilis habe die Begünstigung gewisser Per- sonen zum Zweck, sie sey also eine Art von Privilegium; sie ist aber in der That nur dazu bestimmt, eine für alle Theile lästige Erschwerung der Rechtsverfolgung zu besei- tigen. Auch steht damit die Wahrnehmung im Wider- spruch, daß die Römer in so zahlreichen Fällen die Erleich- terung der civilen Zeitrechnung anerkennen, anstatt daß nur in einem einzigen die strenge Rechnung ad momenta vorkommt.
Andere haben gesagt, die civilis gelte in den Instituten des jus civile, die naturalis in denen des jus gentium(a). Auf diese Behauptung hat blos der Wortlaut geführt, wobey noch besonders zu bedenken ist, daß die Ausdrücke civilis und naturalis computatio selbst unächt sind (§ 182.). Man setzt dabey stillschweigend voraus, Das was man ci-
(a)Noodt Comm. in Pand. tit. de minoribus.Reinfelder S. 16.
räume beſtimmt werden ſoll, iſt bisher in einer Reihe ein- zelner Rechtsinſtitute unterſucht worden; es bleibt nun übrig, Regeln für die Beurtheilung derjenigen Inſtitute aufzuſtellen, worüber ſich unſre Rechtsquellen nicht beſon- ders ausſprechen.
Die hierüber von Anderen aufgeſtellten Regeln kann ich nicht als befriedigend anerkennen. Man hat geſagt, die naturalis computatio bilde die Regel, die überall eintreten müſſe, wo nicht die civilis als Ausnahme beſonders aner- kannt ſey. Dieſe Meynung beruht auf der ganz irrigen Annahme, die civilis habe die Begünſtigung gewiſſer Per- ſonen zum Zweck, ſie ſey alſo eine Art von Privilegium; ſie iſt aber in der That nur dazu beſtimmt, eine für alle Theile läſtige Erſchwerung der Rechtsverfolgung zu beſei- tigen. Auch ſteht damit die Wahrnehmung im Wider- ſpruch, daß die Römer in ſo zahlreichen Fällen die Erleich- terung der civilen Zeitrechnung anerkennen, anſtatt daß nur in einem einzigen die ſtrenge Rechnung ad momenta vorkommt.
Andere haben geſagt, die civilis gelte in den Inſtituten des jus civile, die naturalis in denen des jus gentium(a). Auf dieſe Behauptung hat blos der Wortlaut geführt, wobey noch beſonders zu bedenken iſt, daß die Ausdrücke civilis und naturalis computatio ſelbſt unächt ſind (§ 182.). Man ſetzt dabey ſtillſchweigend voraus, Das was man ci-
(a)Noodt Comm. in Pand. tit. de minoribus.Reinfelder S. 16.
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§. 188. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
räume beſtimmt werden ſoll, iſt bisher in einer Reihe ein-
zelner Rechtsinſtitute unterſucht worden; es bleibt nun
übrig, Regeln für die Beurtheilung derjenigen Inſtitute
aufzuſtellen, worüber ſich unſre Rechtsquellen nicht beſon-
ders ausſprechen.
Die hierüber von Anderen aufgeſtellten Regeln kann
ich nicht als befriedigend anerkennen. Man hat geſagt, die
naturalis computatio bilde die Regel, die überall eintreten
müſſe, wo nicht die civilis als Ausnahme beſonders aner-
kannt ſey. Dieſe Meynung beruht auf der ganz irrigen
Annahme, die civilis habe die Begünſtigung gewiſſer Per-
ſonen zum Zweck, ſie ſey alſo eine Art von Privilegium;
ſie iſt aber in der That nur dazu beſtimmt, eine für alle
Theile läſtige Erſchwerung der Rechtsverfolgung zu beſei-
tigen. Auch ſteht damit die Wahrnehmung im Wider-
ſpruch, daß die Römer in ſo zahlreichen Fällen die Erleich-
terung der civilen Zeitrechnung anerkennen, anſtatt daß
nur in einem einzigen die ſtrenge Rechnung ad momenta
vorkommt.
Andere haben geſagt, die civilis gelte in den Inſtituten
des jus civile, die naturalis in denen des jus gentium (a).
Auf dieſe Behauptung hat blos der Wortlaut geführt,
wobey noch beſonders zu bedenken iſt, daß die Ausdrücke
civilis und naturalis computatio ſelbſt unächt ſind (§ 182.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/423>, abgerufen am 22.11.2024.
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