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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 188. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortsetzung.)
stellte Lehre des Römischen Rechts, nach welcher bey den
Klagverjährungen u. s. w. der letzte Kalendertag dem Be-
rechtigten bis an seinen Ablauf offen stehen soll. Denn
es ist im Erfolg ganz einerley, ob man sagt, eine Frist
werde gleich von dem Zeitpunkt an gerechnet, woran sie
angesetzt wurde, jedoch so daß der ganze letzte Kalender-
tag zum Handeln frey stehe, oder ob man es so aus-
drückt: die Zählung der vorgeschriebenen Tage solle erst
von dem folgenden Kalendertage anheben.

Dieselbe Lehre findet endlich aber auch ihre Bestäti-
gung in der Praxis aller Gerichte. Wenn eine einmonat-
liche Frist zur Einreichung einer Prozeßschrift am 5. Sep-
tember gegeben ist, so wird der erkennende Richter nur
darauf sehen, ob die Schrift spätestens am 5. Oktober
eingereicht worden ist, und er wird Dieses für genügend
halten, ohne zu prüfen, ob dieses vielleicht in einer spä-
teren Tagesstunde geschah, als an welcher die Frist ge-
geben worden war; gerade Das aber ist der Sinn und
Erfolg der hier für die Prozeßfristen (übereinstimmend mit
den Klagverjährungen) aufgestellten Regel. Nur allein
bey der Appellationsfrist von Zehen Tagen nimmt man
an, daß dieselbe ad momenta zu berechnen sey (m), jedoch

§ 267). Späterhin, bey der Lehre
von den Excusationen (B. 32 S.
101--103), erkennt er dieselbe
zwar auch noch, als in der Praxis
herrschend, an, verwirft sie aber
von Seiten der Theorie.
(m) Man gründet dieses auf
die Worte der Nov. 23 C. 1 "in-
tra decem dierum spatium, a
recitatione sententiae nume-
randum.
"
In der That aber
sind diese Worte eben so verein-
bar mit einer Berechnung ad
dies,
als ad momenta.

§. 188. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
ſtellte Lehre des Römiſchen Rechts, nach welcher bey den
Klagverjährungen u. ſ. w. der letzte Kalendertag dem Be-
rechtigten bis an ſeinen Ablauf offen ſtehen ſoll. Denn
es iſt im Erfolg ganz einerley, ob man ſagt, eine Friſt
werde gleich von dem Zeitpunkt an gerechnet, woran ſie
angeſetzt wurde, jedoch ſo daß der ganze letzte Kalender-
tag zum Handeln frey ſtehe, oder ob man es ſo aus-
drückt: die Zählung der vorgeſchriebenen Tage ſolle erſt
von dem folgenden Kalendertage anheben.

Dieſelbe Lehre findet endlich aber auch ihre Beſtäti-
gung in der Praxis aller Gerichte. Wenn eine einmonat-
liche Friſt zur Einreichung einer Prozeßſchrift am 5. Sep-
tember gegeben iſt, ſo wird der erkennende Richter nur
darauf ſehen, ob die Schrift ſpäteſtens am 5. Oktober
eingereicht worden iſt, und er wird Dieſes für genügend
halten, ohne zu prüfen, ob dieſes vielleicht in einer ſpä-
teren Tagesſtunde geſchah, als an welcher die Friſt ge-
geben worden war; gerade Das aber iſt der Sinn und
Erfolg der hier für die Prozeßfriſten (übereinſtimmend mit
den Klagverjährungen) aufgeſtellten Regel. Nur allein
bey der Appellationsfriſt von Zehen Tagen nimmt man
an, daß dieſelbe ad momenta zu berechnen ſey (m), jedoch

§ 267). Späterhin, bey der Lehre
von den Excuſationen (B. 32 S.
101—103), erkennt er dieſelbe
zwar auch noch, als in der Praxis
herrſchend, an, verwirft ſie aber
von Seiten der Theorie.
(m) Man gründet dieſes auf
die Worte der Nov. 23 C. 1 „in-
tra decem dierum spatium, a
recitatione sententiae nume-
randum.
In der That aber
ſind dieſe Worte eben ſo verein-
bar mit einer Berechnung ad
dies,
als ad momenta.
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[415/0429] §. 188. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.) ſtellte Lehre des Römiſchen Rechts, nach welcher bey den Klagverjährungen u. ſ. w. der letzte Kalendertag dem Be- rechtigten bis an ſeinen Ablauf offen ſtehen ſoll. Denn es iſt im Erfolg ganz einerley, ob man ſagt, eine Friſt werde gleich von dem Zeitpunkt an gerechnet, woran ſie angeſetzt wurde, jedoch ſo daß der ganze letzte Kalender- tag zum Handeln frey ſtehe, oder ob man es ſo aus- drückt: die Zählung der vorgeſchriebenen Tage ſolle erſt von dem folgenden Kalendertage anheben. Dieſelbe Lehre findet endlich aber auch ihre Beſtäti- gung in der Praxis aller Gerichte. Wenn eine einmonat- liche Friſt zur Einreichung einer Prozeßſchrift am 5. Sep- tember gegeben iſt, ſo wird der erkennende Richter nur darauf ſehen, ob die Schrift ſpäteſtens am 5. Oktober eingereicht worden iſt, und er wird Dieſes für genügend halten, ohne zu prüfen, ob dieſes vielleicht in einer ſpä- teren Tagesſtunde geſchah, als an welcher die Friſt ge- geben worden war; gerade Das aber iſt der Sinn und Erfolg der hier für die Prozeßfriſten (übereinſtimmend mit den Klagverjährungen) aufgeſtellten Regel. Nur allein bey der Appellationsfriſt von Zehen Tagen nimmt man an, daß dieſelbe ad momenta zu berechnen ſey (m), jedoch (l) (m) Man gründet dieſes auf die Worte der Nov. 23 C. 1 „in- tra decem dierum spatium, a recitatione sententiae nume- randum.” In der That aber ſind dieſe Worte eben ſo verein- bar mit einer Berechnung ad dies, als ad momenta. (l) § 267). Späterhin, bey der Lehre von den Excuſationen (B. 32 S. 101—103), erkennt er dieſelbe zwar auch noch, als in der Praxis herrſchend, an, verwirft ſie aber von Seiten der Theorie.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/429>, abgerufen am 22.11.2024.