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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
die alte Usucapion beweglicher Sachen nur Ein Jahr, und
dieser kurze Zeitraum konnte dazu verleiten, ein utile tem-
pus
anzunehmen; dennoch galt dieses hier niemals (d), aus
dem einfachen Grunde, weil die Usucapion wesentlich auf
dem Besitz des Erwerbers beruht, nicht auf der Unthätig-
keit des früheren Eigenthümers, die hier bloße Nebensache
ist, und im alten Recht großentheils gar nicht vorhanden
war (e). Aber ein positiver Gebrauch läßt sich von je-
nem Begriff nur mit großer Vorsicht machen. Das utile
tempus
gilt nämlich selbst in dem oben bezeichneten Fall
doch nur unter folgenden besonderen Bedingungen, welche
vereinigt vorhanden seyn müssen, wenn dasselbe zur An-
wendung kommen soll.

1) Das utile tempus kommt nur bey solchen Hand-
lungen vor, die vor einer richterlichen Obrigkeit vorzuneh-
men sind. Dadurch sind folgende Fälle allgemein ausge-
schlossen: die einjährige Deliberationsfrist (f), der Anfang

(d) L. 31 § 1 de usurp. (41.
3.). "In usucapionibus mobi-
lium continuum tempus nume-
ratur."
Dieses ist geschrieben un-
ter Voraussetzung der alten ein-
jährigen Usucapion, und als War-
nung, das utile tempus der ein-
jährigen Klagen nicht auf die ein-
jährige Usucapion anzuwenden.
(e) War die usucapirte Sache
vorher in bonis, so war von ei-
nem Gegner oft gar nicht die Rede;
aber auch bey der Usucapion des
b. f. possessor (heutzutage der
einzigen), die stets einen Gegner
voraussetzt, ist dessen Unthätigkeit
ein so untergeordnetes, für das
Wesen der Usucapion gleichgülti-
ges Moment, daß selbst seine Thä-
tigkeit, nämlich die Anstellung ei-
ner Vindication, den Ablauf der
Usucapion nicht hindert.
(f) L. 19 C. de jure delib.
(6. 30.). Eigentlich nicht die De-
liberationsfrist selbst (denn diese
gehört als eine richterliche, nicht
gesetzliche, ohnehin nicht zu dem
utile tempus), sondern das daraus
entstandene Transmissionsrecht.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
die alte Uſucapion beweglicher Sachen nur Ein Jahr, und
dieſer kurze Zeitraum konnte dazu verleiten, ein utile tem-
pus
anzunehmen; dennoch galt dieſes hier niemals (d), aus
dem einfachen Grunde, weil die Uſucapion weſentlich auf
dem Beſitz des Erwerbers beruht, nicht auf der Unthätig-
keit des früheren Eigenthümers, die hier bloße Nebenſache
iſt, und im alten Recht großentheils gar nicht vorhanden
war (e). Aber ein poſitiver Gebrauch läßt ſich von je-
nem Begriff nur mit großer Vorſicht machen. Das utile
tempus
gilt nämlich ſelbſt in dem oben bezeichneten Fall
doch nur unter folgenden beſonderen Bedingungen, welche
vereinigt vorhanden ſeyn müſſen, wenn daſſelbe zur An-
wendung kommen ſoll.

1) Das utile tempus kommt nur bey ſolchen Hand-
lungen vor, die vor einer richterlichen Obrigkeit vorzuneh-
men ſind. Dadurch ſind folgende Fälle allgemein ausge-
ſchloſſen: die einjährige Deliberationsfriſt (f), der Anfang

(d) L. 31 § 1 de usurp. (41.
3.). „In usucapionibus mobi-
lium continuum tempus nume-
ratur.”
Dieſes iſt geſchrieben un-
ter Vorausſetzung der alten ein-
jährigen Uſucapion, und als War-
nung, das utile tempus der ein-
jährigen Klagen nicht auf die ein-
jährige Uſucapion anzuwenden.
(e) War die uſucapirte Sache
vorher in bonis, ſo war von ei-
nem Gegner oft gar nicht die Rede;
aber auch bey der Uſucapion des
b. f. possessor (heutzutage der
einzigen), die ſtets einen Gegner
vorausſetzt, iſt deſſen Unthätigkeit
ein ſo untergeordnetes, für das
Weſen der Uſucapion gleichgülti-
ges Moment, daß ſelbſt ſeine Thä-
tigkeit, nämlich die Anſtellung ei-
ner Vindication, den Ablauf der
Uſucapion nicht hindert.
(f) L. 19 C. de jure delib.
(6. 30.). Eigentlich nicht die De-
liberationsfriſt ſelbſt (denn dieſe
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geſetzliche, ohnehin nicht zu dem
utile tempus), ſondern das daraus
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[424/0438] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. die alte Uſucapion beweglicher Sachen nur Ein Jahr, und dieſer kurze Zeitraum konnte dazu verleiten, ein utile tem- pus anzunehmen; dennoch galt dieſes hier niemals (d), aus dem einfachen Grunde, weil die Uſucapion weſentlich auf dem Beſitz des Erwerbers beruht, nicht auf der Unthätig- keit des früheren Eigenthümers, die hier bloße Nebenſache iſt, und im alten Recht großentheils gar nicht vorhanden war (e). Aber ein poſitiver Gebrauch läßt ſich von je- nem Begriff nur mit großer Vorſicht machen. Das utile tempus gilt nämlich ſelbſt in dem oben bezeichneten Fall doch nur unter folgenden beſonderen Bedingungen, welche vereinigt vorhanden ſeyn müſſen, wenn daſſelbe zur An- wendung kommen ſoll. 1) Das utile tempus kommt nur bey ſolchen Hand- lungen vor, die vor einer richterlichen Obrigkeit vorzuneh- men ſind. Dadurch ſind folgende Fälle allgemein ausge- ſchloſſen: die einjährige Deliberationsfriſt (f), der Anfang (d) L. 31 § 1 de usurp. (41. 3.). „In usucapionibus mobi- lium continuum tempus nume- ratur.” Dieſes iſt geſchrieben un- ter Vorausſetzung der alten ein- jährigen Uſucapion, und als War- nung, das utile tempus der ein- jährigen Klagen nicht auf die ein- jährige Uſucapion anzuwenden. (e) War die uſucapirte Sache vorher in bonis, ſo war von ei- nem Gegner oft gar nicht die Rede; aber auch bey der Uſucapion des b. f. possessor (heutzutage der einzigen), die ſtets einen Gegner vorausſetzt, iſt deſſen Unthätigkeit ein ſo untergeordnetes, für das Weſen der Uſucapion gleichgülti- ges Moment, daß ſelbſt ſeine Thä- tigkeit, nämlich die Anſtellung ei- ner Vindication, den Ablauf der Uſucapion nicht hindert. (f) L. 19 C. de jure delib. (6. 30.). Eigentlich nicht die De- liberationsfriſt ſelbſt (denn dieſe gehört als eine richterliche, nicht geſetzliche, ohnehin nicht zu dem utile tempus), ſondern das daraus entſtandene Transmiſſionsrecht.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/438>, abgerufen am 22.11.2024.