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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
dagia, salinaria) untersagt. Auf Anfrage des Grafen er-
klärt P. Innocenz III. das Verbot dahin, daß es sich nur
auf willkührliche, nicht auf rechtmäßige Abgaben dieser
Art beziehe. Rechtmäßig aber seyen diejenigen, deren Er-
hebung sich auf Verleihungen der Kaiser, Könige, oder der
Lateranischen Kirchenversammlung gründen; außerdem aber
auch
vel ex antiqua consuetudine, a tempore cujus non ex-
stat memoria,
introducta
(a).

Dieser Ausspruch ist ganz dem Sinn des Römischen
Rechts gemäß. Solche publicistische Rechte sind an sich
nicht Gegenstände der Usucapion, aber der unvordenkliche
Besitz kann hier die Stelle der Usucapion ersetzen.

Die zweyte Stelle (b) spricht von einem Bischoff, welcher
in den Gränzen eines fremden bischöfflichen Sprengels
Kirchen und Zehenten in Anspruch nahm, und geht dabey
von folgender Ansicht aus. Gegen eine Privatperson werde
usucapirt, mit Titel in 3, 10, 20 Jahren, ohne Titel in
30 Jahren. Da aber Kirchen im allgemeinen auf 40 Jahre
für jede Verjährung privilegirt sind, so sey bey der ge-
wöhnlichen Usucapion gegen Kirchen lediglich bona fides
erforderlich, das Daseyn des Titels aber gleichgültig, weil
mit und ohne Titel diese Usucapion stets in 40 Jahren

(a) C. 26 X. de V. S. (5. 40)
vom J. 1209.
(b) C. 1 de praescriptionibus
in VI.
(2. 13) vom J. 1298. --
Man hat auch noch eine dritte
Stelle angeführt, C. 1 de con-
suet. in VI.
(1. 4.) (Schelling
S. 54.). Diese spricht aber gar
nicht von der unvordenklichen Zeit,
sondern von Gewohnheitsrecht.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
dagia, salinaria) unterſagt. Auf Anfrage des Grafen er-
klärt P. Innocenz III. das Verbot dahin, daß es ſich nur
auf willkührliche, nicht auf rechtmäßige Abgaben dieſer
Art beziehe. Rechtmäßig aber ſeyen diejenigen, deren Er-
hebung ſich auf Verleihungen der Kaiſer, Könige, oder der
Lateraniſchen Kirchenverſammlung gründen; außerdem aber
auch
vel ex antiqua consuetudine, a tempore cujus non ex-
stat memoria,
introducta
(a).

Dieſer Ausſpruch iſt ganz dem Sinn des Römiſchen
Rechts gemäß. Solche publiciſtiſche Rechte ſind an ſich
nicht Gegenſtände der Uſucapion, aber der unvordenkliche
Beſitz kann hier die Stelle der Uſucapion erſetzen.

Die zweyte Stelle (b) ſpricht von einem Biſchoff, welcher
in den Gränzen eines fremden biſchöfflichen Sprengels
Kirchen und Zehenten in Anſpruch nahm, und geht dabey
von folgender Anſicht aus. Gegen eine Privatperſon werde
uſucapirt, mit Titel in 3, 10, 20 Jahren, ohne Titel in
30 Jahren. Da aber Kirchen im allgemeinen auf 40 Jahre
für jede Verjährung privilegirt ſind, ſo ſey bey der ge-
wöhnlichen Uſucapion gegen Kirchen lediglich bona fides
erforderlich, das Daſeyn des Titels aber gleichgültig, weil
mit und ohne Titel dieſe Uſucapion ſtets in 40 Jahren

(a) C. 26 X. de V. S. (5. 40)
vom J. 1209.
(b) C. 1 de praescriptionibus
in VI.
(2. 13) vom J. 1298. —
Man hat auch noch eine dritte
Stelle angeführt, C. 1 de con-
suet. in VI.
(1. 4.) (Schelling
S. 54.). Dieſe ſpricht aber gar
nicht von der unvordenklichen Zeit,
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[506/0520] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. dagia, salinaria) unterſagt. Auf Anfrage des Grafen er- klärt P. Innocenz III. das Verbot dahin, daß es ſich nur auf willkührliche, nicht auf rechtmäßige Abgaben dieſer Art beziehe. Rechtmäßig aber ſeyen diejenigen, deren Er- hebung ſich auf Verleihungen der Kaiſer, Könige, oder der Lateraniſchen Kirchenverſammlung gründen; außerdem aber auch vel ex antiqua consuetudine, a tempore cujus non ex- stat memoria, introducta (a). Dieſer Ausſpruch iſt ganz dem Sinn des Römiſchen Rechts gemäß. Solche publiciſtiſche Rechte ſind an ſich nicht Gegenſtände der Uſucapion, aber der unvordenkliche Beſitz kann hier die Stelle der Uſucapion erſetzen. Die zweyte Stelle (b) ſpricht von einem Biſchoff, welcher in den Gränzen eines fremden biſchöfflichen Sprengels Kirchen und Zehenten in Anſpruch nahm, und geht dabey von folgender Anſicht aus. Gegen eine Privatperſon werde uſucapirt, mit Titel in 3, 10, 20 Jahren, ohne Titel in 30 Jahren. Da aber Kirchen im allgemeinen auf 40 Jahre für jede Verjährung privilegirt ſind, ſo ſey bey der ge- wöhnlichen Uſucapion gegen Kirchen lediglich bona fides erforderlich, das Daſeyn des Titels aber gleichgültig, weil mit und ohne Titel dieſe Uſucapion ſtets in 40 Jahren (a) C. 26 X. de V. S. (5. 40) vom J. 1209. (b) C. 1 de praescriptionibus in VI. (2. 13) vom J. 1298. — Man hat auch noch eine dritte Stelle angeführt, C. 1 de con- suet. in VI. (1. 4.) (Schelling S. 54.). Dieſe ſpricht aber gar nicht von der unvordenklichen Zeit, ſondern von Gewohnheitsrecht.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/520>, abgerufen am 18.06.2024.