Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nicht. Dagegen sind die, welche auf einem Subjections- verhältniß beruhen (welches stets dem öffentlichen Recht angehört) nur durch unvordenklichen Besitz zu erwerben (a).
Es beschränkt sich also die Anwendung der unvordenk- lichen Zeit auf den Privatbesitz solcher Rechte, die einen publicistischen Character an sich tragen. Hier aber ist sie auch allgemein anzuwenden, vorausgesetzt daß solche Rechte, nach der besonderen Verfassung gerade dieses Staates, durch einen Rechtstitel (Vertrag oder Privilegium) erwor- ben werden können. Wo dieses überhaupt möglich ist, da ersetzt der unvordenkliche Besitz den im einzelnen Fall un- erweislichen Titel; außerdem bleibt auch ein solcher Besitz ganz ohne Wirkung (b).
Schon oben wurde anerkannt, daß die unvordenkliche Verjährung nur als Surrogat der (auf bestimmte Zeit an- gewiesenen) Ersitzung vorkommen könne, und es wurde da- bey in Frage gestellt, ob sie ein Surrogat für fehlende Bedingungen der Ersitzung, oder aber für die zur Ersitzung ungeeignete Natur des Gegenstandes seyn solle (§ 195). Diese Frage können wir jetzt dahin beantworten, daß es nicht der Mangel der Bedingungen, sondern die Natur des Gegenstandes ist, was die Anwendung der unvordenklichen Zeit herbeyführt. Man kann daher als Regel annehmen, daß es durch die Natur der Gegenstände bestimmt werde, ob nur die gewöhnliche Ersitzung allein, oder nur die un-
(a)Eichhorn deutsches Pri- patrecht § 163. 164.
(b)Neller p. 70. Pfeiffer § 21. 22. 23.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nicht. Dagegen ſind die, welche auf einem Subjections- verhältniß beruhen (welches ſtets dem öffentlichen Recht angehört) nur durch unvordenklichen Beſitz zu erwerben (a).
Es beſchränkt ſich alſo die Anwendung der unvordenk- lichen Zeit auf den Privatbeſitz ſolcher Rechte, die einen publiciſtiſchen Character an ſich tragen. Hier aber iſt ſie auch allgemein anzuwenden, vorausgeſetzt daß ſolche Rechte, nach der beſonderen Verfaſſung gerade dieſes Staates, durch einen Rechtstitel (Vertrag oder Privilegium) erwor- ben werden können. Wo dieſes überhaupt möglich iſt, da erſetzt der unvordenkliche Beſitz den im einzelnen Fall un- erweislichen Titel; außerdem bleibt auch ein ſolcher Beſitz ganz ohne Wirkung (b).
Schon oben wurde anerkannt, daß die unvordenkliche Verjährung nur als Surrogat der (auf beſtimmte Zeit an- gewieſenen) Erſitzung vorkommen könne, und es wurde da- bey in Frage geſtellt, ob ſie ein Surrogat für fehlende Bedingungen der Erſitzung, oder aber für die zur Erſitzung ungeeignete Natur des Gegenſtandes ſeyn ſolle (§ 195). Dieſe Frage können wir jetzt dahin beantworten, daß es nicht der Mangel der Bedingungen, ſondern die Natur des Gegenſtandes iſt, was die Anwendung der unvordenklichen Zeit herbeyführt. Man kann daher als Regel annehmen, daß es durch die Natur der Gegenſtände beſtimmt werde, ob nur die gewöhnliche Erſitzung allein, oder nur die un-
(a)Eichhorn deutſches Pri- patrecht § 163. 164.
(b)Neller p. 70. Pfeiffer § 21. 22. 23.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nicht. Dagegen ſind die, welche auf einem Subjections-
verhältniß beruhen (welches ſtets dem öffentlichen Recht
angehört) nur durch unvordenklichen Beſitz zu erwerben (a).
Es beſchränkt ſich alſo die Anwendung der unvordenk-
lichen Zeit auf den Privatbeſitz ſolcher Rechte, die einen
publiciſtiſchen Character an ſich tragen. Hier aber iſt ſie
auch allgemein anzuwenden, vorausgeſetzt daß ſolche Rechte,
nach der beſonderen Verfaſſung gerade dieſes Staates,
durch einen Rechtstitel (Vertrag oder Privilegium) erwor-
ben werden können. Wo dieſes überhaupt möglich iſt, da
erſetzt der unvordenkliche Beſitz den im einzelnen Fall un-
erweislichen Titel; außerdem bleibt auch ein ſolcher Beſitz
ganz ohne Wirkung (b).
Schon oben wurde anerkannt, daß die unvordenkliche
Verjährung nur als Surrogat der (auf beſtimmte Zeit an-
gewieſenen) Erſitzung vorkommen könne, und es wurde da-
bey in Frage geſtellt, ob ſie ein Surrogat für fehlende
Bedingungen der Erſitzung, oder aber für die zur Erſitzung
ungeeignete Natur des Gegenſtandes ſeyn ſolle (§ 195).
Dieſe Frage können wir jetzt dahin beantworten, daß es
nicht der Mangel der Bedingungen, ſondern die Natur des
Gegenſtandes iſt, was die Anwendung der unvordenklichen
Zeit herbeyführt. Man kann daher als Regel annehmen,
daß es durch die Natur der Gegenſtände beſtimmt werde,
ob nur die gewöhnliche Erſitzung allein, oder nur die un-
(a) Eichhorn deutſches Pri-
patrecht § 163. 164.
(b) Neller p. 70. Pfeiffer
§ 21. 22. 23.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/528>, abgerufen am 22.11.2024.
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