Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortsetzung.) stens den Zinsengenuß der Zwischenzeit gewinnt, voraus-gesetzt daß die Schuld eine unverzinsliche ist. -- Worin liegt nun der Grund des Unterschieds, wenn der Gebrauch eines Grundstücks, oder aber einer Geldsumme, dem An- dern unentgeldlich verschafft wird? Ohne Zweifel liegt er in folgender sehr natürlicher Betrachtung. Daß Je- mand ein Grundstück ganz unbenutzt lasse, also weder durch eignen Gebrauch, noch durch Vermiethung, Vortheil da- von ziehe, ist völlig ungewöhnlich, ja in den meisten Fäl- len, worin es dennoch vorkommen mag, nur als schlechte Wirthschaft erklärlich. Anders bey dem baaren Gelde. Dieses kann der Eigenthümer aus mancherley Gründen bey sich aufbewahren, wo es ihm keine Früchte trägt; er kann es auch in Hausrath, Kunstwerken u. s. w. anlegen, die gleichfalls keine Früchte bringen. In gewissem Um- fang geschieht sogar Beides von Jedem; und wo wäre magis inducit condictionem,
quam si ex die debitor solvit ...," offenbar deswegen, weil da- durch der Glaubiger Nichts weg- giebt oder veräußert; aus dem- selben Grunde aber kann es auch nicht als Schenkung gelten. -- Hierin scheint nun zu widerspre- chen L. 9 pr. de don. (39. 5.). ".. Potest enim et citra cor- poris donationem valere dona- tio: veluti si donationis causa cum debitore meo paciscar, ne ante certum tempus ab eo pe- tam." Da indessen so viele Stel- len darin übereinstimmen, daß der verschaffte Gebrauch einer Geldsumme nicht als Veräuße- rung der möglichen Zinsen gelte (Note h. i, und die eben ange- führte L. 56 de cond. ind.), so darf auch hier das valere dona- tio nicht von der Anerkennung wahrer Schenkung, also von der Anwendbarkeit der positiven Schen- kungsregeln, verstanden werden, sondern nur von der Möglichkeit einer rechtsgültigen Liberalität, die eine uneigentliche Schenkung ist. Vielleicht ist der gegenwärtige fal- sche Schein dieser Stelle nur durch eine Auslassung, mit Rücksicht auf die L. Cincia, entstanden. §. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.) ſtens den Zinſengenuß der Zwiſchenzeit gewinnt, voraus-geſetzt daß die Schuld eine unverzinsliche iſt. — Worin liegt nun der Grund des Unterſchieds, wenn der Gebrauch eines Grundſtücks, oder aber einer Geldſumme, dem An- dern unentgeldlich verſchafft wird? Ohne Zweifel liegt er in folgender ſehr natürlicher Betrachtung. Daß Je- mand ein Grundſtück ganz unbenutzt laſſe, alſo weder durch eignen Gebrauch, noch durch Vermiethung, Vortheil da- von ziehe, iſt völlig ungewöhnlich, ja in den meiſten Fäl- len, worin es dennoch vorkommen mag, nur als ſchlechte Wirthſchaft erklärlich. Anders bey dem baaren Gelde. Dieſes kann der Eigenthümer aus mancherley Gründen bey ſich aufbewahren, wo es ihm keine Früchte trägt; er kann es auch in Hausrath, Kunſtwerken u. ſ. w. anlegen, die gleichfalls keine Früchte bringen. In gewiſſem Um- fang geſchieht ſogar Beides von Jedem; und wo wäre magis inducit condictionem,
quam si ex die debitor solvit …,” offenbar deswegen, weil da- durch der Glaubiger Nichts weg- giebt oder veräußert; aus dem- ſelben Grunde aber kann es auch nicht als Schenkung gelten. — Hierin ſcheint nun zu widerſpre- chen L. 9 pr. de don. (39. 5.). „.. Potest enim et citra cor- poris donationem valere dona- tio: veluti si donationis causa cum debitore meo paciscar, ne ante certum tempus ab eo pe- tam.” Da indeſſen ſo viele Stel- len darin übereinſtimmen, daß der verſchaffte Gebrauch einer Geldſumme nicht als Veräuße- rung der möglichen Zinſen gelte (Note h. i, und die eben ange- führte L. 56 de cond. ind.), ſo darf auch hier das valere dona- tio nicht von der Anerkennung wahrer Schenkung, alſo von der Anwendbarkeit der poſitiven Schen- kungsregeln, verſtanden werden, ſondern nur von der Möglichkeit einer rechtsgültigen Liberalität, die eine uneigentliche Schenkung iſt. Vielleicht iſt der gegenwärtige fal- ſche Schein dieſer Stelle nur durch eine Auslaſſung, mit Rückſicht auf die L. Cincia, entſtanden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0053" n="39"/><fw place="top" type="header">§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)</fw><lb/> ſtens den Zinſengenuß der Zwiſchenzeit gewinnt, voraus-<lb/> geſetzt daß die Schuld eine unverzinsliche iſt. — Worin<lb/> liegt nun der Grund des Unterſchieds, wenn der Gebrauch<lb/> eines Grundſtücks, oder aber einer Geldſumme, dem An-<lb/> dern unentgeldlich verſchafft wird? Ohne Zweifel liegt<lb/> er in folgender ſehr natürlicher Betrachtung. Daß Je-<lb/> mand ein Grundſtück ganz unbenutzt laſſe, alſo weder durch<lb/> eignen Gebrauch, noch durch Vermiethung, Vortheil da-<lb/> von ziehe, iſt völlig ungewöhnlich, ja in den meiſten Fäl-<lb/> len, worin es dennoch vorkommen mag, nur als ſchlechte<lb/> Wirthſchaft erklärlich. Anders bey dem baaren Gelde.<lb/> Dieſes kann der Eigenthümer aus mancherley Gründen<lb/> bey ſich aufbewahren, wo es ihm keine Früchte trägt; er<lb/> kann es auch in Hausrath, Kunſtwerken u. ſ. w. anlegen,<lb/> die gleichfalls keine Früchte bringen. In gewiſſem Um-<lb/> fang geſchieht ſogar Beides von Jedem; und wo wäre<lb/><note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">magis inducit condictionem,<lb/> quam si ex die debitor solvit<lb/> …,”</hi> offenbar deswegen, weil da-<lb/> durch der Glaubiger Nichts weg-<lb/> giebt oder veräußert; aus dem-<lb/> ſelben Grunde aber kann es auch<lb/> nicht als Schenkung gelten. —<lb/> Hierin ſcheint nun zu widerſpre-<lb/> chen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 9 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">pr. de don.</hi></hi> (39. 5.).<lb/><hi rendition="#aq">„.. Potest enim et citra cor-<lb/> poris donationem <hi rendition="#i">valere dona-<lb/> tio: veluti si donationis causa<lb/> cum debitore meo paciscar, ne<lb/> ante certum tempus ab eo pe-<lb/> tam.</hi>”</hi> Da indeſſen ſo viele Stel-<lb/> len darin übereinſtimmen, daß<lb/> der verſchaffte Gebrauch einer<lb/> Geldſumme nicht als Veräuße-<lb/> rung der möglichen Zinſen gelte<lb/> (Note <hi rendition="#aq">h. i</hi>, und die eben ange-<lb/> führte <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 56 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de cond. ind.</hi></hi>), ſo<lb/> darf auch hier das <hi rendition="#aq">valere dona-<lb/> tio</hi> nicht von der Anerkennung<lb/> wahrer Schenkung, alſo von der<lb/> Anwendbarkeit der poſitiven Schen-<lb/> kungsregeln, verſtanden werden,<lb/> ſondern nur von der Möglichkeit<lb/> einer rechtsgültigen Liberalität, die<lb/> eine uneigentliche Schenkung iſt.<lb/> Vielleicht iſt der gegenwärtige fal-<lb/> ſche Schein dieſer Stelle nur durch<lb/> eine Auslaſſung, mit Rückſicht auf<lb/> die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> Cincia,</hi> entſtanden.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0053]
§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)
ſtens den Zinſengenuß der Zwiſchenzeit gewinnt, voraus-
geſetzt daß die Schuld eine unverzinsliche iſt. — Worin
liegt nun der Grund des Unterſchieds, wenn der Gebrauch
eines Grundſtücks, oder aber einer Geldſumme, dem An-
dern unentgeldlich verſchafft wird? Ohne Zweifel liegt
er in folgender ſehr natürlicher Betrachtung. Daß Je-
mand ein Grundſtück ganz unbenutzt laſſe, alſo weder durch
eignen Gebrauch, noch durch Vermiethung, Vortheil da-
von ziehe, iſt völlig ungewöhnlich, ja in den meiſten Fäl-
len, worin es dennoch vorkommen mag, nur als ſchlechte
Wirthſchaft erklärlich. Anders bey dem baaren Gelde.
Dieſes kann der Eigenthümer aus mancherley Gründen
bey ſich aufbewahren, wo es ihm keine Früchte trägt; er
kann es auch in Hausrath, Kunſtwerken u. ſ. w. anlegen,
die gleichfalls keine Früchte bringen. In gewiſſem Um-
fang geſchieht ſogar Beides von Jedem; und wo wäre
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(l) magis inducit condictionem,
quam si ex die debitor solvit
…,” offenbar deswegen, weil da-
durch der Glaubiger Nichts weg-
giebt oder veräußert; aus dem-
ſelben Grunde aber kann es auch
nicht als Schenkung gelten. —
Hierin ſcheint nun zu widerſpre-
chen L. 9 pr. de don. (39. 5.).
„.. Potest enim et citra cor-
poris donationem valere dona-
tio: veluti si donationis causa
cum debitore meo paciscar, ne
ante certum tempus ab eo pe-
tam.” Da indeſſen ſo viele Stel-
len darin übereinſtimmen, daß
der verſchaffte Gebrauch einer
Geldſumme nicht als Veräuße-
rung der möglichen Zinſen gelte
(Note h. i, und die eben ange-
führte L. 56 de cond. ind.), ſo
darf auch hier das valere dona-
tio nicht von der Anerkennung
wahrer Schenkung, alſo von der
Anwendbarkeit der poſitiven Schen-
kungsregeln, verſtanden werden,
ſondern nur von der Möglichkeit
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Vielleicht iſt der gegenwärtige fal-
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