Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. hier die Gränze zwischen Viel und Wenig? Obgleich alsoauch unser positives Recht die stete Möglichkeit anerkennt, baares Geld zinsbar zu benutzen (worauf allein der Grund- satz der Verzugszinsen beruht), so ist doch der Gebrauch dieser Möglichkeit ganz willkührlich. Daher ist es ganz consequent, den unentgeldlich überlassenen Gebrauch eines Grundstücks als ein von dem Eigenthümer gebrachtes Geld- opfer, das heißt als eine Veräußerung zu betrachten, wäh- rend dieselbe Handlung bey dem baaren Gelde dafür nicht angesehen werden kann; der Eigenthümer, der (wie oben bemerkt) das Geld vielleicht ungenutzt in seiner Kasse auf- bewahren möchte, kann es vielleicht noch sicherer und be- quemer finden, diese Aufbewahrung in Gestalt eines un- verzinslichen Darlehens an einen wohlhabenden, zuverläs- sigen Schuldner zu bewirken. -- Aus demselben Grunde aber muß unzweifelhaft anders entschieden werden, wenn der Glaubiger ein bereits zinsbares Kapital einem Dritten zur Nutzung überläßt; denn Diesem schenkt er gerade den Betrag der Zinsen, und es ist ganz zufällig, daß er das Geschenk durch den, Zinsen bezahlenden, Schuldner ent- richten läßt. Eben so ist es auch anders, wenn die Frau ihrem Manne eine Dos in Geld nicht auszahlt, sondern nur verspricht und einstweilen verzinst, nun aber der Mann diese Zinsen auch für die Zukunft erläßt, das heißt also die zinsbare Schuld in eine unverzinsliche verwandelt; darin liegt eine verbotene Schenkung (m). Der Grund ist (m) L. 21 § 1 L. 54 de don. int. vir. (24. 1.).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. hier die Gränze zwiſchen Viel und Wenig? Obgleich alſoauch unſer poſitives Recht die ſtete Möglichkeit anerkennt, baares Geld zinsbar zu benutzen (worauf allein der Grund- ſatz der Verzugszinſen beruht), ſo iſt doch der Gebrauch dieſer Möglichkeit ganz willkührlich. Daher iſt es ganz conſequent, den unentgeldlich überlaſſenen Gebrauch eines Grundſtücks als ein von dem Eigenthümer gebrachtes Geld- opfer, das heißt als eine Veräußerung zu betrachten, wäh- rend dieſelbe Handlung bey dem baaren Gelde dafür nicht angeſehen werden kann; der Eigenthümer, der (wie oben bemerkt) das Geld vielleicht ungenutzt in ſeiner Kaſſe auf- bewahren möchte, kann es vielleicht noch ſicherer und be- quemer finden, dieſe Aufbewahrung in Geſtalt eines un- verzinslichen Darlehens an einen wohlhabenden, zuverläſ- ſigen Schuldner zu bewirken. — Aus demſelben Grunde aber muß unzweifelhaft anders entſchieden werden, wenn der Glaubiger ein bereits zinsbares Kapital einem Dritten zur Nutzung überläßt; denn Dieſem ſchenkt er gerade den Betrag der Zinſen, und es iſt ganz zufällig, daß er das Geſchenk durch den, Zinſen bezahlenden, Schuldner ent- richten läßt. Eben ſo iſt es auch anders, wenn die Frau ihrem Manne eine Dos in Geld nicht auszahlt, ſondern nur verſpricht und einſtweilen verzinſt, nun aber der Mann dieſe Zinſen auch für die Zukunft erläßt, das heißt alſo die zinsbare Schuld in eine unverzinsliche verwandelt; darin liegt eine verbotene Schenkung (m). Der Grund iſt (m) L. 21 § 1 L. 54 de don. int. vir. (24. 1.).
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
hier die Gränze zwiſchen Viel und Wenig? Obgleich alſo
auch unſer poſitives Recht die ſtete Möglichkeit anerkennt,
baares Geld zinsbar zu benutzen (worauf allein der Grund-
ſatz der Verzugszinſen beruht), ſo iſt doch der Gebrauch
dieſer Möglichkeit ganz willkührlich. Daher iſt es ganz
conſequent, den unentgeldlich überlaſſenen Gebrauch eines
Grundſtücks als ein von dem Eigenthümer gebrachtes Geld-
opfer, das heißt als eine Veräußerung zu betrachten, wäh-
rend dieſelbe Handlung bey dem baaren Gelde dafür nicht
angeſehen werden kann; der Eigenthümer, der (wie oben
bemerkt) das Geld vielleicht ungenutzt in ſeiner Kaſſe auf-
bewahren möchte, kann es vielleicht noch ſicherer und be-
quemer finden, dieſe Aufbewahrung in Geſtalt eines un-
verzinslichen Darlehens an einen wohlhabenden, zuverläſ-
ſigen Schuldner zu bewirken. — Aus demſelben Grunde
aber muß unzweifelhaft anders entſchieden werden, wenn
der Glaubiger ein bereits zinsbares Kapital einem Dritten
zur Nutzung überläßt; denn Dieſem ſchenkt er gerade den
Betrag der Zinſen, und es iſt ganz zufällig, daß er das
Geſchenk durch den, Zinſen bezahlenden, Schuldner ent-
richten läßt. Eben ſo iſt es auch anders, wenn die Frau
ihrem Manne eine Dos in Geld nicht auszahlt, ſondern
nur verſpricht und einſtweilen verzinſt, nun aber der Mann
dieſe Zinſen auch für die Zukunft erläßt, das heißt alſo
die zinsbare Schuld in eine unverzinsliche verwandelt;
darin liegt eine verbotene Schenkung (m). Der Grund iſt
(m) L. 21 § 1 L. 54 de don. int. vir. (24. 1.).
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