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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
schieden, worauf es auch weniger ankommt, wohl aber
sind die entscheidenden Thatsachen genau bezeichnet. Die
unvordenkliche Zeit ist widerlegt, wenn ein Jetztlebender
entweder selbst die Entstehung der Anstalt (durch Privat-
willkühr) wahrgenommen, oder wenn er diese Entstehung
von dem, der sie erlebte, selbst vernommen hat. -- Deut-
lich ausgedrückt sind hier die zwey Generationen; wer
nicht eigene Erfahrung bezeugen kann, soll wenigstens Den,
der eine solche hatte, selbst gesprochen haben, so daß es
nicht genügt, wenn der Ältere unter diesen Beiden blos
Das erzählte, was ihm wiederum seine Vorfahren mitge-
theilt hatten.


L. 28 de probat. (22. 3.) (f).
.... (g) sed cum omnium haec est opinio, nec au-
disse, nec vidisse, cum id opus fieret, neque ex eis
audisse, qui vidissent aut audissent
(h): et hoc infi-
nite similiter sursum versum accidit:
tum memoriam
operis facti non exstare
(i).

(f) Labeo lib. VII. Pithanon
a Paulo Epitomatorum.
Diese
Überschrift ist deswegen nicht ganz
unwichtig, weil dadurch beide Stel-
len auf dieselben Urheber (Pau-
lus aus Labeo) zurückgeführt wer-
den. Dadurch wird es besonders
nöthig, beide Stellen als über-
einstimmend, nicht als widerspre-
chend, anzusehen.
(g) Die größere erste Hälfte
der Stelle ist verworren, und
wohl theilweise corrupt. Vieles
Material darüber findet sich bey
Glück B. 21 S. 405 -- 422. Die
eigentliche Entscheidung ist in den
hier abgedruckten Worten ent-
halten.
(h) Das audisse geht hier, wie
in dem vorhergehenden Satz, nicht
auf eine, die Vergangenheit be-
treffende, Erzählung, sondern auf
ein gleichzeitiges, selbsterlebtes Er-
eigniß, das der Zeuge nur nicht
mit eigenen Augen sah, sondern
aus sicherer Erzählung vernahm.
(i) Die Florentina und Vul-
gata lesen, ohne guten Sinn:

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ſchieden, worauf es auch weniger ankommt, wohl aber
ſind die entſcheidenden Thatſachen genau bezeichnet. Die
unvordenkliche Zeit iſt widerlegt, wenn ein Jetztlebender
entweder ſelbſt die Entſtehung der Anſtalt (durch Privat-
willkühr) wahrgenommen, oder wenn er dieſe Entſtehung
von dem, der ſie erlebte, ſelbſt vernommen hat. — Deut-
lich ausgedrückt ſind hier die zwey Generationen; wer
nicht eigene Erfahrung bezeugen kann, ſoll wenigſtens Den,
der eine ſolche hatte, ſelbſt geſprochen haben, ſo daß es
nicht genügt, wenn der Ältere unter dieſen Beiden blos
Das erzählte, was ihm wiederum ſeine Vorfahren mitge-
theilt hatten.


L. 28 de probat. (22. 3.) (f).
.... (g) sed cum omnium haec est opinio, nec au-
disse, nec vidisse, cum id opus fieret, neque ex eis
audisse, qui vidissent aut audissent
(h): et hoc infi-
nite similiter sursum versum accidit:
tum memoriam
operis facti non exstare
(i).

(f) Labeo lib. VII. Pithanon
a Paulo Epitomatorum.
Dieſe
Überſchrift iſt deswegen nicht ganz
unwichtig, weil dadurch beide Stel-
len auf dieſelben Urheber (Pau-
lus aus Labeo) zurückgeführt wer-
den. Dadurch wird es beſonders
nöthig, beide Stellen als über-
einſtimmend, nicht als widerſpre-
chend, anzuſehen.
(g) Die größere erſte Hälfte
der Stelle iſt verworren, und
wohl theilweiſe corrupt. Vieles
Material darüber findet ſich bey
Glück B. 21 S. 405 — 422. Die
eigentliche Entſcheidung iſt in den
hier abgedruckten Worten ent-
halten.
(h) Das audisse geht hier, wie
in dem vorhergehenden Satz, nicht
auf eine, die Vergangenheit be-
treffende, Erzählung, ſondern auf
ein gleichzeitiges, ſelbſterlebtes Er-
eigniß, das der Zeuge nur nicht
mit eigenen Augen ſah, ſondern
aus ſicherer Erzählung vernahm.
(i) Die Florentina und Vul-
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[518/0532] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ſchieden, worauf es auch weniger ankommt, wohl aber ſind die entſcheidenden Thatſachen genau bezeichnet. Die unvordenkliche Zeit iſt widerlegt, wenn ein Jetztlebender entweder ſelbſt die Entſtehung der Anſtalt (durch Privat- willkühr) wahrgenommen, oder wenn er dieſe Entſtehung von dem, der ſie erlebte, ſelbſt vernommen hat. — Deut- lich ausgedrückt ſind hier die zwey Generationen; wer nicht eigene Erfahrung bezeugen kann, ſoll wenigſtens Den, der eine ſolche hatte, ſelbſt geſprochen haben, ſo daß es nicht genügt, wenn der Ältere unter dieſen Beiden blos Das erzählte, was ihm wiederum ſeine Vorfahren mitge- theilt hatten. L. 28 de probat. (22. 3.) (f). .... (g) sed cum omnium haec est opinio, nec au- disse, nec vidisse, cum id opus fieret, neque ex eis audisse, qui vidissent aut audissent (h): et hoc infi- nite similiter sursum versum accidit: tum memoriam operis facti non exstare (i). (f) Labeo lib. VII. Pithanon a Paulo Epitomatorum. Dieſe Überſchrift iſt deswegen nicht ganz unwichtig, weil dadurch beide Stel- len auf dieſelben Urheber (Pau- lus aus Labeo) zurückgeführt wer- den. Dadurch wird es beſonders nöthig, beide Stellen als über- einſtimmend, nicht als widerſpre- chend, anzuſehen. (g) Die größere erſte Hälfte der Stelle iſt verworren, und wohl theilweiſe corrupt. Vieles Material darüber findet ſich bey Glück B. 21 S. 405 — 422. Die eigentliche Entſcheidung iſt in den hier abgedruckten Worten ent- halten. (h) Das audisse geht hier, wie in dem vorhergehenden Satz, nicht auf eine, die Vergangenheit be- treffende, Erzählung, ſondern auf ein gleichzeitiges, ſelbſterlebtes Er- eigniß, das der Zeuge nur nicht mit eigenen Augen ſah, ſondern aus ſicherer Erzählung vernahm. (i) Die Florentina und Vul- gata leſen, ohne guten Sinn:

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/532>, abgerufen am 22.11.2024.