Dieses Princip soll nunmehr durch eine Reihe von Fällen durchgeführt werden. Ich will dabey zunächst das Verbot der Schenkung unter Ehegatten berücksichtigen, um der Untersuchung mehr Anschaulichkeit zu geben; die An- wendung auf die Insinuation und den Widerruf wird dann leicht hinzugefügt werden können.
II.
Ich stelle einen Fall voran, der sich unter den übrigen Unterlassungen durch die Einfachheit seiner Natur, so wie durch die unzweifelhafte Entscheidung, die wir darüber in unsren Rechtsquellen finden, auszeichnet. Wenn der Ehe- mann an einer Sache seiner Frau eine Servitut hat, und diese absichtlich durch Nichtgebrauch untergehen läßt, so wird die Frau um den ganzen Werth der Servitut reicher, und es geschieht dieses lediglich in Folge jener Unterlassung, da unstreitig eine einzige Ausübung der Ser- vitut, kurz vor dem Ablauf des gesetzlichen Zeitraums, die- sen Verlust von des Mannes Vermögen abgewendet hätte. Wäre nun die angegebene Unterlassung gleich einem Rechts- geschäft zu behandeln, so müßte sie nichtig seyn, das heißt der Verlust der Servitut müßte unterbleiben, die Servi- tut müßte fortdauern. So ist es jedoch nicht, vielmehr wird die Servitut in der That verloren, ganz wie unter fremden Personen; da aber die Frau bereichert ist, und da die Ursache dieser Bereicherung entschieden und aus- schließend in der Liberalität des Mannes liegt, so hat die-
Beylage IX.
Dieſes Princip ſoll nunmehr durch eine Reihe von Fällen durchgeführt werden. Ich will dabey zunächſt das Verbot der Schenkung unter Ehegatten berückſichtigen, um der Unterſuchung mehr Anſchaulichkeit zu geben; die An- wendung auf die Inſinuation und den Widerruf wird dann leicht hinzugefügt werden können.
II.
Ich ſtelle einen Fall voran, der ſich unter den übrigen Unterlaſſungen durch die Einfachheit ſeiner Natur, ſo wie durch die unzweifelhafte Entſcheidung, die wir darüber in unſren Rechtsquellen finden, auszeichnet. Wenn der Ehe- mann an einer Sache ſeiner Frau eine Servitut hat, und dieſe abſichtlich durch Nichtgebrauch untergehen läßt, ſo wird die Frau um den ganzen Werth der Servitut reicher, und es geſchieht dieſes lediglich in Folge jener Unterlaſſung, da unſtreitig eine einzige Ausübung der Ser- vitut, kurz vor dem Ablauf des geſetzlichen Zeitraums, die- ſen Verluſt von des Mannes Vermögen abgewendet hätte. Wäre nun die angegebene Unterlaſſung gleich einem Rechts- geſchäft zu behandeln, ſo müßte ſie nichtig ſeyn, das heißt der Verluſt der Servitut müßte unterbleiben, die Servi- tut müßte fortdauern. So iſt es jedoch nicht, vielmehr wird die Servitut in der That verloren, ganz wie unter fremden Perſonen; da aber die Frau bereichert iſt, und da die Urſache dieſer Bereicherung entſchieden und aus- ſchließend in der Liberalität des Mannes liegt, ſo hat die-
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Beylage IX.
Dieſes Princip ſoll nunmehr durch eine Reihe von
Fällen durchgeführt werden. Ich will dabey zunächſt das
Verbot der Schenkung unter Ehegatten berückſichtigen, um
der Unterſuchung mehr Anſchaulichkeit zu geben; die An-
wendung auf die Inſinuation und den Widerruf wird
dann leicht hinzugefügt werden können.
II.
Ich ſtelle einen Fall voran, der ſich unter den übrigen
Unterlaſſungen durch die Einfachheit ſeiner Natur, ſo wie
durch die unzweifelhafte Entſcheidung, die wir darüber in
unſren Rechtsquellen finden, auszeichnet. Wenn der Ehe-
mann an einer Sache ſeiner Frau eine Servitut hat, und
dieſe abſichtlich durch Nichtgebrauch untergehen läßt,
ſo wird die Frau um den ganzen Werth der Servitut
reicher, und es geſchieht dieſes lediglich in Folge jener
Unterlaſſung, da unſtreitig eine einzige Ausübung der Ser-
vitut, kurz vor dem Ablauf des geſetzlichen Zeitraums, die-
ſen Verluſt von des Mannes Vermögen abgewendet hätte.
Wäre nun die angegebene Unterlaſſung gleich einem Rechts-
geſchäft zu behandeln, ſo müßte ſie nichtig ſeyn, das heißt
der Verluſt der Servitut müßte unterbleiben, die Servi-
tut müßte fortdauern. So iſt es jedoch nicht, vielmehr
wird die Servitut in der That verloren, ganz wie unter
fremden Perſonen; da aber die Frau bereichert iſt, und
da die Urſache dieſer Bereicherung entſchieden und aus-
ſchließend in der Liberalität des Mannes liegt, ſo hat die-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/578>, abgerufen am 24.11.2024.
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