Beylage XI. Ordinalzahlen in der Bezeichnung von Zeiträumen.
sen scheint. Aus der Voraussetzung dieses Verhältnisses erklärt sich zugleich, wie diese Urkunden in der Ausfüh- rung misverstanden wurden; es geschah, indem die Ver- fasser mit besonderer Wahl des Ausdrucks zu sprechen suchten, die Anderen aber ihre im täglichen Leben ange- nommenen Gewohnheiten auf die Auslegung jener Urkun- den übertrugen.
Finden wir nun in irgend einer Stelle eines alten Ju- risten Ordinalzahlen gebraucht, so sind wir durch die hier aufgestellten Ansichten berechtigt, bey der Erklärung die eine oder die andere Zählungsart mit freyer Wahl voraus zu setzen, wie wir es aus anderen Gründen für wahr- scheinlicher halten mögen. Nehmen wir dabey insbeson- dere an, daß der erste Tag u. s. w. mitgezählt worden sey, so bedarf diese Annahme am wenigsten einer beson- deren Unterstützung, weil diese Zählungsweise die üblichere gewesen zu seyn scheint. Wenn wir dagegen bey der ent- gegen gesetzten Annahme einen besonderen Grund anzuge- ben vermögen, der den Verfasser bestimmen konnte, diese minder häufige Zählungsweise gerade in dem gegebenen Falle anzuwenden, so wird dadurch unsere Auslegung ei- nen festeren Boden gewinnen.
Gedruckt bei den Gebr. Unger.
Beylage XI. Ordinalzahlen in der Bezeichnung von Zeiträumen.
ſen ſcheint. Aus der Vorausſetzung dieſes Verhältniſſes erklärt ſich zugleich, wie dieſe Urkunden in der Ausfüh- rung misverſtanden wurden; es geſchah, indem die Ver- faſſer mit beſonderer Wahl des Ausdrucks zu ſprechen ſuchten, die Anderen aber ihre im täglichen Leben ange- nommenen Gewohnheiten auf die Auslegung jener Urkun- den übertrugen.
Finden wir nun in irgend einer Stelle eines alten Ju- riſten Ordinalzahlen gebraucht, ſo ſind wir durch die hier aufgeſtellten Anſichten berechtigt, bey der Erklärung die eine oder die andere Zählungsart mit freyer Wahl voraus zu ſetzen, wie wir es aus anderen Gründen für wahr- ſcheinlicher halten mögen. Nehmen wir dabey insbeſon- dere an, daß der erſte Tag u. ſ. w. mitgezählt worden ſey, ſo bedarf dieſe Annahme am wenigſten einer beſon- deren Unterſtützung, weil dieſe Zählungsweiſe die üblichere geweſen zu ſeyn ſcheint. Wenn wir dagegen bey der ent- gegen geſetzten Annahme einen beſonderen Grund anzuge- ben vermögen, der den Verfaſſer beſtimmen konnte, dieſe minder häufige Zählungsweiſe gerade in dem gegebenen Falle anzuwenden, ſo wird dadurch unſere Auslegung ei- nen feſteren Boden gewinnen.
Gedruckt bei den Gebr. Unger.
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Beylage XI. Ordinalzahlen in der Bezeichnung von Zeiträumen.
ſen ſcheint. Aus der Vorausſetzung dieſes Verhältniſſes
erklärt ſich zugleich, wie dieſe Urkunden in der Ausfüh-
rung misverſtanden wurden; es geſchah, indem die Ver-
faſſer mit beſonderer Wahl des Ausdrucks zu ſprechen
ſuchten, die Anderen aber ihre im täglichen Leben ange-
nommenen Gewohnheiten auf die Auslegung jener Urkun-
den übertrugen.
Finden wir nun in irgend einer Stelle eines alten Ju-
riſten Ordinalzahlen gebraucht, ſo ſind wir durch die hier
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eine oder die andere Zählungsart mit freyer Wahl voraus
zu ſetzen, wie wir es aus anderen Gründen für wahr-
ſcheinlicher halten mögen. Nehmen wir dabey insbeſon-
dere an, daß der erſte Tag u. ſ. w. mitgezählt worden
ſey, ſo bedarf dieſe Annahme am wenigſten einer beſon-
deren Unterſtützung, weil dieſe Zählungsweiſe die üblichere
geweſen zu ſeyn ſcheint. Wenn wir dagegen bey der ent-
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ben vermögen, der den Verfaſſer beſtimmen konnte, dieſe
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Falle anzuwenden, ſo wird dadurch unſere Auslegung ei-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/630>, abgerufen am 24.11.2024.
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