werden muß, hat den Sinn, daß die Folgen der Schen- kung späterhin aufhören, das heißt daß die anfänglich mögliche Rückforderung einer nach positiven Rechtsregeln ungültig geschenkten Sache wegfällt, sobald die Bereiche- rung verschwindet.
Dieser Grund nun, der schwierigste unter allen, ist von den Römern am sorgfältigsten und eigenthümlichsten ausgebildet worden in Beziehung auf die Schenkung un- ter Ehegatten. Daher soll hier diese Beziehung zuerst dar- gestellt werden; es wird dann nicht schwer seyn, die An- wendbarkeit ihrer Regeln auf die Insinuation, und auf den Widerruf aus besonderen Gründen, zu untersuchen.
Allein nicht jeder Untergang des durch Schenkung er- worbenen Rechts ist dazu geeignet, die positiv vorgeschrie- benen Wirkungen der Schenkung auszutilgen; vielmehr müssen dabey folgende Fälle wohl unterschieden werden. Der Untergang kann rein für sich eingetreten seyn, oder es kann sich das erworbene Recht nur in ein anderes ver- wandelt haben, welches also an die Stelle des unterge- gangnen Rechts getreten ist. -- Der reine Untergang fer- ner kann hervorgegangen seyn: entweder aus dem mit der Schenkung selbst verbundenen Willen des Gebers: oder aus bloßem Zufall: oder aus der Willkühr des Empfän- gers. -- Alle diese Fälle sollen jetzt der Reihe nach, und zwar zunächst blos in Beziehung auf die Schenkung un- ter Ehegatten, erwogen werden. Hier ist also der prak- tische Sinn der Untersuchung darin zu setzen, in wiefern
§. 149. Schenkung. Begriff. 3. Bereicherung.
werden muß, hat den Sinn, daß die Folgen der Schen- kung ſpäterhin aufhören, das heißt daß die anfänglich mögliche Rückforderung einer nach poſitiven Rechtsregeln ungültig geſchenkten Sache wegfällt, ſobald die Bereiche- rung verſchwindet.
Dieſer Grund nun, der ſchwierigſte unter allen, iſt von den Römern am ſorgfältigſten und eigenthümlichſten ausgebildet worden in Beziehung auf die Schenkung un- ter Ehegatten. Daher ſoll hier dieſe Beziehung zuerſt dar- geſtellt werden; es wird dann nicht ſchwer ſeyn, die An- wendbarkeit ihrer Regeln auf die Inſinuation, und auf den Widerruf aus beſonderen Gründen, zu unterſuchen.
Allein nicht jeder Untergang des durch Schenkung er- worbenen Rechts iſt dazu geeignet, die poſitiv vorgeſchrie- benen Wirkungen der Schenkung auszutilgen; vielmehr müſſen dabey folgende Fälle wohl unterſchieden werden. Der Untergang kann rein für ſich eingetreten ſeyn, oder es kann ſich das erworbene Recht nur in ein anderes ver- wandelt haben, welches alſo an die Stelle des unterge- gangnen Rechts getreten iſt. — Der reine Untergang fer- ner kann hervorgegangen ſeyn: entweder aus dem mit der Schenkung ſelbſt verbundenen Willen des Gebers: oder aus bloßem Zufall: oder aus der Willkühr des Empfän- gers. — Alle dieſe Fälle ſollen jetzt der Reihe nach, und zwar zunächſt blos in Beziehung auf die Schenkung un- ter Ehegatten, erwogen werden. Hier iſt alſo der prak- tiſche Sinn der Unterſuchung darin zu ſetzen, in wiefern
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§. 149. Schenkung. Begriff. 3. Bereicherung.
werden muß, hat den Sinn, daß die Folgen der Schen-
kung ſpäterhin aufhören, das heißt daß die anfänglich
mögliche Rückforderung einer nach poſitiven Rechtsregeln
ungültig geſchenkten Sache wegfällt, ſobald die Bereiche-
rung verſchwindet.
Dieſer Grund nun, der ſchwierigſte unter allen, iſt
von den Römern am ſorgfältigſten und eigenthümlichſten
ausgebildet worden in Beziehung auf die Schenkung un-
ter Ehegatten. Daher ſoll hier dieſe Beziehung zuerſt dar-
geſtellt werden; es wird dann nicht ſchwer ſeyn, die An-
wendbarkeit ihrer Regeln auf die Inſinuation, und auf
den Widerruf aus beſonderen Gründen, zu unterſuchen.
Allein nicht jeder Untergang des durch Schenkung er-
worbenen Rechts iſt dazu geeignet, die poſitiv vorgeſchrie-
benen Wirkungen der Schenkung auszutilgen; vielmehr
müſſen dabey folgende Fälle wohl unterſchieden werden.
Der Untergang kann rein für ſich eingetreten ſeyn, oder
es kann ſich das erworbene Recht nur in ein anderes ver-
wandelt haben, welches alſo an die Stelle des unterge-
gangnen Rechts getreten iſt. — Der reine Untergang fer-
ner kann hervorgegangen ſeyn: entweder aus dem mit der
Schenkung ſelbſt verbundenen Willen des Gebers: oder
aus bloßem Zufall: oder aus der Willkühr des Empfän-
gers. — Alle dieſe Fälle ſollen jetzt der Reihe nach, und
zwar zunächſt blos in Beziehung auf die Schenkung un-
ter Ehegatten, erwogen werden. Hier iſt alſo der prak-
tiſche Sinn der Unterſuchung darin zu ſetzen, in wiefern
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/73>, abgerufen am 21.11.2024.
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