Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 150. Schenkung. Begriff. 3. Bereicherung. (Fortsetzung.) ankommen, da es auf die Milderung des Rechtsverhält-nisses selbst abgesehen war; daher mußte die actio ad ex- hibendum und Legis Aquiliae, die in den oben angegebe- nen Fällen mit der Condiction concurriren, ja selbst wei- ter als diese gehen konnten, eben so wie die Condiction, durch jede consumtio ausgeschlossen werden. Dennoch ha- ben sich in den Digesten einige Stellen älterer Juristen erhalten, worin der strenge Grundsatz früherer Zeit sicht- bar ist. Wenn der Ehegatte das geschenkte Geld aus- giebt, so giebt Pomponius gegen ihn die actio ad exhi- bendum wegen des dolus quo minus possideret (t). Hat der Ehegatte die geschenkte Sache absichtlich zerstört, so giebt gegen ihn Julian die actio ad exhibendum und die actio Legis Aquiliae (u). Aus den hier entwickelten Grün- (t) L. 14 ad exhib. (10. 4.). "Si vir numos ab uxore sibi donatos sciens suos factos non esse pro re emta dederit, dolo malo fecit quo minus possi- deat: et ideo ad exhibendum actione tenetur." Auf die ge- kaufte Sache geht auch jetzt noch die Condiction, denn um diese ist der Beschenkte reicher. Pompo- nius setzt also einen Fall voraus, worin der Geber auf das Geld zu klagen vorzieht, weil die Sa- che zu theuer bezahlt war. Nach demselben Grundsatz mußte die Klage gelten, auch wenn das Geld verspielt oder weggeschenkt war. -- Die Worte sciens suos factos non esse haben nicht ei- nen beschränkenden Sinn, als ob er auch ignorans seyn könne, was unmöglich ist; sondern sie enthal- ten den Grund, warum die Ent- scheidung immer so ausfallen müsse. (u) L. 37 de don. int. vir. (24. 1.). "Si mulier dolo fe- cerit, ne res exstaret sibi a marito donata: vel ad exhi- bendum, vel damni injuriarum cum ea agi poterit; maxime si post divortium id commise- rit." Julian erfordert den Do- lus, weil nur unter dessen Vor- aussetzung beide hier genannte Klagen zugleich begründet sind; die actio L. Aquiliae allein hätte er gewiß auch im Fall der blo- ßen Culpa zugelassen, z. B. wenn 5*
§. 150. Schenkung. Begriff. 3. Bereicherung. (Fortſetzung.) ankommen, da es auf die Milderung des Rechtsverhält-niſſes ſelbſt abgeſehen war; daher mußte die actio ad ex- hibendum und Legis Aquiliae, die in den oben angegebe- nen Fällen mit der Condiction concurriren, ja ſelbſt wei- ter als dieſe gehen konnten, eben ſo wie die Condiction, durch jede consumtio ausgeſchloſſen werden. Dennoch ha- ben ſich in den Digeſten einige Stellen älterer Juriſten erhalten, worin der ſtrenge Grundſatz früherer Zeit ſicht- bar iſt. Wenn der Ehegatte das geſchenkte Geld aus- giebt, ſo giebt Pomponius gegen ihn die actio ad exhi- bendum wegen des dolus quo minus possideret (t). Hat der Ehegatte die geſchenkte Sache abſichtlich zerſtört, ſo giebt gegen ihn Julian die actio ad exhibendum und die actio Legis Aquiliae (u). Aus den hier entwickelten Grün- (t) L. 14 ad exhib. (10. 4.). „Si vir numos ab uxore sibi donatos sciens suos factos non esse pro re emta dederit, dolo malo fecit quo minus possi- deat: et ideo ad exhibendum actione tenetur.” Auf die ge- kaufte Sache geht auch jetzt noch die Condiction, denn um dieſe iſt der Beſchenkte reicher. Pompo- nius ſetzt alſo einen Fall voraus, worin der Geber auf das Geld zu klagen vorzieht, weil die Sa- che zu theuer bezahlt war. Nach demſelben Grundſatz mußte die Klage gelten, auch wenn das Geld verſpielt oder weggeſchenkt war. — Die Worte sciens suos factos non esse haben nicht ei- nen beſchränkenden Sinn, als ob er auch ignorans ſeyn könne, was unmöglich iſt; ſondern ſie enthal- ten den Grund, warum die Ent- ſcheidung immer ſo ausfallen müſſe. (u) L. 37 de don. int. vir. (24. 1.). „Si mulier dolo fe- cerit, ne res exstaret sibi a marito donata: vel ad exhi- bendum, vel damni injuriarum cum ea agi poterit; maxime si post divortium id commise- rit.” Julian erfordert den Do- lus, weil nur unter deſſen Vor- ausſetzung beide hier genannte Klagen zugleich begründet ſind; die actio L. Aquiliae allein hätte er gewiß auch im Fall der blo- ßen Culpa zugelaſſen, z. B. wenn 5*
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§. 150. Schenkung. Begriff. 3. Bereicherung. (Fortſetzung.)
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niſſes ſelbſt abgeſehen war; daher mußte die actio ad ex-
hibendum und Legis Aquiliae, die in den oben angegebe-
nen Fällen mit der Condiction concurriren, ja ſelbſt wei-
ter als dieſe gehen konnten, eben ſo wie die Condiction,
durch jede consumtio ausgeſchloſſen werden. Dennoch ha-
ben ſich in den Digeſten einige Stellen älterer Juriſten
erhalten, worin der ſtrenge Grundſatz früherer Zeit ſicht-
bar iſt. Wenn der Ehegatte das geſchenkte Geld aus-
giebt, ſo giebt Pomponius gegen ihn die actio ad exhi-
bendum wegen des dolus quo minus possideret (t). Hat
der Ehegatte die geſchenkte Sache abſichtlich zerſtört, ſo
giebt gegen ihn Julian die actio ad exhibendum und die
actio Legis Aquiliae (u). Aus den hier entwickelten Grün-
(t) L. 14 ad exhib. (10. 4.).
„Si vir numos ab uxore sibi
donatos sciens suos factos non
esse pro re emta dederit, dolo
malo fecit quo minus possi-
deat: et ideo ad exhibendum
actione tenetur.” Auf die ge-
kaufte Sache geht auch jetzt noch
die Condiction, denn um dieſe iſt
der Beſchenkte reicher. Pompo-
nius ſetzt alſo einen Fall voraus,
worin der Geber auf das Geld
zu klagen vorzieht, weil die Sa-
che zu theuer bezahlt war. Nach
demſelben Grundſatz mußte die
Klage gelten, auch wenn das
Geld verſpielt oder weggeſchenkt
war. — Die Worte sciens suos
factos non esse haben nicht ei-
nen beſchränkenden Sinn, als ob
er auch ignorans ſeyn könne, was
unmöglich iſt; ſondern ſie enthal-
ten den Grund, warum die Ent-
ſcheidung immer ſo ausfallen müſſe.
(u) L. 37 de don. int. vir.
(24. 1.). „Si mulier dolo fe-
cerit, ne res exstaret sibi a
marito donata: vel ad exhi-
bendum, vel damni injuriarum
cum ea agi poterit; maxime
si post divortium id commise-
rit.” Julian erfordert den Do-
lus, weil nur unter deſſen Vor-
ausſetzung beide hier genannte
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die actio L. Aquiliae allein hätte
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